Sie sind jung, attraktiv und die Vorbilder von Millionen Jugendlichen: Instagram-Models sind in sozialen Netzwerken nicht nur Stars, sondern verdienen dort mit ihrem Aussehen auch eine Menge Geld. Über die Kehrseite der Medaille sprach bisher jedoch kaum jemand. Bis Essena O'Neill ihren scheinbar perfekten Fotos ehrliche Bildtexte hinzufügte.
Essena O'Neill ist gerade 19 Jahre alt geworden. Sie ist blond, schlank, attraktiv - und dank ihres Aussehens im Internet erfolgreich. Sie hat auf ihrem Instagram-Account über 700.000 Follower.
Internet-Models wie O'Neill gibt es mittlerweile viele. Sie sind Teenie-Idole - Millionen Mädchen himmeln sie an, wollen so sein wie sie. Millionen Jungs und Männer schauen sie an - weil sie gut aussehen und scheinbar ein unbeschwertes Leben führen.
Doch die Online-Welt der Australierin ist nicht mehr perfekt. Im Gegenteil. Sie hat nämlich die Texte unter ihren Fotos verändert - in ungewohnt ehrliche und vor allem sehr kritische Anmerkungen. Ein Beispiel: "Aufgesprühte Bräune. Tee in der Hand, weil ich für die Werbung bezahlt werde. Kaum Kleider am Körper. Ich war 15. Und ich dachte, das sei inspirierend. Meine Werte waren mein Körper und die Likes. Ich wollte andere zufriedenstellen."
Wer früher als Model erfolgreich sein wollte, musste in jungen Jahren sein Glück auf den Laufstegen suchen. Heute gibt es einen zweiten Weg: Junge Mädchen mit grosser Reichweite in sozialen Netzwerken bekommen Geld für Bild-Postings, auf denen sie - meist möglichst unauffällig - Werbung für Mode- oder Lifestyle-Produkte machen.
Das ist oft harte Arbeit und hat nichts mit der schönen, heilen Welt zu tun, die den Instagram-Fans vorgegaukelt wird. Viele wissen nicht, was sich hinter den Fotos verbirgt. O'Neill spielte das Spiel gerne mit. Heute jedoch schreibt sie: "Machte über 100 Aufnahmen und versuchte, dass mein Bauch gut aussieht. Hatte kaum etwas gegessen an diesem Tag. Brüllte meine kleine Schwester an weiterzufotografieren, bis ich stolz auf ein Bild war."
Auf ihrer neuen Seite "Let's be game changers" (übersetzt: Lasst uns das Spiel verändern) und in einem sehr emotionalen YouTube-Video erläutert O'Neill, was sie dazu bewogen hat, nun ihre Aktivitäten als Instagram-Model zu beenden. "Alles, was ich gemacht habe, war bearbeitet. Social Media ist Fake." Und: "Als ich zwölf Jahre alt war, dachte ich, ich sei nichts wert. In der Zwischenzeit hätte ich so viele tolle Dinge machen können. Doch heute bin ich 19 mit all meinen Followern - und alles fühlt sich komisch und unecht an."
Die Geschichte der 19-Jährigen schlägt im Internet hohe Wellen, viele User unterstützen O'Neill und sprechen ihr Mut zu. Doch auch Kritik bleibt nicht aus - das Model-Business sei eben ein schwieriges, niemand habe sie gezwungen, diesen Weg einzuschlagen.
Eins hat O'Neill auf jeden Fall geschafft: Sie hat über Nacht das Marketing-Tool Instagram zum Thema gemacht. Und vielleicht hilft das dem einen oder anderen Jugendlichen zu erkennen, dass die scheinbar so schöne Welt seiner Idole alles andere als perfekt ist.
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.