Nach zwei Jahren kehrt Lina Larissa Strahl musikalisch zurück. Was sie in der Zwischenzeit gemacht hat, wie sie auf ihren Ruhm in jungen Jahren zurückblickt und welche Auswirkungen ihre frühe Karriere auf ihre Psyche hatte, erzählt sie im Interview.

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Lina Larissa Strahl (27), als Sängerin auch als Lina bekannt, kehrt mit der Single "Sie weiss (Betty Draper)" musikalisch zurück. Im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news verrät die Schauspielerin und Synchronsprecherin, warum eine Serienfigur sie zum Songtitel inspiriert hat, warum die vergangenen Jahre ein "Prozess des Wachsens und auch des Wandels" waren und wie sie heute auf ihre Rolle als Bibi Blocksberg in den "Bibi & Tina"-Verfilmungen (2014-2017) zurückblickt.

In der Single-Ankündigung heisst es, dass Sie "direkter, klarer und kompromissloser als je zuvor" zurück sind. Was ist damit gemeint?

Lina: Damit meine ich, dass ich mich im letzten Jahr wirklich vollends darauf konzentriert habe, das zu machen, was sich für mich authentisch anfühlt. Mich nicht hinter einer Fassade zu verstecken, oder mich reinpressen zu lassen, in eine künstlerische Darbietung, die mir im Herzen vielleicht gar nicht so nahe ist. Ich habe die Jahre zwischen meiner letzten Albumveröffentlichung und dieser Single dafür genutzt, mich selber noch einmal besser kennenzulernen, mir ein neues berufliches Umfeld zu schaffen, in dem ich mich wohl und frei fühle, meine Ideen und Gedanken in Songs und in eine Vision zu stecken, die ich fühle und an der ich mit voller Energie arbeiten möchte.

Warum war Ihnen das wichtig?

Lina: Durch die vielen Jahre in dieser Branche gab es auch für mich schon mehrere Phasen, in denen ich mich beruflich und künstlerisch etwas verloren gefühlt habe. In denen ich zu sehr darauf gehört habe, was die vielen Meinungen um mich herum sagen und was andere als das "Beste für mich" beschreiben würden. Das Problem an solchen Erfahrungen ist, dass man am Ende Kunst macht, Songs schreibt, jemand nach Aussen ist, der oder die aus Kompromissen besteht und man selber den Zugang zu sich und seiner Kreativität verliert. Es gehört sicherlich auch zu Lernprozessen dazu, solche Phasen durchzumachen, allerdings fühlt es sich tatsächlich deutlich besser an, wenn man aus dem Studio mit einem Song nach Hause geht, den man selber gerne im Auto laut anhört und man das Gefühl hat, für den Moment zumindest, dass alles gerade so ist, wie es sein soll.

"Sie Weiss (Betty Draper)" ist inspiriert von Betty Draper aus "Mad Men", die Sie als eine der spannendsten Figuren aus der Serie nennen. Was macht sie besonders?

Lina: Für mich ist Betty Draper so besonders, weil sie eine Tiefe und Stärke besitzt, die man vielleicht auf den ersten Blick gar nicht so erkennen mag. Ihr Charakter wird unglaublich komplex dargestellt, einerseits als eine Hausfrau und Mutter in den 1960er Jahren, welche recht naiv dem Leben und den Regeln ihres Mannes zu folgen scheint, sich um die Kinder bemüht und ihre eigenen Wünsche und Träume hintenanstellt. Andererseits jedoch bemerkt man schon bald, welche Abgründe auch sie heimsuchen - wie sie sich nach mehr Autonomie sehnt, nach Lust, nach Zuneigung, nach einem Leben abseits ihrer vier Wände und nach einer zwischenmenschlichen Verbindung, die wirklich das ist, was sie vorzugeben scheint. Nach einer Ehe, die nicht auf Lügen und Betrogen-werden basiert, die kein Aushalten ist, sondern in der Betty kompromisslos ihren Wert gespiegelt bekommt, den sie verdient.

Gleichzeitig lernt sie, wie das Leben nun mal so spielt und dass es vielleicht an der Zeit ist, selber die Zügel in die Hand zu nehmen und das Geschehen nicht nur passieren zu lassen. Sie versteht, wie es ist, Geheimnisse zu haben, in moralische Konflikte zu kommen und sich auf unsicheres, aber dadurch umso aufregenderes Terrain zu begeben. Es ist eine grosse Freude, ihrer Figur dabei zuzusehen, wie sie wächst. Wie eine an sich erwachsene, junge Frau teilweise doch noch gefangen ist in einer eher kindlich anmutenden Gedankenwelt und wie diese langsam aufgebrochen wird und immer mehr Freiheit und Stärke in Betty entsteht.

