Als ein Roadie auf die Bühne kam, um ein halbtotes Glühwürmchen von der Bühne zu kehren, gab es im Münchner Publikum schon erste Helene-Erscheinungen samt Anflügen von Schaum in den Mundecken und leichten Zuckungen unter feuchten Augen. Irgendwo stand, der Konzertfilm sei ein Trost für jene Fans, die das Konzert am 20. August auf dem Münchner Messegelände verpasst und es nur schlecht verkraftet hätten, dass die Weihnachtsshow der Fischer Helene im TV erneut storniert wurde. Was sollen die am 25. Dezember jetzt machen? Das mit den Geschenken und dem Baum, oder wie? Und wieso sah man den Silbereisen Flori im Konzertfilm nicht?

Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Robert Penz dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Immer wenn die Fischer Helene in München konzertiert, herrscht dort Ausnahmezustand. Die Hotelpreise verdoppeln sich, Menschen mit flackernden Augen schieben sich in "Atemlos"-T-Shirts durch die Innenstadt und im Englischen Garten basteln eigenartige Menschen Helene-Puppen aus Rosshaar, Ochsenblut und geriebenen Handyhüllen, die sie dann teuer verkaufen.

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In einem edgy Bezirk von München offerierte eine zwielichtige Gestalt auch eine "Silbereisen Flori"-Puppe, die, wenn man ihr auf den Kopf schlug, "Eins kann mir keiner nehmen. Und das ist die pure Lust am Leben" singen konnte, worauf man ihr gleich die nächste scheuern wollte, sich aber zurückhalten musste, weil sie ja sonst wieder zu singen begonnen hätte. Ganz gesund ist das alles ja nicht.

Florian Silbereisen im Konzertfilm nicht zu sehen

21:25 Uhr: Viele sind jetzt schon sauer! Weil sie bereits wissen, dass der in 20 Minuten startende "Helene Fischer"-Konzertfilm beinhart den Silbereisen Flori nicht vorkommen lässt. Dabei hat der seine Ex, die Fischer Helene, damals am 20. August 2022 vor 130.000 Menschen an der Messe in München angekündigt und sich vor Ekstase selbst beinah ins Höschen gemacht.

21:30 Uhr: "Wir sind alle klitschnass, aber das ist scheissegal. Hinter der Bühne steht sie, die unglaubliche Helene. (…) Sie ist heiss, sie ist mittlerweile genauso nass, so durchgeschwitzt wie ihr, doch das ist völlig egal", hat der Silbereisen Flori damals die Fischer Helene angekündigt, was der ZDF-Konzertfilm eben beinhart ausspart, was wiederum viele verärgert. Da tut es auch überhaupt nichts zur Sache, dass der Silbereisen Flori eh lauter Blödsinn geredet hat, weil natürlich wird es nicht allen egal gewesen sein, ob die Fischer Helene vom Regen "genauso nass" oder einfach "so durchgeschwitzt" ist. Lieber eine vom Regen nasse als eine vom Schweiss stinkende Fischer Helene. Im Backstage-Bereich wird’s ja wohl auch nicht so arg geregnet haben wie damals im VIP-Bereich, auf den wir später vielleicht noch zu sprechen kommen. Dort war’s ja, wie einige Bilder verraten haben, relativ lustig. Halt vielleicht nicht so für die Leute vor Ort. Für die VIPs.

21:38 Uhr: Es ist jedenfalls traurig, dass der Silbereisen Flori nicht zu sehen ist. So wie der immer spricht, ja? So wie der die Sachen immer betont? Ganz normal und authentisch ist das ja nicht, oder? Muss privat auch ganz schön anstrengend sein mit ihm. "Du Flori, kannst du mir kurz sagen, wie spät es ist?" "Ja, klar! Na Wahnsinn! Es ist 20:45 Uhr und ganz sicher das beste 20:45 Uhr, das wir je hatten. Wuuuh! Ist bei auch allen auch 20:45 Uhr? Sollte es bei euch schon 20:46 Uhr sein sollte: Egal! Eins kann uns keiner nehmen: Und das ist die pure Lust am Leben. 20:45 Uhr? Ja, Wahnsinn!"

21:45 Uhr: Oh, Gott! Die Fischer Helene ist aufgetaucht. Einfach sehr schön sie ist! Einfach imposant sie ist. Sie trägt ein kunstvoll geknotetes, schwarz-weisses Fischernetz oder ist es einfach nur ein ein bisschen schlampig geklöppeltes Kleid aus irgendeinem Supermaterial? Egal! Ihre Schuhe sehen jedenfalls aus wie das Innenfutter von Skischuhen. Sehr seltsam! Vielleicht hat sie es bei der Probe zunächst eh mit den ganzen Skischuhen probiert, um dann draufzukommen, dass die ganzen Skischuhe die Bewegung ein bisschen einschränken. "Wieder was gelernt!", wird sie sich gedacht haben und es künftig nie wieder mit ganzen Skischuhen, sondern gleich nur mit dem Innenfutter versuchen, wenn sie klobige, aber gleichzeitig bequeme Schuhe für ihren Auftritt braucht. Die Fischer Helene singt den Song "Genau dieses Gefühl". Ja, Wahnsinn!

