Am 25. Juni 2009, vor sechs Jahren, starb der "King of Pop", Michael Jackson. Wir erinnern uns an seine Geschichte – von Welterfolgen wie "Thriller" hin zu privaten und künstlerischen Tiefschlägen.
Er war vielleicht der grösste Star des 20. Jahrhunderts: Ein Musiker, der mit Perfektionismus Welthits schrieb, der als begnadeter Sänger und Tänzer auftrat und der das meistverkaufte Album aller Zeiten veröffentlichte. Privat war
Michael Jackson wurde am 29. August 1958 in Gary im US-Bundesstaat Indiana geboren. Die Musik war bei den Jacksons Familienangelegenheit: Vater Joseph hatte in den Fünfzigern in der Bluesband The Falcons Gitarre gespielt und entdeckte bald bei seinen Kindern die musikalische Begabung. 1964 stellte er mit Michaels älteren Geschwistern Jackie, Tito und Jermaine die Jacksons zusammen, die wenig später zusammen mit Michael und Marlon Jackson zu den Jackson 5 wurden. 1967 verschaffte er der jungen Band einen Plattenvertrag bei Steeltown Records, nur zwei Jahre später wechselte die Band zu Motown - einem der wichtigsten Erfolgslabels für schwarze Musik. Mit nur elf Jahren wurde Michael zum Leadsänger der Band.
Eine Familiengeschichte
Bald schon regnete es Nummer-Eins-Hits. 1970 kamen gleich vier Singles der Jackson 5 an die Spitze der US-Charts: "I Want You Back", "ABC", "The Love You Save" und "I'll Be There". Mit seiner bemerkenswerten Soulstimme und einer perfekten Geschicklichkeit beim Tanzen rückte Michael immer mehr ins Rampenlicht und wurde schon 1972, mit nur 14 Jahren, zum Solokünstler. Bis 1975 veröffentlichte er neben den Aufnahmen mit seinen Brüdern vier eigene Platten über Motown. Seine Single "Ben", das Titellied des gleichnamigen Horrordramas über die Beziehung eines kleinen Jungen zu einer Killerratte, brachte ihm 1972 eine Oscarnominierung ein.
Vater Joseph managte seine Schützlinge durch all diese Erfolge mit eiserner Hand. Wie später bekannt wurde, verlangte er von seinen Kindern höchste Disziplin und zwang sie zum Üben – bei Ungehorsam drohten Schläge mit dem Gürtel. Auch verbal quälte er seinen Nachwuchs und beschimpfte die Kinder, während er sie zu Höchstleistungen anspornte. In einem Interview mit
Der Sprung ins Erwachsenenleben
1975 wechselten die Jackson 5 zum Label Epic, wo sie mehr künstlerische Kontrolle über ihre Musik erhielten, und konnten unter dem Namen "The Jacksons" weitere Erfolge mit Singles wie "Shake Your Body (Down to the Ground)" und "Blame It on the Boogie" verbuchen. Dennoch war Michaels Stern der, der am sichtbarsten aufstieg: 1977 ergatterte er eine Rolle neben
Das Album hiess "Off the Wall" und wurde 1979 veröffentlicht – eine perfekt produzierte Mischung aus treibendem Discofunk, weichem Soul und wohlklingendem Pop, die sich acht Millionen Mal verkaufte. Aufgenommen war die Platte mit Studioprofis wie Greg Phillinganes, Jerry Hey, Michael Boddicker, Wah Wah Watson und Louis Johnson – versierten Musikern, die den Sound des Achtziger-Jahre-Pops nachhaltig prägen sollten. Michael selber schrieb den energiegeladenen Hit "Don't Stop 'Til You Get Enough", der ebenso an die Spitze der US-Charts kam wie das von Heatwave-Keyboader Rod Temperton verfasste "Rock With You".
