• Prominente Schauspielerinnen und Schauspieler kommentieren in einer breitangelegten Aktion die Corona-Politik.
  • Doch ihre Videos gehen nach hinten los, finden Beifall in der rechten Szene und bei Querdenkern.
  • Es folgen Erklärungsversuche - und auch die Politik mischt sich ein.

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Eine Aktion von mehr als 50 deutschen Schauspielerinnen und Schauspielern gegen die Corona-Schutzmassnahmen unter dem Hashtag "#allesdichtmachen" hat am Freitag harsche Kritik in den sozialen Netzwerken hervorgerufen. Auch zahlreiche andere Prominente meldeten sich zu Wort.

Sie kritisierten die Aktion deutlich: Elyas M'Barek etwa kommentierte ein Video von Volker Bruch mit den Worten: "Come on, das ist doch Blödsinn." Hans-Jochen Wagner fragte "Tatort"-Kollege Jan Josef Liefers: "Das kann doch nicht dein Ernst sein?"

#allesdichtmachen: Stars sprechen sich gegen Schutzmassnahmen aus - der AfD gefällt das

Auch die "Tatort"-Stars Nora Tschirner - "unfuckingfassbar" - und Christian Ulmen - "heute bisschen für Kollegen schämen" - zeigten sich ähnlich entsetzt. Moderator und Notfallsanitäter Tobias Schlegl twitterte: "Die Schauspieler*innen von #allesdichtmachen können sich ihre Ironie gerne mal tief ins Beatmungsgerät schieben."

Satiriker Jan Böhmermann hielt der Aktion bei Twitter entgegen, das einzige Video, das man sich ansehen solle, "wenn man Probleme mit Corona-Eindämmungsmassnahmen hat", sei die ARD-Doku aus der Berliner Charité mit dem Titel "Station 43 – Sterben". Dazu stellte er den Hashtag #allenichtganzdicht und einen weinenden Smiley.

Unter dem Motto #allesdichtmachen hatten Prominente wie Meret Becker, Ulrich Tukur und Liefers am Donnerstagabend ironisch zugespitzte Videos auf YouTube und Instagram gepostet, in denen sie sich über Politik und Medien lustig machten. Nach Lob aus der AfD und von sogenannten Querdenkern distanzierten sich jedoch einige Stars davon.

Ulrich Tukurs Beitrag zu #allesdichtmachen

Unter dem Hashtag #allesdichtmachen haben zahlreiche deutsche Schauspieler mit ironischen Videos für Aufsehen gesorgt. Unter ihnen ist auch Ulrich Tukur. © YouTube

Liefers beispielsweise tat in seinem Video so, als würde er sich bei den Medien bedanken, die dafür sorgten, dass "der Alarm genau da bleibt, wo er hingehört, nämlich ganz, ganz oben". Ulrike Folkerts baute ein Wortspiel aus dem Meer, an das sie wieder fahren will, und "mehr Massnahmen".

Wotan Wilke Möhring spielte mit dem Gegensatz von positiv und negativ und sagte etwa den Satz: "Wenn negativ positiv ist, dann geht es uns gar nicht schlecht, sondern gut.

AfD-Fraktionschefin Alice Weidel sprach auf Twitter von einer "tollen Aktion, die hoffentlich zum Nachdenken anregt". Die Linken-Abgeordnete Sahra Wagenknecht twitterte, es sei eine "klasse Playlist".

Der frühere Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maassen, nannte die Aktion "grossartig". Der Virologe Jonas Schmidt-Chanasit twitterte, es handle sich um ein "Meisterwerk".

Lauterbach: "Wir müssen alle mit Anschuldigungen und Beleidigungen abrüsten"

SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach äusserte sich differenziert. Die Aussagen hätten ihn nicht überzeugt, twitterte er.

"Trotzdem müssen wir alle mit Anschuldigungen und Beleidigungen abrüsten. Die Schauspieler machen auf ihre Probleme aufmerksam", so Lauterbach.

"Manche unserer Kolleg*innen haben sich an dieser Aktion beteiligt, manch andere verurteilen sie aufs Schärfste", teilte derweil der Vorstand des Bundesverbands Schauspiel (BFFS) mit. Der Verband erinnerte an Menschen, die im Krankenhaus arbeiten. Er verwies auch auf die Existenzängste, die auch Schauspieler und Schauspielerinnen derzeit hätten.

Teilweise distanzierten sich die teilnehmenden Prominenten nach den ersten Reaktionen von der sogenannten Querdenkerszene. So verschwanden etwa Videos von Heike Makatsch, Trystan Pütter und Becker von der YouTube-Seite. Becker lud ein weiteres Video auf Instagram hoch, in dem sie sagte: "Dass das instrumentalisiert wird von der rechten Seite, ist wirklich das Letzte, was ich wollte."

Sie betonte: "Ich lasse mich impfen, ich trage Maske, ich halte Abstand - extrem." Liefers twitterte noch in der Nacht, er weise "eine da hinein orakelte, aufkeimende Nähe zu Querdenkern u.ä." glasklar zurück. Es gebe im aktuellen Spektrum des Bundestags auch keine Partei, der er ferner stehe als der AfD.

Auch Schauspielerin Ulrike Folkerts hat ihre Beteiligung an der Aktion als Fehler bezeichnet. "Die Videos, die entstanden sind, wurden falsch verstanden, sind vielleicht falsch zu verstehen", schrieb die "Tatort"-Kommissarin am Freitagabend auf Instagram. "Ich habe einen Fehler gemacht, ich war naiv genug zu glauben, mit meinen Kollegen*innen ein gewinnbringendes Gespräch in Gang zu bringen. Das Gegenteil ist passiert." Es tue ihr leid, "Menschen verletzt und vor den Kopf gestossen zu haben". Die Corona-Massnahmen bezeichnete Folkerts als "absolut richtig". Sie sei weit davon entfernt, "Querdenkern und Rechten Argumente in die Hände zu spielen", betonte sie. "Es ist furchtbar, dass man mir das unterstellt." Die Aktion sei "schief gegangen und unverzeihlich".

Auch Schauspieler Richy Müller distanzierte sich inzwischen von der Aktion. "Ich musste feststellen, dass mein Video vielen Menschen wehgetan hat, die ich niemals kränken oder veralbern wollte", sagte der 65-Jährige dem Nachrichtensender ntv. Er sei blauäugig gewesen. Dabei sei er indirekt sogar selbst betroffen: "Die Tochter meiner Frau ist mit Anfang 20 zu Beginn der Pandemie an Corona erkrankt. Und sie hatte ein halbes Jahr lang Probleme mit der Atmung."

Spahn findet Kritik normal, Grütters versteht die Nöte

"Ich erkenne die Gefahr, die von der Corona-Pandemie ausgeht und will niemals das Leid der Opfer und ihrer Angehörigen schmälern und sie dadurch verletzen", schrieb Makatsch auf Instagram.

Ken Duken postete in dem Netzwerk, dass er sich von rechtem Gedankengut distanziere und sich nicht über die Opfer oder ihre Angehörigen habe lustig machen wollen.

Die Bundesregierung habe die Aktion zur Kenntnis genommen, sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Martina Fietz. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sagte, er finde Kritik normal und in einer freiheitlichen Demokratie wünschenswert.

Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) teilte mit, sie verstehe die Nöte der Kreativen. Sie hätte sich aber von den an der Aktion beteiligten "deutlich mehr Empathie für die Menschen gewünscht, die vom Coronavirus betroffen sind oder im Gesundheitssystem harte Arbeit leisten". (afp/dpa/msc/ash)

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