Ist sie Ihnen ein Vorbild?

Lina: Ich denke, sie ist mir definitiv eine Art Vorbild. Beziehungsweise bewundere ich sie an manchen Stellen, soweit man eben eine fiktive Person bewundern kann. In ihr schlummert viel, sie ist viel in ihrem Kopf und sie entwickelt sich mit Ende 20 nochmal zu einer Art Frau, die vielschichtig, stark, selbstbewusst und verletzlich zugleich ist. Eine Frau, die sich im Laufe der Folgen versucht, unabhängiger zu machen, von einem Mann, der ihr gegenüber nicht aufrichtig ist, der sie vielleicht liebt, aber der durch seine eigene kaputte Seele so emotional und egoistisch handelt, dass er andere verletzt.

Was haben Sie mit Ihr gemeinsam?

Lina: Sie lernt, genau wie ich es auch während des Älterwerdens lerne, dass man gewisse Dinge viel mehr hinterfragen sollte. Dass es okay ist, auch mal sich selbst vorne anzustellen und dass es nur natürlich ist, sich zu etwas, oder jemandem hingezogen zu fühlen, der einem vielleicht Sicherheit bringt, bei dem jedoch diese Sicherheit auch nur vorherrscht, solange man selber klein beigibt. Sie lernt, dass Liebe mehr ist, als heile Beziehungen und eine intakte Familie. Dass Liebe auch Sehnsucht ist, Verletzung, moralisch fragwürdig und ein Konflikt aus Wollen und Haben. All das kann ich ebenso auf mich beziehen. Bettys Geschichte mag 60 Jahre eher spielen, jedoch bleiben manche Grundparameter des Lebens und der Gefühlswelt ja unverändert.

Ihr letztes Album wurde 2023 veröffentlicht. Wie haben Sie die Zeit seitdem verbracht, haben Sie sich mehr der Musik, der Schauspielerei oder etwas anderem gewidmet?

Lina: Für mich war die Zeit, nach meinem letzten Album, denke ich sehr wichtig. Die letzten zwei Jahre waren ein Prozess des Wachsens und auch des Wandels. Ich habe Management, Produzenten und Label gewechselt, einen Verlagsdeal abgeschlossen, mich musikalisch und künstlerisch also komplett neu aufgestellt. Natürlich brennt es immer in mir, neue Musik zu Releasen, allerdings haben mein Management und ich uns sehr bewusst dazu entschieden, dem Zeit zu geben. Bis auf einen kleinen "UpUpUp" Techno Remix, gab es von mir in den letzten zwei Jahren nichts Neues zu hören. Vielmehr war meine Arbeit im Studio wichtig, das nahezu tägliche Köpfe-Zusammenstecken und besprechen, welche Schritte die nächsten sind, mit welchen Partnern wir arbeiten und welchen Weg wir einschlagen, um meine Vorstellungen zu erreichen.

Welche Rolle spielen dabei kleine Ausflüge wie etwa der 2024 zu "Let's Dance"?

Lina: Ich bin der Meinung, dass dieser Weg sehr viel Spass machen kann, dass man nicht immer sofort am Ziel sein muss. Dass man nur konsequent an das glauben sollte, was die eigene Vision ist und die richtigen Menschen um sich haben sollte, mit denen kein Weg zu schwierig erscheint, und man so auch kleine Ausflüge machen kann, wie zum Beispiel meine "Let's Dance"-Teilnahme im letzten Jahr. Das Schauspiel ist für mich ebenfalls ein wichtiger Baustein und wenn das richtige Projekt und ich zusammenkommen, nehme ich auch gerne dort die Herausforderung an.

Was mich sehr gefreut hat, war die Synchronisation des zweiten Teils von Disneys "Vaiana". Ich liebe das Synchronisieren und kann es mir ein wenig dadurch erklären, dass in diesem Bereich meine beiden Berufe zusammenspielen. Die Konzentration liegt viel bei der Stimme, im Ausdruck, im Tonfall, in der Melodie und gleichzeitig erfordert es schauspielerisches Talent, da die Emotionen ansonsten nicht richtig in die animierte Figur übergehen. In meinem Hinterkopf habe ich immer die Musik und ich kann es kaum erwarten, dass die Songs nun endlich nicht mehr nur in meiner Dropbox auf meinem Handy liegen werden.

Setzen Sie jetzt wieder den Fokus auf Musik?

