Ein Kioskbetreiber wurde nachts in seinem Laden erschlagen. Als Täter kommen der überfreundliche Antoine und der feindselige Jannik infrage. Leider liefern die Ludwigshafener Kommissarinnen Odenthal und Stern die Antwort in zu vielen hölzernen Dialogen.
Seit ein Narzisst US-Präsident wurde, gehört das Persönlichkeitsbild zur Allgemeinbildung: Beim pathologischen Narzissmus nehmen gesundes Selbstbewusstsein, Führungsanspruch und der Hang zur Selbstdarstellung krankhafte Züge an.
Dann führt die Gier nach Bewunderung zur Realitätsferne, und das Ego kann nur durch Manipulation, Verleumdung und Aggressivität aufrechterhalten werden.
Damit kann man ein Land an den Rand des moralischen Abgrunds führen. Oder man wird Mordverdächtiger im "Tatort".
Antoine Maler heisst eigentlich Anton, aber seine Mutter war Französin, sagt er, und als Antoine ist Anton ein Charmeur. Er ist untröstlich, weil er zu spät zum Termin im Kommissariat erscheint, aber Antoine hat "den Damen" Blumen mitgebracht und geht jetzt selbstverständlich davon aus, dass sie sich nach ihm verzehren.
Antoine war dabei, als ein Ladenbesitzer nachts in seinem Spätkauf erschlagen hinter der Kasse gefunden wurde. Aber bei der Obduktion stellt sich heraus, dass der Tod nicht von den Schlägen rührte – jemand hat ihm ein paar Münzen Wechselgeld in den Rachen gestopft, daran ist der Mann noch lebend erstickt.
Verdächtige zu verdächtig: Ein drogenabhängiger Tablettendealer und ein aggressiver Hilfesteller
Es gibt ein paar Verdächtige, aber die Ermittlungen der Hauptkommissarinnen
Jannik ist ein drogenabhängiger Tablettendealer und haut Lena Odenthal zur Begrüssung erstmal eine rein. Sein Verhalten ist also eigentlich schon wieder zu verdächtig, um ihn zum gesuchten Mörder zu machen.
Antoines demonstrative Hilfsbereitschaft ist natürlich ebenfalls suspekt – vor allem, als diese so weit geht, dass er nachts vor Johanna Sterns Haus auftaucht, weil er "wichtige Informationen" für sie habe.
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Aber die Ermittlerin verzehrt sich natürlich keineswegs nach ihm. Wie die Zuschauerinnen halten die Kommissarinnen Antoine für eine Nervensäge, deren Charme-Attacken ungefähr so verführerisch sind wie die angelernten Anmachsprüche eines Versicherungsvertreters nachts an der Hotelbar.
Narzissten sind ja ein bisschen wie Dreijährige, die ständig Aufmerksamkeit und Lob für etwas bekommen wollen, das die Mitmenschen nicht unbedingt für lobenswert halten ("Guck mal, den Kreis hab ich ganz allein gemalt!") oder sogar als ziemlich nervig empfinden ("Guck mal, noch ein Kreis!").
Überzeugende Gegenspieler können nicht über den hölzernen Dialog hinwegtäuschen
Anders als bei den meisten Dreijährigen ist ein gekränkter Antoine aber ein gefährlicher Antoine. Christopher Schärf tut sein Möglichstes, die zunehmende Bedrohung zu vermitteln, die von seiner Figur ausgehen soll. Was schon allein deshalb eine Leistung ist, weil er ein bisschen aussieht wie ein Cousin des geradezu absurd sympathischen amerikanischen "Hamilton"-Musicalstars Lin-Manuel Miranda. Sein Antoine wird immer ungeduldiger, die Sprache klingt immer weniger gewählt.
Noch überzeugender gelingt es Pit Bukowski, seinen Jannik umgekehrt immer sympathischer erscheinen zu lassen. Unflätigkeit verwandelt sich in Bodenständigkeit, Aggressivität in Angst.
Doch weder die beiden Hauptdarsteller noch die Ermittlerinnen schaffen es, Martin Eiglers Drehbuch und Regie zum Schwingen zu bringen. Ulrike Folkerts' demonstrative Burschikosität unterstreicht den hölzern erzählten Plot, der von vielen gestelzten Dialogen ausgebremst wird. Und
Eines kann man "Der böse König" immerhin zugutehalten: Während in Kino und TV psychopathisch veranlagte Bösewichte meist zu teuflischen Genies stilisiert werden, ist der "böse König" hier zur Abwechslung einmal – ganz realitätsnah – einfach nur ein abscheulicher, kranker Verbrecher. Allerdings hätte diesem "Tatort" mehr realitätsferne Verspieltheit ganz gutgetan.
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