Viele sahen in ihr die letzte grosse Diva der Opernwelt. Die Spanierin Montserrat Caballé, die über die Grenzen ihres Faches hinaus weltberühmt wurde, starb im Alter von 85 Jahren. Ihr Werdegang ist märchenhaft.

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Sie wolle auf der Bühne sterben, hatte Montserrat Caballé gesagt. Die Spanierin, die als die letzte grosse Operndiva galt, tat ihren letzten Atemzug aber in einem Krankenbett in ihrer Geburtsstadt Barcelona, am Samstag im Alter von 85 Jahren.

Die Sopranistin wurde über die Grenzen ihres Faches hinaus weltberühmt. Sie war, wie die spanische Zeitung "El Periódico" zum Abschied ohne jede Übertreibung schreibt, ein Mythos. Das Königshaus in Madrid würdigte Caballé als "Legende der universellen Kultur". Sie sei "die Beste der Besten" gewesen.

Spekulationen um Karriereende wies sie hartnäckig zurück

Gerüchte über ein unmittelbar bevorstehendes Karriereende hatte sie trotz ihres Alters und zunehmender Gesundheitsprobleme bis zuletzt hartnäckig zurückgewiesen. Und den Aussagen hatte sie auch Taten folgen lassen. Erst am 14. April, zwei Tage nach ihrem 85. Geburtstag, trat sie in der ukrainischen Hauptstadt Kiew mit ihrer Tochter Montserrat Martí (45) auf, auch "Montsita", die "kleine Montserrat" genannt.

Obwohl ihre Stimme nicht mehr die alte war, begeisterte sie auch das Publikum in Kiew. Sitzend allerdings, denn nach einem Sturz vor einigen Jahren konnte die zweifache Mutter und Grossmutter kaum noch gehen. Sie war meistens auf einen Rollstuhl angewiesen.

Caballés Leben erinnert an ein Märchen

Das Leben der María de Montserrat Bibiana Concepción Caballé i Folch erinnert an ein Märchen: Die Eltern des am 12. April 1933 in Barcelona geborenen Mädchens verloren im spanischen Bürgerkrieg ihr Hab und Gut. "Wir haben Hunger gelitten", erzählte Caballé. Irgendwann musste sie die Schule verlassen, um als Näherin zum Familienunterhalt beizutragen. Da ihr Talent schon damals zu erkennen war, fand sie Zeit, mit Hilfe von Mäzenen das Konservatorium zu besuchen und erste Auftritte zu absolvieren.

Hunger und Nöte blieben aber vorerst. Mitte der 50er Jahre zog die Familie deshalb als Gastarbeiter in die Schweiz. In Basel feierte die Sängerin 1956 ihr offizielles Debüt. Von 1959 bis 1962 war sie in Bremen engagiert. Nach Aufnahme mehrerer Platten wuchs ihre Fangemeinde vor allem in Deutschland, Österreich und der Schweiz rapide. Den internationalen Durchbruch schaffte Caballé 1965 in der Titelrolle von Donizettis "Lucrezia Borgia" in der Carnegie Hall in New York - als Ersatzbesetzung. Sie wurde so begeistert gefeiert, dass die Metropolitan Opera sie engagierte.

Unvergessener Auftritt mit Freddie Mercury

Einen weiteren Meilenstein setzte die mehrfach ausgezeichnete Sängerin 1992: Mit dem für die Olympischen Spiele in der katalanischen Hauptstadt geschriebenen Song "Barcelona" wurde sie einem breiten Publikum auch jenseits der Opernwelt bekannt. Sie hatte das Stück mit Rockstar Freddie Mercury aufgenommen, der kurz drauf an Aids starb. Caballé erinnerte sich jüngst: "Da standen an der Wiener Staatsoper ganz junge Menschen am Bühneneingang. Die wollten ein Autogramm, sie haben nur gesagt: Sie sind doch die Frau, die mit Freddie Mercury aufgetreten ist."

Caballé wurde bewundert für ihre Vokaltechnik und ihre Interpretationen des Belcanto-Repertoires (Opern von Bellini, Donizetti und Rossini), auf das sie sich schon Anfang der 60er Jahre spezialisiert hatte. Zur Kritik, in der Oper herrsche immer mehr ein Schlankheitswahn, und dem Aussehen der Darsteller werde viel mehr Bedeutung beigemessen als der Stimme, sagte Caballé jüngst: "Ich hatte das Glück, in einer Zeit zu singen, als man nicht zur Oper ging, um sich deine Figur anzuschauen."

Opernstar absolviert über 4.000 Auftritte

Im Laufe ihrer jahrzehntelangen Karriere kam sie auf über 4.000 Auftritte und etwa 90 verschiedene Rollen - sie dürfte damit eine der aktivsten Sängerin der Operngeschichte sein. Sie arbeitete mit Stardirigenten wie Herbert von Karajan, Leonard Bernstein, Zubin Mehta und Claudio Abbado zusammen und trat besonders gern mit ihrem Landsmann Plácido Domingo und dem Italiener Luciano Pavarotti auf. "Pavarotti war wie ein Vater für mich", sagte sie.

Die für ihr lautes Lachen bekannte Künstlerin wurde beim Blick zurück auch wehmütig. Im vorigen Jahr klagte sie: "Die Magie der Oper geht immer mehr verloren." Inzwischen werde fast alles "dem schnellen Erfolg und dem Applaus" geopfert.

Den Kontakt zu anderen Genres der Musik und des Entertainments scheute Caballé nie. Sie trat schon als junge Frau an der Seite von Frank Sinatra auf. Und sie sass bei "Wetten, dass ..?" auf dem Sofa. Neben der Karriere unterstützte sie soziale Vorhaben, förderte den Nachwuchs und galt als Entdeckerin ihres katalanischen Landsmannes José Carreras. Im Leben der Caballé gab es aber auch negative Schlagzeilen: Im Dezember 2015 wurde sie wegen Steuerhinterziehung zu sechs Monaten Haft auf Bewährung und zu einer Geldstrafe von gut 250.000 Euro verurteilt.

und dann ein kleiner Scherz zur Körperfülle

Caballé bekannte sich in ihrer humorvollen Art zwar stets stolz zu ihrer Leibesfülle. Ihr Gewicht machte ihr aber zu schaffen. Mit gesundheitlichen Problemen hatte "La Montse", wie sie von Fans und Medien genannt wurde, vor allem seit Oktober 2012 zu kämpfen, als sie während einer Konzertreise in Russland einen Schlaganfall erlitt, ohnmächtig wurde und sich einen Oberarmknochen brach. Schon davor hatte sie grosse Opernauftritte weitgehend eingeschränkt und sich auf Konzertabende konzentriert.

Bei allen Triumphen und Schwierigkeiten ist die Frau, die seit mehr als 50 Jahren mit dem Tenor im Ruhestand Bernabé Martí (89) verheiratet war, stets bodenständig, herzlich und bescheiden geblieben. Nach dem Tod ihrer engen Freundin Maria Callas im Jahr 1977 hatten viele in ihr die Nachfolgerin von "La Divina" gesehen. Erst vor wenigen Jahren widersprach sie erneut trotzig: "Ich bin keine Diva. Mich als eine Diva zu betrachten, ist absurd! Ich versuche, meine Arbeit einfach nur so gut wie möglich zu machen."  © dpa

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