Die ESC-Debatte zwischen Ikke Hüftgold und dem NDR geht in die nächste Runde. Nachdem der Zweitplatzierte des Vorentscheids in einem Instagram-Post schwere Vorwürfe gegen den öffentlich-rechtlichen Sender erhoben hatte, dementierte die ESC-Redaktion in einer Stellungnahme angebliche Rechenfehler. Unsere Redaktion hat den Partyschlagersänger mit dieser NDR-Reaktion konfrontiert.
Rund anderthalb Monate nach dem ESC-Vorentscheid "Unser Lied für Liverpool" hat
So reagierte der NDR auf die Vorwürfe
Inzwischen hat sich der NDR zu den Vorwürfen geäussert und auf Nachfrage von RTL ausrichten lassen: "Die Abstimmung beim Deutschen Vorentscheid zum Eurovision Song Contest 2023 verlief korrekt und unter notarieller Aufsicht." Sie sei von der gleichen Firma abgehalten worden, die "auch beim Internationalen ESC das Publikums-Voting betreut". Zudem habe Herr
ESC-Debatte geht in die nächste Runde
Auf eine Anfrage unserer Redaktion bezog sich die Pressestelle des NDR auf die genannten "Antworten der ESC-Redaktion gegenüber RTL" und erklärte, dass dem nichts hinzuzufügen sei. Wir haben bei Ikke Hüftgold nachgefragt und ihn mit den bisherigen Reaktionen auf sein Statement konfrontiert. "Soll das wirklich alles gewesen sein?", fragt sich der 46 Jahre alte Sänger und läutet im selben Atemzug die nächste Runde in der ESC-Debatte ein: "Also soll ich jetzt wieder losledern? Mache ich gerne. Ich halte es für ein absolutes Armutszeugnis, dass jetzt weiter gemauert wird." Er habe ganz klare Fragen gestellt und darauf bis heute keine konkreten Antworten bekommen.
"Nach dieser Reaktion zweifle ich alles umso mehr an"
Eine dieser Fragen, die Ikke Hüftgold in seinem Instagram-Post aufwarf, lautete: "Warum verwehrt man den Anrufern (SMS und Telefon-Votings waren kostenpflichtig) und GEZ-Zahlern die Transparenz für ihre Ausgaben?" Darauf angesprochen, erläutert der Sänger: "Ich war nicht nur ein Teil dieser Veranstaltung, sondern ich bin auch GEZ-Zahler. Wie kann es sein, dass man alles hinterm Berg hält? Es ist mir egal, wie oft ich vonseiten des NDR noch zu hören bekomme, dass alles notariell beglaubigt gewesen sei. Nach dieser Reaktion zweifle ich alles umso mehr an. Denn in dieser Aussage steckt alles – nur keine Transparenz. Und die ist das, was ich jetzt erwarte."
Ikke Hüftgold kündigt an: "Es gibt noch mehr Dinge, die ich zu sagen habe"
Sollte er diese Transparenz nicht bekommen, "werden wir uns in den nächsten Wochen eben noch intensiver mit dem Thema beschäftigen müssen", kündigt Ikke Hüftgold an. Denn: "Es gibt noch mehr Dinge, die ich zu sagen habe und die ich weiss. Und diese Dinge werde ich auch öffentlich machen." Die Gefahr, als schlechter Verlierer in die ESC-Geschichte einzugehen, sieht der Sänger, der beim Vorentscheid direkt hinter dem Sieger-Act Lord of the Lost gelandet war, derweil nicht. "Ich habe in meinem Statement deutlich gemacht, dass ich weder rückwirkend das Ticket nach Liverpool erzwingen noch meine geschätzten Musikerkollegen von Lord of the Lost mit meinen Ausführungen infrage stellen möchte. Und dazu stehe ich auch", erklärt der frühere Ballermann-Sänger.
