- Knapp einen Monat dauert es noch, dann erscheint mit "Tiny Tina's Wonderlands" der nächste Teil der Borderlands-Reihe
- Wir konnten vorab schon einige Stunden in Gearbox' neustem Loot-Shooter verbringen.
- Was wir gesehen haben, gibt Anlass zu Hoffnung - nur eine Sache bereitet uns Sorgen.
Mit dem "Borderlands 2"-DLC "Tiny Tinas Sturm auf die Drachenfestung" brachte Gearbox vor rund neun Jahren ungewohnt emotionale Töne in die Loot-Shooter-Reihe. Zwar mangelte es der Erweiterung nicht an durchgeknallten Waffen und Flachwitzen, die problemlos unter einem Teppich hindurchsegeln können. Der DLC erzählte aber eine für die Reihe ungewöhnlich tiefgründige Geschichte über Trauer und Verlust.
Mit "Tiny Tina's Wonderlands", das am 25. März 2022 erscheinen soll, kehren die Spieler wieder zurück in die von Tina erdachte Fantasy-Welt. Denn wie schon im DLC von 2013, schwingt sich die von Sprengstoff begeisterte Teenagerin erneut zur Spielleiterin einer "Pen and Paper"-Runde auf.
Dass Gearbox diese Gelegenheit nutzt, um erneut ein Trauma Tinas aufzuarbeiten, scheint eher unwahrscheinlich. Zwar musste diese auch in Borderlands 3 einen Verlust hinnehmen, die Ereignisse in Wonderlands spielen aber vor der Geschichte des letzten Hauptteils der Reihe.
Von dem, was wir bislang vom Spiel sehen konnten, sieht es jedenfalls danach aus, als würde hier wieder mehr der Spass am Irrsinn im Mittelpunkt stehen. Und wir sind durchaus optimistisch gestimmt. Nur ein Aspekt des Spiels macht uns noch Sorgen.
Was ist "Tiny Tina´s Wonderlands"?
Wonderlands ist ein Spin-Off der Borderlands-Hauptreihe. Wie schon in dem DLC von 2013, veranstaltet Tina in diesem eine "Pen and Paper"-Runde.
Als Spieler übernimmt man in Wonderlands dabei die Rolle eines Charakters, den ein Teilnehmer der Runde erdacht hat - quasi ein Spiel in einem Spiel. Tina selbst ist als Spielleiterin die "Erzählerin" des Abenteuers und wirft den Spielern Hindernisse und Absurditäten vor die Füsse.
Für jeden, dem der Begriff "Pen and Paper" nichts sagt: Dabei handelt es sich um Rollenspiele, die nur mithilfe von Stift und Papier sowie Würfeln gespielt werden. Die Spieler erleben darin mit vorab selbst zusammengestellten Charakteren Abenteuer, wobei ein sogenannter Spielleiter vorgibt, was passiert und wohin sich die Handlung entwickelt.
Bei "Pen and Paper"-Runden nutzen die Spieler grösstenteils ihre Fantasie, um sich die Welt und die Ereignisse darin vorzustellen. Ob dabei eine Handlung gelingt oder eine Schlacht gewonnen wird, entscheidet sich anhand von Würfeln.
Was konnten wir schon sehen?
Die Preview-Version, die wir spielen konnten, umfasste einen Abschnitt von ungefähr drei Stunden und war auf ein einzelnes grosses Gebiet namens "Kropfberg" beschränkt. Nach Angabe der Entwickler handelt es sich dabei um ein optionales Gebiet, das wir nicht im Rahmen der Hauptgeschichte abschliessen müssen.
Im fertigen Spiel soll es mehrere davon geben, wobei in jedem davon eine an das Gebiet gekoppelte Geschichte erzählt wird. In Kropfberg helfen wir beispielsweise den Freiheitskämpfern von "Kobolde opponieren tyrannische Züchtungen" (kurz K.O.T.Z) bei einer Revolution.
Zudem gibt es mehrere Nebenmissionen, in denen wir etwa mit "Claptrap" die mächtigste Waffe der Welt schmieden – in Form eines Pfannenwenders. Spongebob lässt grüssen.
Welche Klassen konnten wir ausprobieren?
In unserer Preview-Version standen zwei Klassen zur Verfügung. Zum einen der "Killomant", zum anderen der "Grabspross". Jede der Klassen verfügt über zwei unterschiedliche aktive Fähigkeiten. Der Killomant kann etwa eine magische Klinge beschwören und sich unsichtbar machen. Der Grabspross entzieht sich hingegen Leben, um seine Attacken zu verstärken oder magische Angriffe zu entfesseln.
Jede der Klassen besitzt neben ihren aktiven Fähigkeiten auch noch eine sogenannte Grosstat. Auch wenn der Name etwas anderes vermuten lässt, handelt es sich dabei lediglich um passive Fähigkeiten. So hat der Killomant eine erhöhte Chance auf kritische Treffer, der Grabspross wird von einem Halb-Lich begleitet, der an seiner Seite kämpft.
