Als Marcel Reich-Ranicki starb, war er nicht alleine. Sein Sohn Andrew Ranicki sass am Sterbebett seines Vaters. Der 65-Jährige spricht nun über den Abschied von seinem Vater, was der ihn gelehrt hat und welches Buch neben dem Sterbebett lag.
Mittwoch, 18. September. Marcel Reich-Ranicki liegt in seinem Bett in einem Frankfurter Pflegeheim. An seiner Seite: sein Sohn Andrew. Letzte Worte kann Reich-Ranicki nicht mehr an ihn richten, dafür ist er schon zu schwach. Das berichtet Andrew Ranicki der "Bild"-Zeitung. Der Sohn lehnt sich nach vorne, küsst seinen Vater auf die Stirn. Er nimmt Abschied. Kurz darauf ist Marcel Reich-Ranicki tot. Er stirbt im Alter von 93 Jahren.
Als kleiner Junge begleitete Andrew, heute Mathematik-Professor an der Universität Edinburgh in Schottland, seinen Vater oft. Der Sohn erinnert sich an Treffen mit Literaturgrössen des 20. Jahrhunderts – besonders an den polnischen Schriftsteller Marek Hlasko. "Er sagte, er trinkt nicht mehr und leerte daraufhin eine Flasche Wodka", sagt Andrew der "Bild". Auch den deutschen Schriftsteller Siegfried Lenz hat er in guter Erinnerung, "weil er immer besonders freundlich" war.
Marcel Reich-Ranicki war für seinen Sohn ein guter Lehrer, seine wichtigste Lektion lautete: "Dass man das, was man tut, mit Überzeugung tun sollte. Und zu seiner Überzeugung stehen sollte!", sagt Andrew. Sein Vater lebte Zeit seines Lebens nach diesem Grundsatz, eckte damit auch oft an.
Bis zu seinem Tod blieb Marcel Reich-Ranicki ganz und gar "Literatur-Papst", wie er oft bezeichnet wurde. Auf dem Nachttisch neben seinem Sterbebett lag ein Buch von Rüdiger Safranski "Goethe – Kunstwerk des Lebens: Biografie". All die "abertausend" Bücher aus dem Besitz seines Vaters sollen nun laut Andrew Ranicki in den Bestand der Universität Marburg übergehen.
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