Endstation für die Schweiz im Halbfinal des ESC 2017: Timebelle ist raus. Der in Pink und Gelb getauchte "Apollo" ist über Kiew abgestürzt.

Eine Glosse

Es hat erneut nicht sollen sein. Die Schweizer Formation Timebelle hat mit ihrem Song "Apollo" den Einzug in den Final des diesjährigen "Eurovision Song Contest" (ESC) verpasst.

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Dabei hat die Truppe am Donnerstagabend in der ukrainischen Hauptstadt eigentlich ganz solide performt, und auch Sängerin Miruna Manescu hat nicht nur die Töne getroffen, sondern es auch einigermassen gut bewerkstelligt, die gigantische Treppe graziös talwärts zu wandern, ohne sich dabei von der Windmaschine verblasen zu lassen.

Die Apologetin einer unumschränkten Beinfreiheit suchte die Nähe zu Live- und TV-Publikum, das aber, so scheint es, nicht ganz warm mit ihr wurde. Bereits zum dritten Mal in Folge verpasste die Schweiz damit den Einzug in den Final.

Tiefe Einblicke ins Cerebrum eines mit LSD befeuerten Einhorns

Wie sehr das doch ziemlich gewagte Farbspiel – Bühnenbild, Kleid und Künstler wurden mit Gelb und Pink überladen – dem Ausscheiden geschuldet war? Man weiss es nicht, wähnte sich aber beim Konsumieren der eidgenössischen Performance definitiv im Gehirn eines Einhorns, dem eine windige Elfe zuvor eine ambitionierte Dosis LSD verabreicht hat.

Wer auf diese Art von Setting setzt, muss damit rechnen, dass die beim Rezipienten akut auftretende Augenentzündung im Nu auch auf dessen Gehörgänge ausstrahlt. Schade, dabei hätten wir diesen "apollonischen" Trip dem weltweiten Publikum am kommenden Samstag schon ganz gern zugemutet.

Dröges Geschehen eines langen Abends

Generell verlief der Abend so, wie man ihn sich erwartet hätte. Grosse Gesten, eine nicht zu knappe Ladung Pathos und Musik vom Band, die von einzelnen Stimmen überlagert wurde. Die meisten der Songs haben bereits hundertfach in den Jahrzehnten zuvor teilgenommen, und nach 1,5 Stunden vor dem TV-Gerät waren auch erst zehn Minuten vergangen.

Soll heissen: Es war keine einfache Zeit. Und der bulgarische Beitrag kristallisierte sich rasch als Favorit heraus.

Der Bulgare aus dem "Tokio Hotel"

Der gerade erst einmal 17 Jahre alte Sänger, der ausgerechnet am Semifinaltag mit einem Bad-Hair-Day zu kämpfen hatte und seinen Song "Beautiful Mess" als offizielle Bewerbung für "Tokio Hotel" instrumentalisierte, stand auch rasch als erster Finalist fest.

Definitiv bis zu 24 Stunden in Erinnerung bleibt wohl auch der Song "My Friend" des kroatischen Sängers Jacques Houdek, der Assoziationen an eine etwas beleibtere Conchita Wurst weckte, zur Überraschung aller ein Duett mit sich gab und gekonnt Luciano Pavarotti auf ESC-"Qualität" runterbrach. Ob dieses Gesamtkonzept jeder richtig gecheckt hat, sei dahingestellt. Im Final antreten darf er dennoch.

Wir jedenfalls leider nicht. Tja, man kann einfach nicht alles haben. Grossartige Berge und Seen, wohl schmeckender Schokolade, international begehrte Banken und jede Menge Käse – das kann uns niemand mehr nehmen. See you in 2018!

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