Teils ungenau, oft korrekt: "Das Traumschiff: Hudson Valley" im Faktencheck

Keine Ausnahmen für VIPs! Um an Bord zu kommen und dort von Kreuzfahrtdirektor Oskar Schifferle (Harald Schmidt, l.) begrüsst zu werden, musste Familie Hansen (v.l.: Natalia Avelon, Sönke Möhring, Alissa Lazar) die Reisepässe vorzeigen – auch wenn Mutter Frederike Hansen das unnötig fand, schliesslich ist sie die Tochter des Reeders.

So weit, so korrekt. Vor Kreuzfahrten ausserhalb der EU ist ein mindestens sechs Monate gültiger Reisepass vorzuzeigen, überdies wird man für den sogenannten Seapass fotografiert, den man bei den Landgängen vorzeigt und mit dem man zum Beispiel in den Bars bezahlt. Doch zurück zu den Hansens: Auch Frederikes Bruder Jasper (Marc Schöttner, l.) ist dabei.

Wie seine Schwester und sein Vater hat auch er ein Geheimnis vor seiner Familie, doch dazu später mehr. Erst mal kommt das "Traumschiff" im Hudson Valley an, dem "Vorgarten New Yorks", den Kapitän Max Parger (Florian Silbereisen) seinen Gästen via Durchsage vorstellt. Unter anderem liege hier "das älteste Weingut Amerikas".

Damit dürfte er die Brotherhood Winery meinen, die 1839 ihren ersten kommerziellen Jahrgang herausbrachte. Und ja, dabei handelt es sich um das älteste kontinuierlich betriebene Weingut der USA. Das älteste des Kontinents Amerika, der schliesslich nicht nur aus den Vereinigten Staaten besteht, liegt allerdings im mittelamerikanischen Mexiko.

Die Casa Madero wurde bereits 1597 gegründet und existiert bis heute. Sie liegt in Parras de la Fuente im Bundesstaat Coahuila in der Nähe der texanischen Grenze. Im Hudson Valley aber begrüsst nun anlässlich seines 70. Geburtstages Reeder Hendrik Hansen (Peter Kremer, r.) seine Kinder, mit denen er besprechen möchte, wer die Reederei übernimmt.

Die sind sich uneins, wie das Unternehmen weiterzuführen ist - und überdies nicht sicher, ob ihr Vater es ernst meint mit der Übergabe. Er meint es ernst - und Enkelin Lilly (l.) wird herausfinden, warum. Mit ihr geniesst der alte Herr die Natur. Malerisch fliegt ein Weisskopfseeadler vorbei, das Wappentier der USA.

Und ja, diese Vögel kann man hier tatsächlich beobachten, wenn auch längst nicht mehr so viele wie früher. Es gibt zwei verschiedene Gruppen davon: Während die eine im Hudson Valley nistet und dort das ganze Jahr verbringt, ist die andere auf der Durchreise von Kanada und Neuengland in den Süden, um dort den Winter zu verbringen.

Kurz nach dem Ausflug merkt Lilly, dass mit ihrem Opa etwas nicht stimmt: Er fragt nach seiner verstorbenen Frau, als lebte die noch, und vergisst, die Dusche abzustellen. Im Bad entdeckt Lilly eine Packung Galantamin. Von Schiffsärztin Dr. Jessica Delgado (Collien Ulmen-Fernandes, 2.v.l.) erfährt sie später, was es mit den Kapseln auf sich hat.

Es sind Tabletten gegen Symptome leichter bis mittelschwerer Demenz. Der Name ist keine Drehbuch-Fantasie, das Medikament gibt es wirklich. Während die heile Fassade bei den Hansens bröckelt, landet Staff-Kapitän Martin Grimm (Daniel Morgenroth, l.) in einem Barbershop und musiziert wenig später mit dem Barbier (Wigald Boning, r.).

Dabei hat er zuvor kundgetan, nur drei Akkorde auf der Gitarre spielen zu können. Für Blues sei das völlig ausreichend, hat ihn der Barbier ermuntert. Klingt im Film wie ein Spass, stimmt aber: Tatsächlich enthält die standardmässige 12-Takt-Blues-Progression lediglich den 1-Akkord, den 4-Akkord und den 5-Akkord.

Bei Familie Hansen (B.) kommen indes am Geburtstagsabend des Seniors die ersten Geheimnisse auf den Tisch. So gesteht etwa Frederike ihrem Vater, dass ihre Ehe am Ende ist (wobei sich später zeigen wird, dass es doch noch Hoffnung gibt) - und Jasper beichtet seinem Vater seine Homosexualität. Und siehe da: Der strenge Papa ist weicher als gedacht.

Zumindest nach einer Weile. Mit Jaspers Partner Simon (Pablo Konrad, l.) versteht er sich sogar ziemlich gut. Dass Eltern auf das Coming-out ihrer Kinder verständnisvoll reagieren, ist übrigens immer noch keine Selbstverständlichkeit: Laut dem LSVD (Verband queere Vielfalt) berichtet die Hälfte aller jungen Homosexuellen ...

... von Diskriminierungserlebnissen in der Familie. 17 Prozent wurden beschimpft, beleidigt oder belächelt, jeder beziehungsweise jede zehnte ausgegrenzt und ausgeschlossen. Doch was wäre das Traumschiff ohne Happy End? Hendrik Hansen versöhnt sich mit seinen entfremdeten Kindern (und seine Tochter mit Ehemann Daniel, Bild). Und nicht nur mit diesen!

Auch auf Martin Grimm (r.) geht der strenge Reeder schliesslich zu. Dem hat er viele Jahre einen Fehler vorgehalten und jegliche Art der Beförderung verweigert - der Staff-Kapitän hatte einst ein Alkoholproblem und hat in angetrunkenem Zustand ein Schiff gesteuert, seit diesem Fiasko allerdings keinen Tropfen mehr angerührt.

Bleibt am Ende nur noch eins: Als Lilly ihren Opa herausfordert, mit der Sprache herauszurücken, erzählt er seinen Kindern von seiner beginnenden Demenz. Erschüttert beschliessen beide, zusammenzuhalten - und die Reederei gemeinsam weiterzuführen, weil sie einsehen, dass Frederikes Ehrgeiz und Jaspers Vorsicht nicht die schlechteste Kombination ist.