Alles so schön bunt hier? Nicht mehr. Die Modewelt feiert Beige als DIE neue Sommerfarbe. Dabei sollte man sie nicht abfeiern, sondern davor warnen: Beige ist öde – und lässt fast jeden alt aussehen.

Anja Delastik
Eine Kolumne
Diese Kolumne stellt die Sicht von Anja Delastik dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Beige ist das neue Schwarz. Zumindest, wenn man Modemagazinen wie "Vogue" und "Grazia" glaubt. Die prophezeien schon seit Wochen, dass "beige Kleidung der Trend der Saison ist" oder "Beige zu den angesagten Shades gehört, die Streetstyles-Profis und Modeblogger rauf und runter tragen." Schöne Beige-erung!

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Beige klingt, wie es aussieht

Auch wenn das Wort sich ganz gut für dämliche Wortwitze eignet: Bäääiiisch klingt genauso öde und fad wie es aussieht.

Davon abgesehen, ist der Hautton-Trend nicht neu, sondern ein Revival -- wie alles in der Mode. Was gestern noch "Nude" war, heisst heute wieder wie vorgestern: Beige eben. Der Vorteil von "Nude" (engl. nackt): Auch wenn es genauso langweilig ist, hört sich zumindest aufregend an.

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Sehnsucht nach Natürlichkeit

Also lieber nackt als beige? Das wäre zumindest konsequent. Laut Trend-Experten hat der neue Beige-Hype mit dem wachsenden Interesse an Nachhaltigkeit zu tun – und der Sehnsucht nach Natur und Natürlichkeit. Ergo: Naturfarben.

Packt man einen weiteren Aspekt des gesellschaftlichen Wertewandels hinzu, erklärt sich vielleicht die neue Beige-aulichkeit: Angesichts des gesteigerten Bedürfnisses nach Sicherheit, wirkt kein Farbton harmloser und ungefährlicher -- noch nicht einmal Millennial Pink (so nennt man heute warmes Hellrosa). So nachvollziehbar das sein mag, besser macht es die Welt trotzdem nicht – und auch nicht schöner. Es sei denn, man benutzt Beige zum Pickel-Abdecken.

Dezent und unscheinbar - nur keine Farbe bekennen

Natürlich ist Beige nicht gleich Beige. Während Südeuropäerinnen eher ein softes Karamell bevorzugen, dominiert hierzulande ein trübes Hellbeige, das eigens für deutsche Rentner produziert zu sein schien. Denn Beige galt bisher als Seniorenfarbe. "Nicht so auffällig," sagte auch meine Oma immer und griff stets zu etwas Beigefarbenen. Hauptsache dezent, unscheinbar, bloss niemandem zur Last fallen.

Im RAL-Farbsystem ist Beige unter der Nummer RAL 1001 angelegt, sieht aber eher aus wie Toffee oder ein helles Camel. Karamellfarben eben, vielleicht auch sandfarben. Oder doch eher ein dunkles Creme, Ecru, Eierschale oder Off-White? Beige scheint undefinierbar -- vielfarbig und eintönig zugleich. Perfekt, wenn man irgendwie unentschieden ist, sich nicht festlegen möchte. Wer keine Farbe bekennen will, trägt Beige.

Wer's tragen kann...

Die Modewelt erzählt uns derweil, dass Beige "total einfach zu tragen" sei, vor allem, wenn man sich "von Kopf bis Fuss in Beigetönen stylt." Sicher, das geht, solange man aussieht wie Meghan Markle, dunkles Haar, olivfarbener Teint, oder Gwyneth Paltrow, blond und zart gebräunt.

Für die meisten Normalsterblichen hingegen tut Beige nichts. Zumindest nichts Gutes. Es macht den Teint fahl und lässt einen müde und traurig aussehen. Halten Sie doch mal etwas Beigefarbenes neben Ihr Gesicht. Eine Schüssel mit Porridge vielleicht, ein paar Feinstrumpfhosen oder Miederwaren. Oder Sie stellen sich vor einen alten Trabi. Und?

Ich bin jedenfalls diesen Sommer modemässig raus und "out". Es sei denn, ich ziehe das einzige beigefarbenen Kleidungsstück an, das ich besitze (und kaum trage): meinen Trenchcoat. Dafür müsste der Sommer aber mindestens genauso trüb und trist werden wie seine Trendfarbe. Und das wäre ziemlich beige... eiden.

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