Frischer Wind beim "Tatort": Mit Florence Kasumba übernimmt eine erfahrene Schauspielerin die Rolle der Kommissarin an Maria Furtwänglers Seite. Im Interview spricht die ehemalige Musicaldarstellerin von taffen Polizistinnen, Kampfsport - und ihren Erfahrungen in Hollywood.
Florence Kasumba ist beim Pressegespräch in Hamburg ausgesprochen entspannt. "Ich würde verrückt werden, wenn ich nur an meine Karriere denken würde", erklärt die 42-jährige Schauspielerin. "Ganz ehrlich – ich spiele gern und habe gar keine grossen Erwartungen", sagt
Dabei ist die in Uganda geborene Kasumba ab dem Fall "Das verschwundene Kind" (Sonntag, 3. Februar, 20.15 Uhr im Ersten) als Göttinger Kommissarin Anais Schmitz zu sehen. Sie ermittelt gemeinsam mit Kommissarin Charlotte Lindholm (
Karriere hat die Künstlerin schon als Musicaldarstellerin ("Mamma Mia!") gemacht. In der Spionageserie "Deutschland 86" auf Amazon Prime ist Kasumba ebenfalls dabei. Und auch in Hollywood feierte sie Erfolge - mit "Black Panther" und "Avengers: Infinity War" (beide 2018).
Bei der ersten Begegnung hält Charlotte Lindholm ihre neue Kollegin zunächst für eine Putzfrau – weil die als dunkelhäutige Person in einem Kittel und mit Eimerchen in der Gerichtsmedizin herumsteht. Ist das eine Form von Alltagsrassismus, den Sie kennen?
Kasumba: Ich muss tatsächlich mit Alltagsrassismus leben, aber ich gehe mit Positivität damit um. Wir sollten auch nicht vergessen, dass wir ja alle so einen Automatismus haben: Wir sehen eine bestimmte Person und haben sofort unsere Vorstellungen.
Vielleicht kann die Besetzung meiner Person für diese Rolle manchen Leuten die Augen öffnen: Da ist eine dunkelhäutige Deutsche, die in ganzen Sätzen spricht, die vernünftig und gebildet ist, sich für die anspruchsvolle Aufgabe einer Kommissarin qualifiziert hat und dazu noch ihre ganz persönliche Geschichte mit sich herumträgt.
Natürlich ist Charlotte bei ihr voll ins Fettnäpfchen getreten, aber wir können alle daraus lernen: Wie gehe ich auf andere Menschen zu? Im Übrigen hat auch Anais ihre Vorurteile. Keiner kann sagen, er ist davon frei.
Es ist bekannt, dass Sie sich schon vor vier Jahren laut gewünscht haben, einmal Deutschlands erste dunkelhäutige "Tatort"-Ermittlerin zu sein. Wie hat das geklappt?
Ich bin mit dem "Tatort" aufgewachsen, sonntagabends wurde das bei uns geguckt. Inzwischen war ich in einigen Episoden zu Gast und mag auch die Arbeit mit den Kollegen. Da habe ich mich dann umgeguckt und mir gedacht, da könnte man doch ein bisschen Farbe reinbringen. Und weil ich meine Wünsche immer sehr konkret formuliere, habe ich das auch hier getan. Dann hat es sich so gefügt.
Laut dem verantwortlichen Sender NDR sollte ihre Hautfarbe gar nicht im Mittelpunkt stehen. Vielmehr sollte das als ganz selbstverständlich rüberkommen.
So ist es. Ich finde es zum Beispiel eher interessant zu sehen, wie Anais agiert – teils ganz schön aggressiv und schlagkräftig. Viele meinen vielleicht, sie sei untypisch, Frauen seien doch weicher. Aber wer behauptet das? Wir sprechen hier ja auch von Frauen, die bei der Kriminalpolizei arbeiten. Da bringe ich nicht die Wärme mit, wie wenn ich zur Kita gehen würde. Da muss ich eine gewisse Härte mitbringen, um überhaupt ernst genommen zu werden.
Die Entwicklung des Films zeigt, dass Anais zwei Seiten hat – die zweite ist verletzlich und einfühlsam. Sind Sie ähnlich? Ihre eigene körperliche Fitness haben Sie bekanntermassen durch Kampfsport gesteigert.
Dazu muss ich sagen, dass ich es als Glück empfinde, so erzogen zu sein, dass man mir nicht beigebracht hat, als Frau musst du so und so sein. Meine Geschwister und ich wurden gleich erzogen, unabhängig von Stereotypen. Als Mädchen hätte ich auch zum Fussballtraining gehen können und nicht zwingend zum Tanzen.
Das hilft unheimlich, weil ich mich völlig ausprobieren durfte. Zum Kampfkunst-Training habe ich mal ein Schwert mitgebracht, was andere irritiert hat. Aber warum nicht? Ich habe nie darüber nachgedacht, dass ich bestimmte Sachen nicht machen sollte, weil ich eine Frau bin.
Auch wenn viele Zuschauer Sie jetzt erst näher kennenlernen, haben Sie ja schon viele Erfolge gefeiert. Nicht zuletzt in Hollywood - wie ist Ihnen das gelungen?
Ich bin ein sehr privater Mensch. Gezielte Medienarbeit betreibe ich nicht. Deshalb kennt mich der normale Zuschauer wohl eher nicht. Wie ich im Ausland gefunden wurde? Ich arbeite ja schon seit mehr als 20 Jahren, habe etwa bei Musicalproduktionen wie "Cats" und "Der König der Löwen" Amerikaner kennengelernt, die uns diese Shows beigebracht haben. Ausserdem gibt es in London eine Agentur, die mich schon seit 2013 ins Ausland vermittelt. Das war nicht so geplant, es hat sich einfach vieles ergeben. (dar/dpa)
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