Die Rockband Linkin Park steht wieder auf der Bühne - mit einer neuen Sängerin. Die Verpflichtung Emily Armstrongs führte im Netz auch zu Kritik. In Hamburg wird die Musikerin gefeiert.

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Gleich zu Beginn steht das Gelingen der Show kurz auf der Kippe. Linkin Park betreten die Bühne und stimmen die ersten Töne ihres Hits "Somewhere I Belong" an. Das Publikum singt lautstark mit - doch ausgerechnet die mit Spannung erwartete neue Sängerin Emily Armstrong hört man kaum.

Schnell wird aber klar: Das liegt nicht an einer dünnen Stimme, sondern an der Soundanlage. Als die Technik besser läuft, legt sich Armstrongs Gesang voll und klar über die Musik. Die Balladen sitzen, die Shouts in härteren Liedern sind kraftvoll. Linkin Park sind wieder da, und sie bringen in Hamburg vor 15.000 Fans ein energiegeladenes Konzert auf die Bühne.

Erstes Deutschlandkonzert von Linkin Park nach tragischem Verlust

Fans mussten darauf lange warten, denn es war der erste Auftritt in Deutschland seit sieben Jahren. 2017 hatte die Gruppe, die mit Songs wie "Numb" und "In the End" zu einer der erfolgreichsten Rockbands der Welt aufgestiegen war, einen tragischen Verlust erlebt: Frontmann Chester Bennington beging im Alter von 41 Jahren Suizid. Die verbliebenen Mitglieder beschlossen daraufhin eine Pause von unbestimmter Dauer.

Deutschland-Konzert der US-Band Linkin Park
Mike Shinoda begrüsste die Fans schon vor dem ersten Song. © dpa / Christian Charisius/dpa

Anfang September verkündete die Band nun ihre Rückkehr. Die 38-jährige Sängerin Armstrong ist dabei nicht das einzige neue Gesicht. Mit Colin Brittain hat Linkin Park auch einen neuen Schlagzeuger, mit auf Tour geht ausserdem der Gitarrist Alex Feder. Er springt für Brad Delson ein, der - so schrieb die Band auf Instagram - weiter Teil der Formation sei, aber keine Tourneen mehr spielen wolle. Auf dem neuen Album "From Zero", das am 15. November erscheint, werde er zu hören sein.

Bevor sich die Band neuer Musik zuwandte, hatte sie offensichtlich auch sämtliches Material aus der Arbeit mit Bennington noch einmal gesichtet. So erschienen posthum einige zuvor unveröffentlichte Lieder wie das tieftraurige "Lost", das es nun auch auf die Setlist der neuen Tour schaffte. Fans hatten schon länger spekuliert, dass sich Linkin Park bei einem Comeback für eine Sängerin entscheiden könnten, um die Vergleichbarkeit mit Bennington zu mindern.

Kritik an Armstrong

Dass diese Entscheidung jetzt gefallen ist, stösst jedoch nicht überall auf Begeisterung. Neben einigen Fans, die Benningtons Erbe lieber unangetastet sähen, meldete sich auch die Mutter des Sängers zu Wort. Susan Eubanks sagte dem Magazin "Rolling Stone", sie sei von der Band nicht über die neue Besetzung informiert worden. "Ich habe das Gefühl, dass sie sich sehr bemühen, die Vergangenheit auszulöschen", meinte sie.

Auch in den sozialen Medien löste die Entscheidung für Armstrong Kritik aus. So wurde der Sängerin vorgeworfen, den mittlerweile wegen Vergewaltigung verurteilten Schauspieler Danny Masterson vor Gericht unterstützt zu haben. Armstrong nahm dazu Stellung und distanzierte sich von Masterson – ohne dabei seinen Namen zu nennen. Sie habe jemanden unterstützen wollen, den sie für einen Freund gehalten habe, schrieb Armstrong auf Instagram. Sie habe ihn falsch eingeschätzt. "Danach habe ich nie wieder mit ihm gesprochen."

Viel diskutiert wurde zudem ein Foto aus dem Jahr 2013, das Armstrong bei einer Gala der umstrittenen Scientology-Organisation in Los Angeles zeigt. Dazu äusserte sich die Sängerin bisher nicht. Das Management von Linkin Park machte auf Nachfrage zunächst ebenfalls keine Angaben.

Begeisterte Begrüssung in Hamburg

Gründungsmitglied Mike Shinoda sagte in einem Interview mit Apple Music, die Arbeit mit Armstrong habe ihm von Anfang an ein gutes Gefühl gegeben. Wie froh es den 47-Jährigen macht, die Songs seiner Band wieder live spielen zu können, war in Hamburg deutlich zu spüren. Schon vor dem ersten Lied begrüsste er das Publikum mit einem strahlenden Lächeln. "Hamburg, es ist schön, euch zu sehen!", rief er in die Menge.

Und die Fans in der Barclays Arena nahmen die Rückkehr mit viel Wohlwollen auf. Auf Schildern wurden die neuen Mitglieder willkommen geheissen, immer wieder hallten "Emily"-Sprechchöre durch den Raum. Auch bei der neuen Single "The Emptiness Machine" zeigte sich das Publikum schon textsicher.

So viel Zuneigung brachte die Band dazu, ihre Fans mit einer Überraschung zu belohnen. Während der Zugabe spielte das Sextett mit "Heavy Is the Crown" einen bisher unveröffentlichten Song. "Er wird bald draussen sein, aber ihr hört ihn zuerst, weil ihr verdammt grossartig seid", sagte Armstrong.

Das zunächst einzige Deutschlandkonzert der "From Zero World Tour" war in kurzer Zeit ausverkauft. Die Band, die mit einer Mischung aus Metal, Rock, Rap und elektronischen Sounds bekannt wurde, trat diesen Monat bereits in Los Angeles und New York auf. Es folgen noch Auftritte in London, Seoul und Bogotá. (Rabea Gruber/dpa/bearbeitet von vit)

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