In Zeiten globaler Wirtschaftskrisen und Weltuntergangsprophezeiungen für das Jahr 2012 existiert in den USA eine steigende Nachfrage nach renovierten Schutzgebäuden aus der Zeit des Kalten Kriegs.
Luftschutzübungen aus der Zeit des Kalten Kriegs, bei denen Schulkinder unter ihrem Pult auf dem Boden kauerten und auf das Beste hofften, wirken irgendwie absurd – zumindest wenn man die Schwarz-Weiss-Aufnahmen der Atombombenexplosionen sieht, wo innerhalb von Sekunden ganze Kleinstädte ausradiert wurden. Zum Glück konnte nie herausgefunden werden, welchen Wert diese Sicherheitsübungen tatsächlich gehabt hätten. Die "Rote Bedrohung" mag eine ferne Erinnerung sein. Doch das Bedürfnis der Menschen, sich auf das Schlimmste vorzubereiten, ist geblieben – und das in unterschiedlichen Ausprägungen.
Laut dem US Army Corps of Engineers, dem Pioniercorps der US Armee, gibt es in den USA über 10.000 FUDS (Formerly Used Defense Sites). Das sind Schutzbauten, die ehemals zu militärischen Zwecken verwendet wurden, ungefähr 395 davon sind Raketenbasen. Der Begriff umfasst "Einrichtungen, die vor 1986 vom Militär genutzt wurden, um Soldaten (…) auszubilden und zu beherbergen, und um neue Waffen und Kampfmittel zu testen." Das kann im Prinzip alles sein – von einer stillgelegten Raketenabschussbasis bis hin zu einer ordinären Baracke. Als es keinen Bedarf mehr für sie gab, wurden einige dieser Gebäude an Privatpersonen oder Behörden verkauft und anschliessend sich selbst überlassen.
Das ging viele Jahre so. So lange, bis Edward Peden auf den Plan trat. Aus Angst vor einem Atomkrieg kaufte Peden 1985 seinen ersten Bunker, eine stillgelegte Einrichtung für Atlas Raketen nahe Topeka, Kansas. Als er mit seiner Ehefrau Diana zehn Jahre später dort einzog, erhielten die beiden so viele Anfragen für ähnliche Gebäude, dass sie "20th Century Castles" gründeten. Inzwischen hat das Ehepaar etwa 50 Objekte verkauft und seine Marktnische in der Renovierung von Tiefbunkern gefunden. Die Preisspanne reicht von ein paar hundert Tausend US-Dollar bis zu fünf Millionen Dollar für einen Bunker.
"In unserer Gesellschaft gibt es ohne Zweifel immer mehr Zukunftsängste", meint Peden. "Ich erhalte ständig neue Anfragen zu diesen einzigartigen Gebäuden. Die meisten Kunden sorgen sich wegen Klimaveränderungen, Naturkatastrophen, einer Zunahme der Sonnenaktivität, tiefgreifenden Veränderungen in der Gesellschaft und zunehmender Gewalt." Dabei scheint es, als hätten insbesondere ehemalige Militärangehörige Interesse an den sanierten Gebäuden.
Doch sie sind nicht die Einzigen. Die in Kalifornien ansässige Vivos Group hat eine ganze Reihe von Bunkern oder ähnlichen Unterkünften überall in den Vereinigten Staaten gekauft und teilt diese in einer Art "Lebensversicherungs"-Teilzeitprogramm auf. Zu einem Preis von 10.000 bis 50.000 US Dollar pro Person können sich Interessenten einen Platz in einem Tiefschutzbunker sichern – vorausgesetzt, sie bestehen die sorgfältige Prüfung eines Auswahlkomitees.
Sie waren noch nie klettern? Sie können keine Waffe laden? Keine Sorge, die Auswahl ist nicht davon abhängig, wie gut sie ein Gewehr reinigen oder eine Sau häuten können. Die Survival-Fähigkeiten eines typischen Bewerbers sind "minimal, genau deshalb kommen sie ja wegen einer Fertiglösung zu Vivos", sagt Gründer und Geschäftsführer Robert Vicino. "Dennoch sind viele militärisch und polizeilich ausgebildete Profis, hinzu kommen Ärzte, Chirurgen und weitere Spezialisten, um so eine auf alles vorbereitete Bunker-Gemeinde zu bilden."
Im Falle einer Katastrophe hat jede Gemeinschaft "ein umfassendes Regelwerk, Sicherheitsprotokolle und Verordnungen, die von einem Verwaltungsrat mit wechselnder Besetzung und einem Direktor überprüft werden", so Vicino. "Für praktisch jede Eventualität ist vorgesorgt." Eine Unterkunft ist sogar mit einem Weinkeller ausgestattet, der pro Quadratmeter berechnet wird und hinter Schloss und Riegel gesichert ist. Nur die jeweiligen Mieter haben Zugang zu ihrem Abteil. Wenn es also je zum Ende unserer Zivilisation kommen sollte, gibt es immerhin die Gewissheit, dass irgendwo auf der Welt ein paar gute Flaschen Wein sicher verwahrt sind.
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