Deep Purple melden sich mit ihrem neuen Album "Whoosh!" zurück. In den Siebzigern waren sie die Rockmusiker schlechthin. Was es mit ihrer neuen Platte auf sich hat und warum Sänger Ian Gillan vor seinem 75. Geburtstag "wegrennen" möchte, verrät er im Interview.

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"Highway Star", "Child In Time" und natürlich "Smoke On The Water" - mit Klassikern wie diesen prägte Ian Gillan mit Deep Purple in den Siebzigern den Hardrock. Auch 2020 ist für Gillan alles andere als ereignislos - Coronakrise hin oder her. Zum einen feiert der Meilenstein "Deep Purple In Rock" sein 50-jähriges Jubiläum, zum anderen wird der britische Musiker selbst am 19. August 75 Jahre alt.

Doch das alles kümmert den Sänger herzlich wenig - Gillan redet lieber über die neue Deep-Purple-Platte "Whoosh!", während er in Portugal die Sonne geniesst. Über das mittlerweile 21. Studioalbum der Band, musikalische Einflüsse und warum er vor Geburtstagen davonläuft, spricht Ian Gillan im Interview mit spot on news.

Wie bewahren Sie die Ruhe in diesen Tagen?

Ian Gillan: Ich geniesse es sogar. Ich geniesse nicht, dass ich nicht arbeiten kann, aber ich mache das Beste daraus. Ich habe meine Schreibsitzungen früh am Morgen, ich entspanne und lese am Nachmittag. Man entdeckt einige Dinge, wenn man in Quarantäne ist. Mein ganzes Leben lang war ich ein grosser Fussballfan und plötzlich denke ich: "Ich werde mir das nicht mehr ansehen, das ist Quatsch, absoluter Quatsch." Alle fünf Minuten betrügen sie, jemand versucht zu schummeln, um ein Foul oder einen Elfmeter zu bekommen. Das ist total verrückt! Ich habe seit dem Re-Start eigentlich kein einziges Spiel mehr gesehen.

Gibt es stattdessen Aktivitäten, die Sie in der Pandemie für sich entdeckt haben?

Ich schreibe und ich lese - das sind die beiden Hauptaktivitäten. Normalerweise stehe ich gegen vier Uhr morgens auf, wenn es ruhig und friedlich ist. Manchmal gehe ich dann nach draussen und setze mich vor meine Hütte, beobachte das Wasser, lausche dem Gesang der Vögel und trinke eine Tasse Tee. Einmal in der Woche gehe ich einkaufen und ins Restaurant oder so etwas in der Art. Aber im Grunde bin ich einfach nur ein faules Schwein.

Und gibt es bestimmte Musik, die Sie während der Isolation geschrieben haben?

Mein Schreiben hängt nicht von spezifischen Ereignissen ab. Ich liebe es einfach zu schreiben. Ich mache auch kleine Kreuzworträtsel. Steve (Morse), unser Gitarrist - denn diese Jungs üben sechs Stunden am Tag - fragte mich eines Tages im Tourbus: "Was ist das mit den Kreuzworträtseln, worum geht es da eigentlich?" Und ich sagte: "Nun, ich mache das Gleiche wie ihr, ich übe."

Was ist die Quintessenz des neuen Deep-Purple-Albums "Whoosh!"?

Ich glaube, die Hauptbeobachtung liegt im Albumtitel und ist meiner Meinung nach repräsentativ für die vergängliche Natur der Menschheit auf diesem Planeten. Wir sind gekommen und gegangen - oder so gut wie. Und augenzwinkernd denke ich, dass es auch für die Karriere von Deep Purple steht. Es kommt mir vor, als sei es gestern gewesen - dabei war es 1969. Und dann sind wir plötzlich hier: "Whoosh!" - es ist fast vorbei.

Gibt es alte Stücke, die Sie auf Tour nicht mehr gerne spielen?

Nein, wir haben ein schön ausgewogenes Set, wir spielen eine Mischung aus alten Songs, die jeder kennt, aus selteneren Stücken und natürlich einigen neuen. Aber das, was es jeden Abend spannend macht, ist die Improvisation. Als ich ein paar Mal mit Pavarotti sang, sagte er: "Ich beneide dich so sehr: Ich habe dich sechs Mal 'Smoke on the Water' singen sehen und jedes Mal war es anders. Wenn ich eines meiner berühmten Lieder singe und dabei eine Sache ändern würde, würden mich Kritiker und Fans ans Kreuz nageln, weil von mir erwartet wird, dass ich genau die gleiche Version bringe wie meine ursprüngliche Interpretation. Ich kann nichts verändern und es wird wirklich sehr langweilig."

Haben Sie irgendwelche Ratschläge für junge Musiker?

Nun, der Rat, den ich jungen Bands immer gebe, lautet: Probt so viele Stunden am Tag, wie ihr könnt. Unsere Jungs üben immer noch sechs Stunden täglich. Das ist es, was man braucht, um einen guten Standard zu erreichen. Und sich nicht entmutigen lassen. Ausserdem habe ich von einigen Rockmusikern gehört, die gesagt haben: "Oh, wir hören Deep Purple und Led Zeppelin und Black Sabbath" und dann denke ich: "Ist das alles? Hört ihr euch nicht die Dinge an, die uns beeinflusst haben?" Zum Beispiel Chopin oder Mahler oder Beethoven oder Buddy Rich oder Folk-Sänger oder Motown oder Dusty Springfield. All diese Dinge sind eine reiche Quelle an Musik, die man sich in seinen prägenden Jahren aneignen und adaptieren kann - das ist das Wichtigste.

Für Sie gibt es 2020 gleich zwei Jahrestage: Zum einen das 50-jährige Jubiläum des Meilensteins "Deep Purple In Rock" an. Ausserdem am 19. August Ihr 75. Geburtstag. Feiern Sie trotz Corona ein bisschen?

Ich werde davonlaufen, wie ich es immer tue. Das mache ich, seit ich fünf Jahre alt bin. Als meine Tanten und Grossmütter zu Besuch kamen, um mich mit Küssen zu ersticken, zwischen ihren Brüsten zu zerquetschen und mit ihrem Parfüm zu übermannen, bin ich schreiend weggerannt, habe mich im Garten versteckt und bin erst spät wieder zurückgekommen. Aber ich bin inzwischen ein bisschen älter geworden, also gehen wir mit meiner Familie in ein Restaurant in der Nähe oder so.

Wenn Sie auf all die Jahre zurückblicken: Gibt es eine Sache, die Sie bisher nicht geschafft haben, aber noch erledigen wollen?

Ich bin überhaupt nicht ehrgeizig. Ich nehme mein Glück, wie es kommt. Ich bin sehr hartnäckig, ich entwickle gerne Dinge weiter, aber ich strebe nicht nach dem Rock'n'Roll-Highway, sondern nehme gerne die landschaftlich schöne Strecke, atme die frische Luft und geniesse einfach neue Dinge. Und ich ergreife meine Chancen. Einiges war fantastisch, die Pavarotti-Sache zum Beispiel. Wie so viele andere Dinge, die ich in meinem Leben tun durfte.  © 1&1 Mail & Media/spot on news

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