Die Weltsensation "Thriller"
Bei allen Erfolgen war nicht abzusehen, welch gigantischer Megaseller sein nächstes Album "Thriller" werden sollte, das 1982 erschien und die Zusammenarbeit mit Jones fortsetzte. Es wurde bald zum erfolgreichsten Album aller Zeiten – bis heute wurden über 65 Millionen Stück davon verkauft. Sieben der neun Songs wurden als Singles ausgekoppelt – darunter die Welthits "Billie Jean", "Beat It" und "Thriller". Neben Ex-Beatle Paul McCartney, der schon auf "Off the Wall" mit Jackson im Duett sang, waren auch Van-Halen-Gitarrist Eddie Van Halen und Schauspiellegende Vincent Price auf dem Album zu hören, das mühelos Grenzen zwischen schwarzer und weisser Musik niederriss.
Jackson wurde mit "Thriller" zum Megastar. Für das 15-minütige Musikvideo zu "Thriller" wurde "Blues Brothers"-Regisseur John Landis angeheuert, der Michael in atemberaubender Choreographie mit Untoten tanzen liess – ein Bild, das sich nachhaltig in die Popkultur einprägen sollte. Nebenbei öffnete Jackson mit seinen Videos die Türen für andere schwarze Musiker, nachdem MTV sich auf seine aufwendig produzierten Clips stürzte. 1983 stellte er seinen neuen Tanzschritt vor, den "Moonwalk". Den hatte er zwar nicht erfunden, wie er selber bereitwillig erklärte, aber er sollte trotzdem zu einem wichtigen Teil des Phänomens Jackson werden.
Erfolge und Gerüchte
1984 trat Jackson noch einmal mit seinen Brüdern auf und veröffentlichte das Album "Victory", aber die dazugehörige Welttournee war sein Abschied von der Band – sein Ruhm war mittlerweile zu gross geworden, als dass er dauerhaft Teil einer Gruppe sein könnte. Bald arbeitete er mit Quincy Jones an einem Nachfolgealbum zu "Thriller", das 1987 unter dem Namen "Bad" erschien. Die Platte setzte auf denselben Sound wie ihr Vorgänger und wurde mancherorts als Enttäuschung gehandelt, weil sie die Rekordverkäufe des Vorgängers unmöglich toppen konnte. Der grassierenden "Jacksonmania" taten Ohrwurm-Singles wie "I Just Can't Stop Loving You", "Man in the Mirror", "The Way You Make Me Feel", "Smooth Criminal" und "Bad" (zu dem Martin Scorsese das Video drehte) jedenfalls keinen Abbruch.
Mit der Sichtbarkeit als grösster Popstar der Dekade wuchsen allerdings auch die Blüten der Regenbogenpresse – und Exzentriker Jackson lieferte ihnen ausführliches Futter. Er kaufte eine Ranch in Kalifornien und wandelte sie zum privaten Vergnügungspark "Neverland" um, mit dem er wie ein überlebensgrosser Peter Pan an seiner verlorenen Kindheit festhielt. In den Schlagzeilen waren wüste Spekulationen darüber zu lesen, dass Jackson in einer Überdruckkammer schlief, um den Alterungsprozess aufzuhalten, und dass er die Überreste des Elefantenmenschen John Merrick gekauft hätte. In den englischen Klatschblättern wurde Michael bald als "Wacko Jacko", der "durchgeknallte Jacko", bezeichnet.
Der langsame Niedergang
Für sein 1991 erschienenes Album "Dangerous" trennte sich Jackson von Quincy Jones und arbeitete stattdessen mit dem New-Jack-Swing-Produzenten Teddy Riley zusammen. Trotz zahlreicher Hits wie "Black or White", "Remember the Time" und "Heal the World" sah man jedoch, dass Jackson nicht mehr auf demselben Erfolgslevel wie früher agierte – was in seinem Fall allerdings immer noch Verkäufe in Millionenhöhe bedeutete.
Zwei Jahre später aber sollte es zu massiven Popularitätseinbrüchen kommen, als ihm vorgeworfen wurde, einen 13-jährigen Jungen auf seiner Ranch "Neverland" sexuell missbraucht zu haben. Jackson traf mit der Familie des Kindes eine aussergerichtliche Einigung, die angeblich mit einer zweistelligen Millionensumme einherging. Dass er 1994 Elvis-Tochter Lisa Marie Presley heiratete, wurde in der Öffentlichkeit als Image-Massnahme in Reaktion auf die Vorwürfe wahrgenommen. Die Tatsache, dass sich die beiden nur 19 Monate später wieder trennten, machte es nicht besser.
