Mord, Menschenhandel und eine Rächerin: Die Fortsetzung der österreichischen Serie "Die Totenfrau" auf Netflix lässt das Grauen weiter eskalieren.

Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Felix Reek dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Wenn man Krimiserien glaubt, scheinen die Alpen ein ziemlich übler Ort zu sein. Hier wird gemordet, gemeuchelt und hinter jeder zweiten Tanne wartet ein irrer Serienmörder, der die Eingeweide seiner Opfer zu irgendeinem satanischen Symbol im Schnee formen möchte. Die beliebte Touristenregion scheint sogar Skandinavien, das mit seinen Krimis einen eigenen Fachbegriff prägte ("Nordic Noir"), den Rang abzulaufen.

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Eine dieser neuen düsteren Krimi-Reihen ist "Die Totenfrau", eine Koproduktion von ORF und Netflix. Die Serie basiert auf der gleichnamigen Romantrilogie des Österreichers Bernhard Aichner, der erste Band wurde 2022 als Sechsteiler verfilmt und brachte es sogar in die Top-Ten-Liste nicht englischsprachiger Serien.

Hauptfigur ist Blum (Anna Maria Mühe), die mit Toten sprechen kann (was in der Serie aber kaum Beachtung findet) und in einem Tiroler Skiort ein Bestattungsunternehmen führt.

Blum (Anna Maria Mühe) führt in Tirol ein Bestattungsunternehmen. © /

Als ihr Mann vor ihren Augen auf seinem Motorrad überfahren wird, beginnt sie zu ermitteln, deckt eine tödliche Vergewaltigung und einen Folter-Porno-Ring auf. Wobei "ermitteln" der falsche Ausdruck ist Blum nimmt Rache und ermordet ihre Widersacher auf grausame Weise.

Menschenhändler, Folter-Pornos und eine Rächerin

Staffel zwei startet ab dem 19. März auf Netflix mit der Exhumierung eines Toten, den Blum bestattet hat. Dummerweise liegt im Sarg auch die zerstückelte Leiche eines ihrer Opfer. Bevor sie die verschwinden lassen kann, wird sie entdeckt und muss fliehen. Wenig später gerät Blum ins Visier der Polizei.

Ermittlerin Birgit Wallner (Britta Hammelstein) will sie unbedingt für die Morde, die sie begangen hat, überführen. Die Dynamik zwischen den beiden Frauen wird die zweite Staffel von "Die Totenfrau" entscheidend vorantreiben. Denn Blums neue Gegnerin ist genauso verbissen und bereit, die Grenzen dessen, was erlaubt ist, zu überschreiten.

Erschwerend kommt hinzu, dass Tochter Nela (Emilia Pieske) von einem Menschenhändlerring entführt wird. Ihre Mutter ist im permanenten Ausnahmezustand. Und nebenbei versucht ein rechter Politiker, der auch in die Folter-Videos verstrickt ist, die Macht in der Region zu übernehmen, und Luxushotel-Besitzerin Johanna Schönborn (Michou Friesz) will das für ihre Zwecke ausnutzen.

Nela (Emilia Pieske) wird Opfer einer Entführung. © /

Blum bleibt nichts weiter übrig, als sich wieder auf die Ducati ihres verstorbenen Mannes zu schwingen und ihren Gegnern nachzusetzen. Wer die erste Staffel gesehen hat, weiss, dass spätestens dann alle Hemmungen fallen und es nicht lange dauert, bis Blum absichtlich oder versehentlich die nächsten Bösewichte erledigt.

"Nordic Noir"-Stil mit finster dreinblickenden Menschen

Das alles ist unheimlich dicht inszeniert, in dunklen Farben und mit vielen langen Kamerafahrten über die Bergwelten gefilmt, hochklassig bis in die Nebenrollen besetzt aber irgendwie will beim Sehen der zweiten Staffel von "Die Totenfrau" nicht so richtig Begeisterung aufkommen.

Das liegt teils daran, dass die ORF-Produktion nicht aus der schieren Masse an Serien im "Nordic Noir"-Stil herausragen kann. Grimmiges Natur-Setting und Charaktere, die mindestens genauso sehr mit ihren Dämonen kämpfen wie mit denen, die sie verfolgen, gibt es schon zuhauf.

Hinzu kommt, dass die Macher von "Die Totenfrau" mit vielen Handlungssträngen und Wendungen mehr verwirren als faszinieren. Der Ton der Serie bleibt stets grimmig, das Sujet grausam, das wird sich in Zukunft kaum noch steigern lassen. Oder was soll noch schlimmer sein als Menschenhandel und ein Folter-Porno-Ring, dessen Machenschaften zwar bis auf ein paar Ausschnitte nicht wirklich zu sehen sind, deren Instrumentarium aber ausreicht, um sich schaudernd abzuwenden?

Vielleicht passt "Die Totenfrau" aber auch deshalb gut in unsere Zeit, in der es wenig Erfreuliches zu vermelden gibt, zumindest auf globaler Ebene. Eine Serie mit noch finsterer dreinblickenden Menschen gibt es aktuell nicht. Hier zieht nicht mal kurzweilig ein Lächeln auf. Eine dritte Staffel wird es trotzdem geben, Autor Bernhard Aichner soll begeistert von der Umsetzung seiner Bücher sein, und die Verfilmung des dritten Bandes steht noch aus.

Offiziell ist nichts, aber das Ende der zweiten Staffel lässt zumindest alle Möglichkeiten offen. Wenngleich viele der Darsteller der "Totenfrau" dann nicht mehr dabei sein werden. Rächerin Blum sei Dank.