- Podcasts und Hörbücher erfreuen sich nach wie vor grosser Beliebtheit. Seit November will "Kohlrabenschwarz" eine Nische besetzen und die Zuhörer mit gruseligen Geschichten und derbem Humor begeistern.
- Bettina Zimmermann und Michael Kessler verraten im Interview, wie die Idee entstand, dafür alte Sagengestalten auferstehen zu lassen.
- Die Schauspieler sprechen auch über die Hörspiel-Helden ihrer Kindheit - und welche Geschichten man heute vielleicht nicht mehr erzählen sollte.
Heimatkrimis boomen und freuen sich ungetrübter Beliebtheit. Was macht "Kohlrabenschwarz" anders und vielleicht besonders?
Und daraus entwickeln sich Kriminalfälle grösseren Ausmasses. Es verschwinden Kinder, es passieren Morde - und das unterscheidet "Kohlrabenschwarz" natürlich schon deutlich von einem lieblichen bayerischen Heimatkrimi.
Kessler: Ich spreche ja die Hauptrolle, jetzt sollte man aber nicht denken, dass es eine komische Rolle ist, nur weil man mich eher mit solchen assoziiert. Der Stefan Schwab ist doch ein recht ernster Charakter. Aber gerade in den Dialogen kommt immer wieder so ein Alltagshumor durch - den man ja auch im echten Leben im Umgang mit Ex-Partnern oder den Kollegen hat.
Zimmermann: Es sind keine Schenkelklopfer, sondern ein richtig schöner Schlagabtausch. Die Figuren haben alle eine lockere Zunge.
Kessler: So richtig bayrisch redet ausserdem auch nur einer der Haupt-Charaktere.
Herr Kessler, Sie hatten unter anderem die Idee zu dem Hörspiel. Wie weit waren Sie denn danach in den Entstehungsprozess involviert?
Kessler: Mit Tommy Krappweis, dem Regisseur und Autor, hatte ich an "Bill Bo" gearbeitet. In einem Biergarten bei München meinte Tommy, wir müssten etwas Richtung Mystery machen und ich hatte dann die Idee: "Wie wäre es, wenn alte Sagengestalten wieder auftauchen würden?" Monatelang kam dann nichts - bis mich Tommy anrief und sagte: "Audible macht das. Lass uns loslegen!"
Zimmermann: Oh, die Geschichte kenne ich noch gar nicht! Hast Du mir gar nicht erzählt!
Kessler: Ich bin aber auch recht realistisch: da ich mich in dem Genre Hörspiele/Podcasts nicht gut auskenne, hätte ich die Bücher für die Vorlage gar nicht schreiben können. Deshalb war's gut, dass das Tommy Krappweis und Christian von Aster übernommen haben.
Bettina Zimmermann: "Kinder sitzen viel zu viel vor dem Fernseher"
Mit welchen Hörspielen und -Büchern sind Sie denn aufgewachsen?
Zimmermann: "Benjamin Blümchen", "Die drei ???", "Fünf Freunde" - ich hab das alles gehört und finde es schön, dass diese Geschichten nach wie vor aktuell sind. Es ist einfach eine tolle Unterhaltungsform vor allem auch für Kinder.
Die sitzen heutzutage viel zu viel vor dem Fernseher. Da ist das Hörspiel eine tolle Alternative. Die Fantasie und Vorstellungskraft werden angeregt, die Kinder "malen" sich die Bilder selber im Kopf.
Kessler: Ich lauschte vor allem, wenn ich krank war - dann lag ich auf der Couch mit einer Decke und hörte meine Märchenplatten. Ich hatte übrigens nur eine "Die drei ???"-Langspielplatte und eine von "Fünf Freunde".
Zimmermann (lacht): Aber du bist ja auch schon ein bisschen älter!
Kann man eigentlich die Geschichten, Märchen und Hörspiele aus unserer Jugend und Kindheit heute noch genauso lesen, vorlesen und hören wie damals? Immer wieder gibt es darüber ja durchaus kontroverse Diskussionen.
Zimmermann: Klar, wenn man als Erwachsener die Grimm'schen Märchen vorliest, denkt man schon: "Oh mein Gott!" - aber man darf nicht vergessen, dass Kinder das ganz anders wahrnehmen. Wenn sie Filme sehen, wo die Sachen gezeigt werden, dann entstehen Bilder im Kopf, die sie nicht so leicht wieder rauszukriegen sind.
Wenn aber die eigene Fantasie die Bilder malt, dann ist es das ja eher eine jungfräuliche Fantasie und die Bilder zur Geschichte sind auch ganz anders.
Kessler: Ich habe auch gerade erst eine alte Geschichte gelesen und da kam dann das N-Wort drin vor. Das muss heutzutage wirklich nicht mehr sein. Das hat man zu der Zeit damals so gesagt und dann auch so geschrieben. Aber heute sollte man beim Vorlesen so was besser überspringen.
Michael Kessler: "Es ist einfach bequem ist, sich etwas vorlesen zu lassen"
Ist der Boom von Hörspielen und -büchern auch ein Zeichen der Sehnsucht nach der Jugend, wo alles einfacher war? Eins Nicht-erwachsen-werden-wollens sogar?
Kessler: Ich glaube, dass es eher etwas damit zu tun hat, dass Leute es heute gewohnt sind, immer etwas nebenbei zu tun. Die wenigsten sitzen ja in der Bahn und schauen einfach so aus dem Fenster.
Der eine checkt seine E-Mails, der andere schaut ein Video – und der nächste hört dann einfach ein Hörspiel oder ein Hörbuch. Wir wollen immer beschäftigt sein, aber Hörspiele oder -bücher lassen nebenbei eben Raum für die eigene Fantasie. Dass es ein Zurücksehnen in die eigene Kindheit ist, glaube ich nicht.
Zimmermann: Es ist einfach eine kleine Flucht aus dem Alltag. Man kann in eine andere Welt eintauchen, ohne visuell zugeknallt zu werden. Mit einem Hörspiel kann man sich einfach auch mal in den Park legen und seiner Fantasie freien Lauf lassen. Es ist ortsunabhängig und eine schöne Abwechslung zum Filmeschauen.
Und auch das ewige Zappen entfällt. Ich bin absolut kein Freund davon. Gerade im Fernsehen oder bei den Streamingdiensten gibt es einfach ein Über-Angebot und es ist oft schwierig, sich auf eine Sache zu einigen, aber wenn man ein Hörspiel anmacht, ist es eine bewusste Entscheidung.
Kessler: Und nicht zu vergessen: Der Hörbuch-Trend hat sicher auch damit zu tun, dass es einfach super bequem ist, sich etwas vorlesen zu lassen. Viele Leute scheuen sonst vielleicht den 300-Seiten-Wälzer.
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