Mit dem Album "HIStory" wollte Jackson 1995 wieder an seine musikalischen Erfolge anknüpfen – was mit Singles wie "Scream", "You Are Not Alone", "They Don't Care About Us" und "Stranger in Moscow" nur teilweise gelang. Man merkte, wie Jackson mit der Platte seinen Status als "King of Pop", wie er seit Ende der Achtziger genannt wurde, betonen wollte: Auf dem Cover war er als Goldstatue zu sehen, im Booklet wurde er von zig Prominenten gelobt. Neben den neuen Songs war eine Best-of-Zusammenstellung seiner grössten Hits fester Teil des Albums – was manche vom Kauf abhielt, weil sie die Erfolgssongs ja ohnehin schon hatten. Auf einigen Stücken wehrte sich Jackson sehr deutlich gegen die Gerüchte und Vorwürfe, die gegen ihn in Umlauf waren.
Ein tiefer Fall nach unten
Es war der Anfang vom Ende. Sein 2001 veröffentlichtes Album "Invincible" wurde kaum beachtet und zeigte, wie Jackson nicht mehr Poptrends mitgestalten konnte, sondern ihnen hinterherlief. Schlimmer noch war, dass 2003 weitere Missbrauchsvorwürfe auftauchten, die ihn bis vor Gericht brachten. Er wurde zwar freigesprochen, aber sein Image war nicht zuletzt aufgrund seiner mittlerweile höchst bizarren Erscheinung stark angekratzt: Er redete etwas entrückt, sein Gesicht war von mehreren Schönheitsoperationen verunstaltet.
Wenig später kam der nächste Skandal, als er vom deutschen Hotelzimmer aus Fans begrüssen wollte und seinen elf Monate alten Sohn Prince Michael II mit nur einem Arm über den Balkon hielt. Neverland wurde geschlossen und Gerüchte über finanzielle Schwierigkeiten machten sich breit. Jacksons Stern war tief gefallen: Er wurde nur noch als verrückter, wirklichkeitsfremder Ex-Star gesehen - nicht mehr als jemand, dessen Musik wegweisend war.
Tod durch Vergiftung
2009 startete Jackson den Versuch eines Comebacks: Eine Reihe von Konzerten in der O2-Arena in London sollte ihn wieder als Musiker in Erinnerung rufen. Die Tickets waren schnell ausverkauft, so dass die Zahl der Auftritte bis auf 50 hochgeschraubt wurde. Zu den Shows kam es aber nie: Am 25. Juni 2009 wurde Michael tot zu Hause aufgefunden. Er war gerade mal 50 Jahre alt.
Sein Tod wurde zwei Monate später als Tötungsdelikt bezeichnet: Jackson hatte wochenlang von seinem Arzt Conrad Murray das Narkosemittel Propofol verabreicht bekommen, weil der Musiker an Schlaflosigkeit litt. Er starb an einer Vergiftung durch das Mittel. Murray wurde 2011 wegen fahrlässiger Tötung zu einer Haftstrafe von vier Jahren verurteilt.
Michael Jacksons Vermächtnis
Mit Michael Jacksons Tod traten alle Vorwürfe und Skandale schnell in den Hintergrund: Millionen Fans trauerten um den Sänger und feierten seine Musik. Posthum veröffentlichte Aufnahmen des Musikers, die teilweise bis in die Zeit rund um "Thriller" zurückreichen, werden seitdem dankbar angenommen und rücken den Fokus in Jacksons Geschichte wieder auf das, was ihm am wichtigsten war: Die Musik.
"Ich habe mir immer gewünscht, Geschichten erzählen zu können. Geschichten, die aus meiner Seele kommen. Ich würde am liebsten an einem Feuer sitzen und Geschichten erzählen – meine Zuhörer dazu bringen, Bilder zu sehen, zu weinen und zu lachen, sie gefühlsmässig irgendwohin zu entführen", schrieb Michael Jackson 1988 in seiner Autobiographie "Moonwalk". So traurig Jacksons eigene Geschichte ist – seine Musik bleibt uns, und jede neue Begegnung mit "Thriller" lässt keinen Zweifel zu, wer der "King of Pop" ist.
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