Lina: Absolut. Wie eben schon beschrieben galten die letzten zwei Jahre nur dem Säulen bauen und Grundlagen schaffen für neue Songs, neue Musik und auch einer generellen Darstellung von mir nach aussen. Ich kann sagen, dass es viel neue Musik geben wird in nächster Zeit, angefangen damit schon am 11. April. Es fühlt sich für mich an wie ein Neuaufschlag und ich freue mich sehr auf die Veröffentlichungen, Auftritte, Musikvideos und viele, viele kleine und grössere Projekte, die in der nächsten Zeit folgen werden.

Worauf können sich Ihre Fans freuen?

Lina: Da mir die Bindung zu meinen Fans sehr am Herzen liegt und wir schon eine lange Geschichte zusammen haben, dachte ich mir im Kontext zu meiner ersten Single-Veröffentlichung, mit ein wenig Nostalgie zu spielen. Seit meiner "Dein Song"-Teilnahme 2013 ist extrem viel passiert, viele Menschen da draussen begleiten mich sogar schon von Anfang an und ich finde es ist ein schöner Gedanke, nochmal gemeinsam zurückzuschauen, um dann klar und ohne Zurückhaltung mit dem zu starten, woran ich die letzten Monate so viel gearbeitet habe und worin sehr viel Seele und Herz steckt. Ich denke, der Sound, der meine Songs gerade trägt, sorgt für frischen Wind und die Texte mögen zwar auf den ersten Blick gut mit dem Sound einhergehen, lassen jedoch trotzdem an vielen Stellen eine gewisse Sehnsucht und auch Verzweiflung spüren. Manchmal ganz direkt, manchmal in Humor verpackt - so wie ich auch persönlich bin.

Bei Instagram folgen Ihnen über 800.000 Menschen. Spüren Sie eine grosse Verantwortung, was den Content Ihres Accounts anbelangt?

Lina: Bei 800.000 Menschen, die einen "beobachten" oder meinem Content folgen, ist es beinahe unmöglich, sich von der Verantwortung, die damit einhergeht, abzukoppeln. Mir war genau dieser Punkt schon immer wichtig, und ist es auch heute noch. Da ich mich schon seit langer Zeit in dieser Position befinde, schon seit vielen Jahren Social-Media-Accounts habe und auch bespiele, kann man natürlich auch bei mir eine Art Entwicklung erkennen. Ich würde sagen, dass ich über die Jahre hinweg deutlich privater geworden bin. Die 16-jährige Lina hätte vielleicht alles gezeigt, alles für die Öffentlichkeit mitgenommen, sich nicht unbedingt die Grenzen gesetzt, die ich momentan für mich setze und in denen ich mich wohl fühle.

Was möchten Sie dort vermitteln?

Lina: Eigentlich möchte ich auch das nach aussen vermitteln, ein gewisses Wohlfühlen bei dem Content, den ich erstelle. Ich denke, dass Instagram und Co. eigentlich ein Platz sein sollten, wo man sich kreativ zeigen kann, wo Menschen online zusammenkommen und wo schöne Dinge entstehen können. Für mich natürlich auch eine Art Visitenkarte. Leider sehe ich auch, wie viel Negativität online zu finden ist, ohne dass man grossartig suchen muss, wie viel Falschinformationen kursieren und wie manche Naivität, besonders von jungen Menschen, ausgenutzt wird, um sie zum Beispiel in gewisse politische Richtungen zu drängen. An der Stelle klare Kante zu zeigen und den eigenen Account positiv und konstruktiv zu nutzen, ist denke ich, ziemlich wichtig.

Auf Ihrem Account ist ein Video zu sehen, in dem Sie alte Ausschnitte Ihrer Karriere ansehen und dabei emotional werden. Was denken Sie, wenn Sie sich an Ihre Anfänge mit "Dein Song" und Bibi Blocksberg zurückerinnern und die Bilder sehen?

Lina: Die Bilder lösen in mir viele positive Gefühle aus, manchmal wünschte ich sogar, ich könnte noch einmal kurz in der Zeit zurückreisen und erneut in die Situationen schlüpfen. Ich denke, ich bin mittlerweile auch sehr stolz auf alles, was war. Zwischenzeitlich hatte ich so meine Zweifel, besonders, ob mich die starke Assoziation der Menschen von mir zu der doch recht kindlichen Bibi Blocksberg, nicht irgendwann beruflich ernsthaft hindern könnte. Als ich diese Gedanken hatte, nervte es mich auch, wenn Leute mich trafen und direkt die "Bibi und Tina"-Verbindung gezogen haben.

Und heute ist das anders?

