Die Schenks und Bauers sind wahrscheinlich die ödeste Familie Freiburgs. Eine Patchworkfamilie, die in einen Mord und in Drogengeschäfte verwickelt ist. In der Affären und noch ganz andere Geheimnisse voreinander verschwiegen werden. Einen langen "Tatort" lang zu erleben, wie diese Familie allmählich auseinanderfällt, ist trotzdem kaum spannender, als Wolle beim Aufribbeln zuzusehen.
Miriam Schenk (
Die Miriam und der Paul lassen sich von ihren Kindern beim Vornamen nennen und sind überhaupt mit dem Leben auf du und du. Ganz sicher, dass sie immer alles verstehen, vor allem ihre Kinder. Dabei sind die längst keine Kinder mehr.
Wie gut kennt man seine Familie wirklich?
Denn jetzt klingeln Kommissarin Franziska Tobler (
Wie gesagt, betonen Miriam und Paul, sie kennen ihre Kinder, die nehmen keine Drogen, "der Benno trinkt ja noch nicht einmal Alkohol." Dass der Benno und die Zoé mit Kryptowährung spekulieren, davon wussten ihre Eltern allerdings auch nichts. Ganz zu schweigen von so manch anderem Zeitvertreib der zwei.
Aber die Eltern haben auch genug mit sich selbst zu tun. Miriams Ex erscheint wieder auf der Bildfläche, Oliver (Kai Ivo Baulitz), und der hat Geld. Paul dagegen verdient kaum noch was, weil seit der Pandemie nur noch so wenig Konzerte stattfinden. Stiefsohn Benno wendet sich Hilfe suchend lieber an seinen leiblichen Vater als an ihn, und Miriam heisst ihren Ex mit Rotwein willkommen. Paul ist beleidigt – ausgerechnet er, der sich mit einer anderen Frau in Hotelzimmern trifft, statt Klavierunterricht zu geben.
Manchmal wachsen Familien durch eine Krise ja zusammen – aber wenn eine Familie offenbar schon in guten Zeiten nur deshalb zusammenhielt, weil sie so gar nichts voneinander wusste, sondern jeder vor sich hinwurstelte, dann ist die Krise natürlich der Katalysator, der zum Zerfall führt.
Lesen Sie auch:
- Karin Hanczewski steigt beim Dresdner "Tatort" aus
- Patrick Güldenberg spielt ersten schwulen "Tatort"-Ermittler
- Traumhafter "Tatort": Kommissar Borowski ermittelt mit Schädeltrauma
Familien sind kompliziert, Jugendliche sind unverständlich
Allerdings werden die Wolfs und die Schenks dadurch nicht interessanter. Aus besorgten Müttern, frustrierten Vätern, unglücklichen Teenagern und klimabewegten Studenten einen aufregenden Kriminalfall zu basteln ist keine leichte Aufgabe, und Drehbuchautorin Astrid Ströher scheitert daran. Auch Regisseur Kai Wessel fällt nicht viel mehr ein, als die Kluft zwischen den Generationen durch Splitscreens zu symbolisieren.
Familien sind kompliziert, Jugendliche sind unverständlich und führen ein eigenes Leben, das Erwachsene nicht begreifen – damit diese bahnbrechende Botschaft auch die schläfrigsten Zuschauenden erreicht, müssen wir uns zusätzlich noch mit dem Besuch von Franziska Toblers nerviger Nichte Vanessa (Lola Höller) herumschlagen. Die will Influencerin werden und nimmt dafür dermassen gefährliche Videos auf, dass nicht einmal die Kommissarin dafür Verständnis hat, obwohl sie doch Vanessas "coole Tante Franz" ist, wie sie uncoolerweise ständig betont.
Nein, cool ist hier niemand, nicht einmal die begabte Caroline Cousin, die Zoé spielt und letzte Woche noch mit einer Hauptrolle im "Tatort: Borowski und die grosse Wut" überzeugte. Es mag um Drogen gehen, um Mord und "das geheime Leben unserer Kinder" – aber diesen Geheimnissen, diesen Kindern, diesem "Tatort" fehlt einfach die Leidenschaft. Man könnte auch sagen: die grosse Wut.
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.