Frauen sind in der Musikbranche noch immer eine Minderheit - das zeigt sich nicht nur bei den Chartplatzierungen, sondern gilt erst recht für die Jobs hinter den Kulissen. Anlässlich des Internationalen Frauentags schildert die Berliner Sängerin und Songwriterin ela. ihren Blick auf das Geschlechterverhältnis in der Branche.
Als ich mit 16 im Studio anfing meine Songs zu schreiben, war ich meistens nur von Männern umgeben. Und selbst 10 Jahre später hat sich nicht so viel verändert.
Letztens sass ich wieder im Studio und habe an meinem zweiten Album gearbeitet. Plötzlich ist mir aufgefallen, dass ich gerade die einzige Frau zwischen fünf Männern bin: den zwei Produzenten, dem Praktikanten, meinem Artist & Repertoire Manager und dem Plattenfirmen-Chef. Verrückt, oder? Und dann musste ich feststellen: Das passiert nicht nur mir.
Dabei sind wir so viele Frauen in der Musikbranche, und trotzdem bekommen wir selten die Plattform, unsere Musik und Kunst zu präsentieren. Echt schade, denn dadurch geht doch so viel Vielfalt verloren.
ela.: "Zu einer starken und unabhängigen Frau erzogen"
Ich bin in einem sehr emanzipierten musikalischen Haushalt gross geworden; meine Mama war Opernsängerin und immer darauf bedacht, unabhängig zu sein. Egal wie schwer es auch manchmal für uns war, vor allem in den damaligen Zeiten in der Ukraine, sie hat sich nie von irgendwelchen veralteten Rollenbildern und Strukturen unterkriegen lassen.
Als ich mit 7 ½ Jahren mit ihr nach Deutschland für einen Neuanfang kam, hatten wir nicht mehr als zwei Taschen dabei. Trotz der Schwierigkeiten als Einwanderin und der Verantwortung, ein neues Leben aufzubauen, da mein leiblicher Vater gerade verstorben war, hat sie immer die Kraft in sich gefunden, mich zu einer starken und unabhängigen Frau zu erziehen.
Wenn man so einen Weg hinter sich hat, ist man noch viel motivierter, ein Zeichen zu setzen und sich für den Fortschritt der Gleichberechtigung, nicht nur für meine Musikwelt, sondern für die gesamte Welt, einzubringen.
Obwohl wir bereits eine positive Entwicklung in der rechtlichen Gleichstellung der Frau in den 70er und 90er Jahren erreicht haben, gibt es Handlungsbedarf in der gesellschaftlichen Gleichstellung. So können viele Frauen in Europa immer noch nicht frei über ihren Körper, etwa im Falle einer Abtreibung, verfügen. Wir sind noch weit von Geschlechterparität entfernt, sowohl in öffentlichen Ämtern als auch in der freien Wirtschaft. Dennoch wird die Frauenquote vielfach abgelehnt.
Des Weiteren werden Frauen in Gehaltsverhandlungen und somit auch bei der Bezahlung benachteiligt. Zudem herrscht immer noch eine ungleiche Erwartungshaltung in der Verteilung von Haus- und Erziehungsarbeit. Das führt dazu, dass Frauen unbezahlte Mehrarbeit ausführen müssen, dass zum Beispiel die Kindererziehung neben der Berufstätigkeit hauptsächlich in der Verantwortung der Frauen liegt.
Frauen in der Teilzeitfalle und bedroht von Altersarmut
Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf wird nach wie vor als Aufgabe der Frau gesehen. Viele Frauen können aufgrund der Teilzeitarbeit neben der Hausarbeit in Altersarmut geraten.
Die Geschlechter-Ungleichheit zeigt sich auch sehr stark darin, dass Frauen bis heute in den Medien und spezifisch in der Werbung sexualisiert und auf ein spezifisches Coverbild reduziert werden. Und, und, und ...
Deswegen liegt mir der Weltfrauentag besonders am Herzen und ich hoffe, dass die nächste Generation der Frauen auf verbesserte gesellschaftliche Strukturen stossen wird. Und dass andere Musikerinnen nicht mehr wie ich in ihren Songs schreiben müssen "Ich bin genervt" (aus "Ehrlich kompliziert", Anm. d. Red.) - ehrlich, kompliziert ist es nicht.
ela. - "Wenn unsere Zeit gekommen ist"
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