Beide "Grosstaten" waren eher nicht überwältigend. Der kritische Bonus des Killomanten ist zwar praktisch, aber eben doch nur ein passiver Wert. Und der Lich-Begleiter sieht nett aus, aber wir können ihm keine Befehle geben, weshalb er quasi auch nur ein passiver Bonus ist.
Ein finales Urteil über die Klassen können wir nach den wenigen Stunden im Spiel nicht treffen. Persönlich mochten wir den Killomanten lieber - vor allem, weil beim Grabspross nicht alle Fähigkeiten wirklich ausgereift schienen. Beispielsweise kann er als Schutzmechanismus seinen Lich opfern, wenn er auf einen Lebenspunkt fällt. Das passiert aber, dank einer seiner aktiven Fähigkeiten, bei der er sich konstant Leben entzieht, regelmässig ungewollt, weswegen das Talent selten wirklich nützlich war.
Auch bei den anderen Borderlands-Teilen liess sich jedoch vorab nur schwer beurteilen, wie gut ausbalanciert eine Klasse sein wird. Denn deren wahre Stärke zeigt sich meist erst auf dem Maximallevel, wenn alle Talente zur Verfügung stehen. Davon waren unsere beiden Klassen in der Demo weit entfernt.
Wie spielt sich "Tiny Tina's Wonderlands"?
Im Kern fühlt sich das Spin-Off genauso an wie die vorherigen Borderlands-Teile. Heisst: Wir ballern uns durch die humorvollen Quests, sammeln neue Waffen und Ausrüstungsgegenstände und bauen unseren Charakter immer weiter aus.
Ähnlich wie bei "The Pre-Sequel" gibt es aber auch im Wunderland einige an das Setting gekoppelte Neuerungen, die frischen Wind in den Spielfluss bringen. So erleben wir im Spiel eine "Pen and Paper"-Runde, die sich an klassischen Fantasy-Universen wie "Dungeons and Dragons" orientiert.
Dazu passend dürfen wir jetzt auch verschiedene neue Ausrüstungsgegenstände anlegen. Etwa Ringe, die uns, ähnlich wie die Artefakte aus "Borderlands 3", passive Boni geben. Zudem gibt es keine Schilde mehr, stattdessen tragen unsere Spielfiguren jetzt Rüstungen. Diese verändern auch das Aussehen unseres Charakters. Zumindest die von uns gefundenen Rüstungen waren indes kein drastischer Outfit-Wechsel. Sie sahen mehr nach leicht abgeänderten Varianten der gleichen Rüstung aus.
Wer sich einen neuen Anstrich verpassen will, kann aber, wie schon in früheren Teilen, auf Skins zurückgreifen. Beim Anspielen konnten wir zahlreiche davon finden – anschauen konnten wir sie nur noch nicht. Denn in dem Spielgebiet gab es keine Station, an der wir unseren Skin hätten wechseln können.
Wichtiger, weil sie tatsächlich das Spielgefühl verändern und nicht nur Statuswerte geben, sind aber die Nahkampfwaffen und Zaubersprüche, die wir jetzt ausrüsten können. Sie sind, wie auch die Schusswaffen, zufallsgeneriert und treten in unzähligen Variationen auf.
Vor allem die Zaubersprüche haben uns sehr gut gefallen. Diese ersetzen die Funktion von Granaten aus den früheren Teilen und können im Kampf mit einem Knopfdruck ausgelöst werden.
Im Vergleich zu Granaten bringen Zauber zwei grosse Vorteile. Erstens müssen wir keine Munition für sie sammeln. Stattdessen stehen sie unendlich oft zur Verfügung, können aber immer nur nach einer Abklingzeit wieder verwendet werden. Zweitens lassen sie sich viel präziser anwenden. Während ein Gegner vor einer Granate, die nicht sofort beim Aufprall explodiert, immer noch weglaufen kann, entkommt er einem Feuerball, den wir auf ihn schleudern, wesentlich seltener.
Die Zauber eignen sich auch exzellent dazu, verschiedene Statuswerte bei Gegnern auszulösen. Ein Schock-Zauber etwa macht mit feindlichen Schilden, Korrosions-Magie mit Rüstungen kurzen Prozess. Das entschlackt das Gameplay deutlich, weil man weniger oft die Waffen wechseln muss, um den jeweils notwendigen Elementarschaden parat zu haben. Einziges Manko: Wie gross die Reichweite eines Zaubers ist, lässt sich nicht immer zweifelsfrei einschätzen.
Nahkampfwaffen haben uns beim Anspielen hingegen deutlich weniger beeindruckt. Diese lassen uns zwar kurze Distanzen überbrücken, weil unser Charakter bei einem Nahkampfangriff einen kleinen Satz in Richtung des Gegners macht, und sie können Buffs auslösen. Aber richtiges Schwertkampf-Feeling kam bei uns nicht auf. Dafür fühlt sich der Nahkampf zu sehr nach planlosem Draufgekloppe an und ist nicht abwechslungsreich genug.
Was hat sich sonst so getan?
