Der Münsteraner "Tatort" bewegt sich oft und gern in einer Parallelwelt. Mal sind Drogen im Spiel, mal geht es in die Hölle – dieses Mal sehen wir Professor Boerne (Jan Josef Liefers) im Hawaiihemd in einer Bowlingbahn. Boerne beim Bowlen! Im Hawaiihemd! Im Vergleich dazu wirken die Aluhut tragenden Verschwörungstheoretiker, um die sich der Rest der Handlung von "Propheteus" dreht, geradezu plausibel.
Einer von diesen Verschwörungstheoretikern war der Programmierer Magnus Rosponi, der jetzt erschlagen in seiner Wohnung liegt. Aber zu dem Zeitpunkt wissen Thiel und Boerne noch nichts von seinem Hobby. Auch als Boerne bei der Obduktion Rosponis einen implantierten Mikrochip findet, findet er das erst einmal nur seltsam.
Dann stehen Professor Boerne und Kommissar Thiel (
"Tatort" Münster: Geht es eigentlich noch uninteressanter?
Stattdessen durchkreuzt aber ein Bananen liebender Hund den Plan des Metzgers, indem er plötzlich auf dem Dach auftaucht, woraufhin der Metzger alleine in die Tiefe stürzt. Thiel und Boerne müssen sich daraufhin mit Herrn Muster (Melanie Reichert) und Frau Mann (Daniela Reichert) herumschlagen, zwei grotesken Gestalten vom Verfassungsschutz, die aussehen, als hätte ein David-Lynch-Fan den "Men in Black" ein Makeover verpasst. Sie beschuldigen die Ermittler, selbst Verbindung zu den aufrührerischen Aluhüten zu haben.
Deren Kern wiederum scheint das Bowlingteam zu bilden, dem sowohl der tote Programmierer als auch der tote Metzger angehörten. Womöglich auch Boerne? Und warum folgt der geheimnisvolle Bananenterrier Thiel so treu?
Das sind nur zwei der vielen Fragen, die dieser "Tatort" aufwirft. Und deren Beantwortung so rein gar nicht interessiert.
"Propheteus": Was soll dieser Blödsinn eigentlich?
"Propheteus" ist leider ein völlig belangloser, banaler, gewollt witziger Münsteraner Fall. Thiel ist von den paranoiden Kegelbrüdern und -schwestern bald fast so genervt wie von der Befragung durch das Paar Muster-Mann. Boerne dagegen zeigt sich als echter Wissenschaftler offen gegenüber dem Unbegreiflichen, selbst wenn das fragwürdige Modeexperimente erfordert. So ermittelt jeder auf seine Weise und gegen die Überzeugung des Anderen, bis die tiefe Verbundenheit natürlich auch intergalaktische Meinungsverschiedenheiten überbrückt.
Aber Astrid Ströhers Buch geht über die üblichen Verschwörungstheorie-Klischees nicht hinaus, und Sven Halfars Regie beginnt zwar mit netten Effekten, die dem Geschehen einen schön unheimlichen "Akte X"-Anstrich geben, kurze Momente, in denen man sich als Zuschauer fragt, ob man richtig gesehen hat. Aber irgendwann fragt man sich nur noch, was der gehäufte Blödsinn soll.
Karikatur, Groteske und Kameraeffekte sollen hier Substanz ersetzen, aber die Quantität der Absurditäten steht im umgekehrten Verhältnis zur Qualität. Die falschen Fährten werden so lieblos gelegt wie die Beteiligten hier spielen – sogar der arme Hund agiert so verkrampft, als würde er sich am liebsten unterm Aluhut verstecken.
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.