Im neuesten Schwarzwald-"Tatort" werden die Fernsehzuschauer mit der für manche vielleicht seltsam anmutenden Tradition der schwäbisch-alemannischen Fastnacht konfrontiert. Das hat es damit auf sich.

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Karneval, Fasching, Fastnacht, Fasnet. Die Namen und vor allem die Traditionen der "Fünften Jahreszeit" in den einzelnen Regionen Deutschlands könnten unterschiedlicher kaum sein.

Der Schwarzwald-"Tatort: Ich hab im Traum geweinet" zeigt in seiner neuesten Ausgabe nun einen intensiven Einblick in den tief verwurzelten Brauch der sogenannten schwäbisch-alemannischen Fastnacht, in den jeweiligen Gebieten auch Fasnet, Fasnad, Fasnacht oder Fasenet genannt.

Böse Fratzen statt lustige Jecken

Mit dem rheinischen Karneval hat die Fastnacht im schwäbisch-alemannischen Kulturraum nur rudimentär etwas gemein und grenzt sich davon auch ganz bewusst ab. Charakteristisch ist die Teilnahme von Kostümträgern mit teils gruselig anmutenden Masken, die sich in zahllosen Narrenvereinen vor Ort zusammenschliessen und ihre Verkleidungen meistens über Generationen hinweg weitervererben.

Diese sogenannten Hästräger, die sich oft als Hexen, Teufel, Geister oder entstellte Tiergestalten vermummen, ziehen während der Umzüge lärmend durch Städte und Dörfer und erschrecken dabei die Bürger.

Gespielte Übergriffe gehören zur Tradition

Dabei ist es völlig normal, dass Nicht-Hästräger mit Ruten oder auch Peitschen leicht geschlagen und junge Frauen vorübergehend entführt werden. Was sich auf den ersten Blick merkwürdig, überhaupt nicht lustig und sogar strafrechtlich relevant anhört, ist in aller Regel jedoch harmlos, und die allermeisten Besucher der Umzüge machen den Spass gerne und freiwillig mit.

Bei den "Entführungen" werden die Frauen oft in Käfige "gesperrt" und einige hundert Meter als "Trophäe" mitgenommen, spätestens aber an der nächsten Häuserecke wieder freigelassen. Hat man keine Lust auf diesen Jahrhunderte alten Brauch, sind alle Hästräger angehalten, sofort abzulassen, wenn man seinen Unmut äussert.

Eine weitere Besonderheit ist, dass die normalen Besucher dieser Narrenumzüge in aller Regel nicht verkleidet sind, ganz im Gegensatz zum Karneval in Köln. Zwar hat in den letzten Jahren immer mehr das eigene Verkleiden auch bei der alemannischen Fasnet Einzug gehalten, ursprünglich war es jedoch ein Privileg der Narrenvereine, Hästräger und höchstens noch der Kinder, sich verkleidet auf die sogenannten Narrensprünge zu begeben.

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In diesen Teilen von Deutschland, Österreich und der Schweiz wird so gefeiert

Die Region der alemannischen Fasnet erstreckt sich über weite Teile der deutschsprachigen Schweiz, das Bundesland Vorarlberg in Österreich, das deutsche Bodensee-Gebiet von Lindau bis Konstanz, bis weit hinter Freiburg und den Schwarzwald, Oberschwaben sowie das Allgäu in Bayern.

Zeitlich ist die Fasnet teilweise identisch zum Karneval. Los geht es aber nicht am 11.11., sondern erst am 6.1. Die Hauptphase startet dann am sogenannten Gumpigen oder Schmotzigen Dunnschtig (Donnerstag vor Aschermittwoch) und endet am Faschingsdienstag.

Wie der Karneval auch, hat die Fastnacht ihren Ursprung in Festen, die dazu dienten, verderbliche Lebensmittel vor dem Beginn der Fastenzeit zu verspeisen. Seit spätestens dem 14. Jahrhundert wurden parallel dazu Tänze und Umzüge aufgeführt. Während der Zeit der Aufklärung ab 1700 wurden vielerorts solche Festivitäten verboten und feierten erst in der Romantik, tatsächlich ausgehend vom wiederauflebenden Karneval in Köln, im 19. Jahrhundert ihr Comeback.

Eine grosse Ehre wurde der Tradition der schwäbisch-alemannischen Fastnacht im Dezember 2014 zuteil. Damals wurde sie in die nationale Liste der immateriellen Kulturerben im Sinne der UNESCO aufgenommen. (dr)  © 1&1 Mail & Media/spot on news

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