Neben den neuen Möglichkeiten im Kampf hat sich besonders bei der Charakterentwicklung einiges verändert. Pro Level-Aufstieg bekommen wir jetzt nicht nur einen Skill-Punkt, sondern auch einen sogenannten Heldenpunkt.
Letztere können wir dafür nutzen, die Attribute unseres Charakters direkt zu steigern. Wir haben also jedes Mal die Wahl, ob unsere Spielfigur etwa dauerhaft mehr Leben, eine höhere kritische Trefferchance oder auch niedrigere Abklingzeiten bekommen soll.
Zwar konnte man schon in früheren Teilen spezielle Punkte sammeln, die sich in direkte Statusverbesserungen investieren liessen. Allerdings stand etwa beim "Wächterrang"-System aus "Borderlands 3" immer nur eine zufällige Auswahl aus verschiedenen Werten einer Kategorie zur Wahl. Ausserdem musste das System erst freigeschalten werden.
In Wonderlands haben wir jetzt von Anfang an und viel direkter die Möglichkeit, unseren Charakter nach unseren Wünschen zu entwickeln. Die Gefahr, dass man sich dabei "verskillt", also seinen Charakter ruiniert, weil man in die falschen Attribute investiert hat, besteht dabei laut den Entwicklern aber nicht. Denn die Heldenpunkte sollen Spieler jederzeit zurücksetzen können.
Die Skill-Punkte stecken wir hingegen wie bisher in eines der Talente in unserem Fähigkeitsbaum. Ja, richtig gelesen: Fähigkeitsbaum – Singular. Jede Klasse verfügt hier zwar über zwei aktive Fähigkeiten, aber beide teilen sich dieselben Talente.
Was macht uns aktuell noch Sorgen?
Zwei Aspekte der Preview-Version sehen wir noch skeptisch. Zum einen die Menüs. Gerade das Ausrüstungsmenü fühlte sich noch sehr hakelig an. Items liessen sich etwa nicht mit einem Doppelklick anlegen, auch das Vergleichen von Statuswerten der Ausrüstung war unnötig umständlich. Das sind aber Kleinigkeiten, welche die Entwickler bis zum Release noch ausbügeln dürften. Zumindest betonen sie, dass man am User Interface derzeit noch Verbesserungen vornehme.
Problematischer könnten die zusammengestrichenen Skill-Bäume werden. Ein übergreifender Fähigkeitsbaum für zwei aktive Skills könnte sich als deutlicher Rückschritt in Sachen möglicher Builds für unseren Charakter erweisen. Zum Vergleich: In Borderlands 3 verfügte jeder Charakter über drei aktive Skills und drei Fähigkeitsbäume. Später kam jeweils noch eine vierte Fähigkeit mit einem eigenen Talentbaum per DLC dazu.
Allerdings darf man dabei zwei Dinge nicht vergessen. Erstens wird Wonderlands zum Start mehr Klassen bieten als jedes andere Borderlands-Spiel zuvor. So sollen insgesamt sechs unterschiedliche Klassen zur Wahl stehen. In allen anderen Teilen der Reihe waren es zum Start nur vier – bei zwei Spielen kamen per DLC jeweils noch zwei weitere Klassen hinzu.
Zweitens sollen Spieler im Verlauf der Kampagne eine sekundäre Klasse wählen können, deren Talente und Fähigkeiten denen ihrer Primärklasse hinzugefügt werden. Dadurch entstehen 15 Klassen-Kombination - womit Wonderlands möglicherweise mehr Vielfalt beim Aufbau des eigenen Charakters bietet. Das konnten wir im Rahmen unserer Anspiel-Version aber nicht testen.
Unser Fazit nach der Preview:
"Tiny Tina's Wonderlands" fühlt sich an und spielt sich genauso spassig wie vorherige Borderlands-Teile. Zumindest soweit wir das anhand der, sehr limitierten, Preview-Version des Spiels beurteilen können.
Die von Gearbox als Revolution angepriesenen Neuerungen beim Kampfsystem dürften indes kaum dafür ausreichen, die Reihe auf ein neues Level zu heben. Dafür wirkten sie zu rudimentär. Trotzdem bringen sie einen deutlichen Mehrwert, weil sie Abwechslung und Dynamik in die Feuergefechte bringen.
Dass sich Gearbox hingegen entschieden hat, die multiplen Talentbäume pro Klasse zu streichen, sehen wir aktuell noch etwas kritisch. Denn auch wenn man jetzt deutlich mehr verschiedenen Klassen-Kombinationen spielen kann: Die Möglichkeiten, die jeweilige Kombination auszudefinieren, sind geringer. Auch wenn die Charaktere dafür jetzt über die Boni der Grosstaten verfügen, scheinen uns die nicht stark und interessant genug, um den Wegfall der speziellen Talentbäume aufzufangen.
Optimistisch stimmt uns allerdings, dass Spieler - laut Angaben der Entwickler - ihre sekundäre Klasse später wechseln werden können. Die Möglichkeit, in einem Spielstand fünf verschieden Klassen-Kombinationen ausprobieren zu können, könnte die reduzierte Zahl der Skillbäume durchaus auffangen.
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