Helene Fischer fliegt über die Köpfe ihrer Fans hinweg

21:49 Uhr: Eine riesige Schlaufe eines Seils kommt von oben zur Fischer Helene herunter. Sie hängt sich einfach ein und fliegt über die Köpfe der Fans hinweg schnurstracks zur nächsten Bühne inmitten der Menschenmassen. Der Konzertfilm dauert jetzt schon fünf Minuten und sie hat immer noch dieses Fischernetz mit dem Supermaterial an, das unten ausgefranst und, wovon auch immer, total nass ist. Die Fans finden das Kleid geil, das merkt man. Die Fischer Helene singt jetzt den Song "Jetzt oder nie". Er ist leider nicht geil. Er ist miserabel. "Jetzt oder nie. Morgen kann alles vorbei sein. Jetzt oder nie. Das hier wird unsere Zeit sein."

21:53 Uhr: Die Fischer Helene fordert München zum Mitsingen auf: "München, komm sagt!". München kommt gleich multipel, weil ihre Göttin danach auch noch "Das wird ein magischer Abend!", sagt.

21:57 Uhr: "Mein Herz zerspringt in alle Teile", freut sich der Superstar und singt den Münchnern jetzt "Hundert Prozent". Ihr Herz zerspringt vermutlich auch deshalb in alle Teile, weil das Skischuh-Innenfutter, wo sie doch sonst eh schon so nass ist, den Münchner Starkregen halbwegs abweisen kann, was man sich bei einem Skischuh-Innenfutter eigentlich gar nicht gut vorstellen kann. Egal! Aber vermutlich kann das Skischuh-Innenfutter-Team von der Fischer Helene einfach auch sehr gut imprägnieren.

VIP-Fans nicht zufrieden

22:06 Uhr: Richtig schade, dass man in dem Superkonzertfilm nicht auch ein paar Bilder aus den VIP-Bereichen sieht, wo Leute, die bis zu 1.300 Euro für den "Playback-Scheiss", wie ein damals nicht zu 100 Prozent zufriedener, inzwischen Ex-"Fischer Helene"-Fan die Musik genannt hat, reihenweise einen Cholerischen bekommen.

22:10 Uhr: Helene Fischer singt "Wir sind auf dem Weg, für den Flug bereit" aus dem Song "Flieger", während sie erneut abhebt und über den Köpfen der Münchner durch den Regen fliegt. Irgendwer meinte kürzlich, dass er sich sicher sei, sie jüngst auch über der Münchner Kaufinger Strasse beim Shoppen in so einer Art "Flying Fox" mit ein paar Einkaufstaschen in der Hand gesehen zu haben. Ob man das glauben kann?

22:13 Uhr: Die Fischer Helene taucht jetzt für alle total überraschend aus dem Boden auf. Mal kommt sie von oben, mal von unten – eine Dramaturgie, die die Fans reihenweise aus den Latschen kippen lässt. Was seltsam ist: Zwar hat die Fischer Helene noch immer dieses Fischernetz mit dem Supermaterial an, aber die Fransen unten sind jetzt etwas kürzer. Sehr raffiniert! "Ich hab eine Superidee Helene. So zirka nach einer halben Stunde, wenn die Tänzer gerade alleine performen, schneid ich dir backstage schnell die Fransen kürzer, was total geil, gleichzeitig aber auch nicht jeder merkt und somit irgendwie subtil ist. Was hältst du davon?", wird der im Fischer-Team für die Fransen Verantwortliche zur Fischer Helene gesagt haben. "Das fände ich total geil und gleichzeitig aber auch, weil's nicht jeder merken wird, irgendwie subtil, wenn du mir backstage schnell die Fransen kürzt", wird die Fischer Helene ungefähr geantwortet haben. Gute Zusammenarbeit, so wichtig.

22:18 Uhr: Das Publikum jubelt nach dem ersten Takt des nächsten Liedes, was dafür spricht, dass der Song bekannt ist. Er muss dafür bekannt sein, besonders schlecht zu sein. Eine andere Erklärung gibt es nicht. Auch der Text bringt es überhaupt nicht. "Komm, wir bleiben, lassen uns treiben. Drehen uns im Licht, bitte halt nur mich! Alles an dir zieht mich magisch an, wie du dich bewegst, reisst mich in deinen Bann. Liebe ist ein Tanz, komm, tanz mit mir! Liebe ist ein Tanz, ich will dich bei mir spürn'."

22:22 Uhr: "Der nächste Song ist ein sehr, sehr persönliches Lied. Ich hab darin viel verarbeitet, war sehr, sehr ehrlich und hab meinen Gefühlen freien Lauf gelassen", sagt die Fischer Helene über "Hand in Hand", an dessen Ende sie auch noch ein zärtliches "Ich liebe dich" ausstösst. Dazwischen singt sie Zeilen wie diese: "Wie oft wollte ich Glut, doch war da nichts mehr als Asche? Wie oft war ich doch dankbar für all das Gute, was ich hatte?" Sicher macht Geld allein nicht glücklich, aber ganz ehrlich: Besser Asche haben als keine Asche haben! Und wenn man in Österreich "in der Glut" ist, ist man mörderisch betrunken, weshalb der Song vielleicht auch ein bisschen "open to interpretation" ist.