Sänger widerspricht ESC-Redaktion: "Die Tabelle war eindeutig beschriftet"
Den Hinweis der ESC-Redaktion gegenüber RTL, dass die Listen keine Rechenfehler enthalten würden, sondern lediglich missverständlich beschriftet gewesen sein sollen, bezeichnet der Limburger derweil als "schlechten Witz". Hüftgold versichert uns: "Die Tabelle, die mir zur Verfügung gestellt wurde, war eindeutig beschriftet – da gibt es kein Links und auch kein Rechts. Da gibt es Rechenfehler – und in den Summen eine Diskrepanz. Ich finde es lächerlich, dass der NDR nicht mit den Zahlen rausgeht."
Fan-Hinweise liessen ihn aufhorchen
Nicht nur die Rechenfehler, die Hüftgold ermittelt haben will, bereiten ihm Kopfzerbrechen, sondern auch diverse Hinweise seiner Fans, die am Abend des Vorentscheids versucht hatten, per Telefon für seinen Beitrag abzustimmen: "Mich haben Hunderte Menschen kontaktiert, die an diesem Abend nicht durchkamen. Mir wurde sogar ein Video eines sehr verärgerten Fans zugeschickt, das das bestätigt. Bei ihm war ständig besetzt. Er hat das auch als Instagram-Story gepostet. Aufgrund meines Statements wies er mich darauf hin. Nachrichten wie diese erhielt ich nach meinem öffentlichen Statement im Minutentakt." Ein Notar könne laut des Sängers doch gar nicht nachvollziehen, falls da jemand die Leitungen lahmlege. Hüftgold fühlt sich daher um seine Chance beraubt: "Das kann mir doch keiner erzählen. Ein Notar bekommt nur die Anrufe und Nachrichten mit, die auch angekommen sind."
Warum geht Ikke Hüftgold erst jetzt an die Öffentlichkeit?
Der Stachel bei Ikke Hüftgold sitzt offensichtlich tief. Doch was brachte das Fass zum Überlaufen, jetzt, Wochen nach dem Anfang März ausgetragenen Vorentscheid? Denn eigentlich war für ihn "die Reise zum weltgrössten Musikwettbewerb am 3.3.23 mit einem guten zweiten Platz für Ikke Hüftgold beim deutschen Vorentscheid in Köln zu Ende gegangen", wie er in seiner Stellungnahme schrieb. Er habe sich "als guter Verlierer" über seinen Instagram-Account bei allen bedankt, die ihn unterstützen – auch dem NDR habe er am Tag danach gedankt.
Artikel über ESC-Kommentator Peter Urban als Auslöser
Der Auslöser für Ikke Hüftgolds deutliches "Statement über Intransparenz, Klüngel, Vorteilsnahme und Angst einer Sendeanstalt, die von öffentlichen Geldern finanziert wird … dem NDR!" war allem Anschein nach ein Artikel der "Süddeutschen Zeitung". Darin wurde ESC-Kommentator
"Tumb teutonischer Mist"
Unsere Redaktion hat auch Urban über eine Anfrage an den NDR um eine Stellungnahme gebeten und von der ESC-Redaktion folgende Antwort erhalten: "Peter Urban wird am 13. Mai zum 25. und letzten Mal das ESC-Finale kommentieren. Er hat im Podcast 'ESC Update' seine Aussagen bereits klargestellt." Darin gibt Urban zu bedenken, dass "es wirklich so aussieht, als ob ich das gesagt hätte. Und das habe ich nicht". Worte wie "tumb teutonisch" würde er nach eigener Aussage nie in den Mund nehmen. Hüftgold, auf die Klarstellung der ESC-Legende angesprochen, hat seine Zweifel: "Ich frage mich: Welcher Journalist kommt auf die Idee, Herrn Urban eine Wortkombination wie 'tumb teutonischer Mist' in den Mund zu legen?" In dieser Debatte scheint es offensichtlich noch weiteren Klärungsbedarf zu geben …
Verwendete Quellen:
- Gespräch mit Ikke Hüftgold
- rtl.de: Ikke Hüftgold wirft dem NDR Betrug vor – jetzt reagiert der Sender!
- Instagram.com: Ikke Hüftgold
- Eurovision.de: ESC Update: Peter Urban weist Ikke Hüftgolds Vorwürfe zurück
- sueddeutsche.de: ESC-Kommentator Peter Urban – Ende Legende
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.