Lina: Ja, jetzt muss ich dann lächeln und freue mich, denn ich kann es viel positiver betrachten. Ich weiss, dass ich für viele ein grosses Vorbild war, als sie noch kleiner waren, und mein Ziel wäre es, dass ich genau das auch weiterhin sein kann. Wenn ich in der Hinsicht an mich selber denke, wandern meine Gedanken immer zu Miley Cyrus. Sie war als Hannah Montana alles, was ich jemals sein wollte und sie hat es geschafft, dass ich sie als erwachsene Frau immer noch genauso idolisiere und ich mir bei ihr und ihrem Auftreten Inspiration suche.

Sie haben Ihre Karriere früh begonnen. In Ihrem Mental Health Podcast "Fühl ich" haben Sie über psychische Probleme und Angststörungen gesprochen. Wie hat das Ihre Karriere beeinflusst beziehungsweise wie hat die frühe Karriere ihre Psyche beeinflusst?

Lina: Das ist wahrscheinlich ein Wechselspiel, auch wenn ich glaube, dass meine Karriere fast mehr Auswirkungen auf meine Psyche hatte, als anders herum. Denn schliesslich ergibt sich aus genau diesem Unterdrücken der eigentlichen Gefühle, welche gewissen Aufgaben und Projekten eventuell im Weg stehen könnten, dann eine psychische Belastung. Geht dies über mehrere Jahre so, noch dazu in einem jungen Alter, ist es vielleicht sogar unumgänglich im Nachhinein unter bestimmten, selbstantrainierten Verhaltensweisen zu leiden, oder Ängste zu entwickeln, die gegebenenfalls unter einem anderen Verlauf des Lebens gar nicht so in den Vordergrund gerückt wären.

Andererseits weiss man das nie und ich erinnere mich, dass ich auch als kleines Kind schon sehr tiefe, starke Ängste hatte. Unbegründete, teils existenzielle Ängste, die sich dann oftmals in Vermeidungsverhalten, oder Stress geäussert haben. Da ich selber weiss, wie es ist, mit gewissen Problemen und Gedanken morgens aufzuwachen, lag es mir so sehr am Herzen meinen Podcast ins Leben zu rufen. Auch wenn es etwas floskelartig klingt, wollte ich damit anderen zeigen, dass sie nicht alleine mit ihrem "mentalen Päckchen" sind und dass es okay und sehr wichtig ist, sich Hilfe zu holen. Ausserdem war es mir ein Anliegen über gewisse Stigmata aufzuklären, besonders bei meinem teils recht jungen Publikum, sodass bedrückende Gefühle wie Scham und Einsamkeit hoffentlich bei manchen etwas weniger werden konnten.

Was sind die wichtigsten Erkenntnisse, die Sie in den letzten Jahren über sich gelernt haben und was wollen Sie noch lernen?

Lina: Wahrscheinlich, dass das Leben viele Überraschungen für einen parat hält - manchmal positiv, manchmal negativ. Erkenntnisse sind unter anderem, und auf die stosse ich wahrscheinlich jeden Tag, dass man nicht alles unter Kontrolle haben kann und man manchmal doch auf sein Bauchgefühl hören sollte.

Ich glaube, das Wichtigste im Leben sind Familie und Freunde, eine Verbindung und Menschen zu haben, die einen bei den eigenen Träumen unterstützen. Das gilt natürlich auch in die andere Richtung. Ausserdem ist es schön, an seinen Träumen festzuhalten. Vielleicht muss man manchmal kurz durchatmen, oder sich neu sortieren, neuen Mut sammeln, nur sollte man sich nicht unterkriegen lassen. Ich weiss, das ist leichter gesagt als getan und ich bin wahrscheinlich sogar ein Paradebeispiel dafür, wie sehr man sich stressen kann, sollten Dinge nicht so funktionieren wie man sie sich ursprünglich vorgestellt hat, aber dennoch finde ich Träumen schön.

Und was wollen Sie in Ihrem Leben noch verbessern?

Lina: Verbessern sollte ich definitiv mein Stresslevel, da habe ich noch einiges zu lernen, um meinen (beruflichen) Alltag für mich besser und im Endeffekt auch sorgenfreier zu gestalten. Eine ganz andere Erkenntnis: Ich setze mich meistens ans Klavier und schreibe, wenn ich traurig bin. Die meisten Sprachmemos auf meinem Handy sind langsame Balladen und trotzdem gehe ich aus dem Studio oftmals mit Songs, die einen positiven Vibe haben und Elemente beinhalten, die ein bisschen nach blauem Himmel und Sonne klingen. Vielleicht bin ich einfach beides - fröhlich und melancholisch in einem. (jom/spot)  © spot on news