22:30 Uhr: Endlich! Die Fischer Helene hat ihr geklöppeltes und kunstvoll geknotetes Fischernetz ab- oder irgendwo ausgeworfen und sich einen hautengen, schwarzen Kampfanzug mit freigelegter Taille und schwarzen Springerstiefel angezogen. Selbst die In-Ear-Monitors, die zuvor weiss waren, sind jetzt passend zum Kampfanzug in Schwarz gehalten. Voll zum Durchdrehen, diese Perfektion! Apropos: Sie kämpft sich jetzt durch den Song "Wenn alles durchdreht", der diesem Abend den Namen gegeben hat.

22:35 Uhr: Gemeinsam mit den 130.000 Fans reisst die Fischer Helene jetzt den Song "Mit keinem andern" an. "In zerrissenen Jeans um die Häuser ziehen, das kann ich mit…" singt sie und lässt die Zeile vom Publikum, das ein fettes Mitarbeitsplus bekommt, und der Fischer Helene ein "KEINEM ANDEREN!" entgegenschmettert, vollenden. "Das ist einfach der schönste Tag in meinem Leben", werden sich viele im Publikum – vielleicht auch nachdem sie kurz zu ihrem langjährigen Partner, der in seinem karierten Regenponcho irgendwie ein ganz schön trauriger Anblick ist und sicher den nächsten Hochzeitstag auch wieder vergessen wird, geschaut haben – gedacht haben.

22:40 Uhr: "Ich kuck Helene Fischer normal nicht, aber Papa ist Fan und schaut sie sich an, so haben wir was zum Reden", schreibt jemand auf Twitter, der Glück hat, dass Papa kein Fan der jungen "Dolly Buster" ist.

Fischers bislang grösstes Konzert

22:42 Uhr: Zu sanfter Klaviermusik richtet die Fischer Helene jetzt ein paar Worte an ihr Publikum. "Ich hab viel, viel erlebt in meiner Karriere. Aber das ist mein bisher grösstes Konzert. Schon im Vorfeld hat mich das mit Glück erfüllt, aber ich konnte mir nicht vorstellen, wie sich das anfühlt", erzählt sie. Auch sie habe sich Sorgen gemacht um die Zukunft. Auch weil sie Mama geworden sei. Das Publikum jubelt. "Ich hab mich gefragt, wie es sein kann, dass wir im 21. Jahrhundert noch immer sowas wie Hass empfinden können", sagt die Fischer Helene zu ihren Leuten. Sie singt jetzt den Song "Wann wachen wir auf?", den sie zu diesem Thema geschrieben hat. In der zweiten Klasse Gymnasium hätte der Deutschlehrer das vermutlich mit einem "Du hast dich wirklich sehr bemüht, Helene" kommentiert. "Lass uns wieder mit unsren Herzen schauen. Wann wachen wir auf? Was hält uns noch an? Lass uns aus all den Mauern Brücken bauen. Wann wachen wir auf?"

22:49 Uhr: Der Kampfanzug und die Springerstiefel dürften nicht allzu bequem gewesen sein, weshalb sich die Fischer Helene ein grosses und orange-blau-braunes Aquarell, das sie von irgendeiner Wand gerissen haben dürfte, schnell ohne den Bilderrahmen angezogen hat. Für das rechte Bein war das Aquarell leider nicht gross genug, weshalb es gänzlich nackt bleibt, was aber irgendwie auch cool und gewollt aussieht.

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22:53 Uhr: "Ihr habt mich definitiv heute Abend in einen Rauschzustand versetzt", sagt die Fischer Helene, in deren Körper es nach eigener Aussage total wummert. "Ich glaub, ein Song fehlt noch, oder?" fragt sie das Publikum, das jetzt vor lauter Glückseligkeit mindestens die ganze Welt nicht mehr versteht und Laute von sich gibt, die an hyperaktive Schimpansen erinnern. Die Fischer Helene singt indes in einem Korb, den ein Kran über die Meute schiebt, was im Vergleich zum Highend-"Flying Fox", der sie eine Dreiviertelstunde zuvor durch die Luft schweben hat lassen, total abstinkt. Das ist ungefähr so, wie wenn der Bieber Justin den ersten Song des Abends aus dem offenen Verdeck eines 57er-Bugattis performt und den finalen Track am Ende eines bombastischen Gigs dann vor den drölfzig Millionen Leuten durch das gerade mal fünf Zentimeter heruntergelassene Seitenfenster eines "Opel Kadetts" pressen würde.

23:00 Uhr: Die Chose ist zu Ende. Obwohl Helene Fischer ein absoluter Vollprofi ist und durchaus singen kann, war es wieder ein hartes Stück Abend, dem der Silbereisen Flori schon auch ganz gut getan hätte. Ja, Wahnsinn! Es ist sicher das beste 23:00 Uhr, das die Welt je gesehen hat. Ja, Wahnsinn. Egal sowieso!

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