Klaus Baumgart vom Duo Klaus und Klaus spricht im Interview über 40 Jahre "An der Nordseeküste", "Grünkohl-Partys" in Asien und eine bevorstehende Kreuzfahrt mit Otto Waalkes.
Ihre Lieder sind Kult. Von "Da steht ein Pferd auf dem Flur" über "Der Eiermann" bis hin zu "An der Nordseeküste": Jeder kann die Songtexte von Klaus und Klaus mitsingen – "egal ob wir unseren Hit bei Konzerten in China, Costa Rica oder in den USA anstimmen", verrät Klaus Baumgart gegenüber unserer Redaktion.
Die inoffizielle "norddeutsche Nationalhymne" feiert in diesem Jahr 40-jähriges Jubiläum. Wir haben mit Baumgart über die Erfolgsgeschichte des Gold-Hits gesprochen, bei der damals sogar der "Wettergott" seine Finger im Spiel hatte. Zudem erinnert der 69-Jährige an glorreiche "Grünkohl-Partys" in Asien und verrät, wo das Duo Klaus und Klaus heute auftritt.
Herr Baumgart, Sie feiern in diesem Jahr Hit-Jubiläum von "An der Nordseeküste". 1984 wurde der Song erstmals veröffentlicht, zwei Jahre später gab es Gold für diesen Kult-Hit des Duos Klaus und Klaus. Welche Erinnerungen haben Sie an Ihre glorreichen 80er-Jahre?
Klaus Baumgart: Es war einfach eine geile Zeit. Ich erinnere mich noch gut daran, dass wir die Nachricht von dem Charteinstieg des Songs "An der Nordseeküste" während einer Tournee erhalten haben. Später wurden wir auch für das gleichnamige Album mit Gold ausgezeichnet. Um diesen Status zu erhalten, musste man damals noch mindestens 500.000 Schallplatten verkaufen.
Hatte eine Goldene Schallplatte damals also noch eine ganz andere Wertigkeit für Künstler?
Aber ja. Wen interessiert denn heute noch, ob du eine Goldene bekommst? Für uns war das damals jedenfalls ein Riesending. Heute gibt es so viele komische Charts, die zum Grossteil kaum Aussagekraft haben. Wobei wir uns damals auch geärgert haben, dass unsere erste Single "Da steht ein Pferd auf dem Flur" zwar weit über 100.000 Mal verkauft wurde, aber dennoch nicht in den Charts vertreten war. Wir hatten diese Single zuerst nur im Norden verkauft und erst danach in anderen Bundesländern. Um überhaupt in die Charts zu kommen, musste man allerdings bundesweit Verkäufe erzielen.
Stehen Sie heutigen Streaming-Diensten wie Spotify kritisch gegenüber?
Du kannst dich neuen Sachen nicht komplett verwehren. Man muss immer beide Seiten betrachten. Ich als Künstler finde es durchaus interessant, bei Spotify zum Beispiel zu sehen, dass "An der Nordseeküste" fast acht Millionen Klicks hat. Mit Spotify und Co. habe ich kein grosses Problem. Weniger witzig finde ich jedoch die Entwicklung, dass in den grossen Fernsehsendungen immer dieselben Leute auftreten. Wenn ich einschalte, bin ich mir manchmal nicht sicher, ob gerade die aktuelle oder die Show aus dem Vorjahr ausgestrahlt wird. Da hat mir die "ZDF-Hitparade" früher schon besser gefallen: Wenn du gewonnen hast, konntest du davon ausgehen, dass in der darauffolgenden Woche 50.000 bis 80.000 Singles verkauft wurden.
Sind Sie froh, in der guten, alten "Hitparaden"-Zeit mit der Musik angefangen zu haben?
Im Grunde genommen brauchst du heute nichts Neues mehr veröffentlichen, weil dir kaum noch eine Plattform gegeben wird. Wenn man 40 Jahre dabei ist, kann man natürlich alles ein bisschen relaxter sehen. Und auch wir waren früher nicht mit allem einverstanden: Klaus und Klaus waren zum Beispiel nie ein Thema für den Rundfunk. Im Radio wurden wir so gut wie nie gespielt.
So wurde "An der Nordseeküste" zum Hit
Auch ohne die Unterstützung des Rundfunks avancierte ausgerechnet der regional anmutende Song "An der Nordseeküste" vor 40 Jahren zum bundesweiten (Kassen-)Schlager. Wie kam das zustande?
Der Titel "An der Nordseeküste" lief zu der Zeit hier bei uns in Norden in jeder Musikbox. Da der Sommer total verregnet war, sassen die Leute, darunter auch viele Nordsee-Urlauber, ständig in der Kneipe und wurden andauernd von unserem Lied beschallt. Nach ihrem Urlaub gingen dann viele in die Läden und kauften sich die Platte. Der Wettergott hatte also einen gewissen Anteil daran, dass wir auf einmal in den Charts vertreten waren (lacht).
Heute, 40 Jahre später, wird die "inoffizielle Nationalhymne Norddeutschlands" nach wie vor bei vielen Partys gespielt und mitgesungen. Sind die Menschen zum Beispiel in Bayern genauso textsicher wie im hohen Norden?
Ja, sogar über Deutschland hinaus. Auch in Österreich und der Schweiz hat die "Nordseeküste" damals die Top 10 der Charts erklommen. Und in den Benelux-Ländern ist der Titel nach wie vor beliebt. Heute kennen alle den Text – egal ob wir unseren Hit bei Konzerten in China, Costa Rica oder in den USA anstimmen.
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Klaus und Klaus konzentrieren sich auf Kreuzfahrten
Sind Sie heute noch viel auf Reisen oder ist es um Klaus und Klaus mittlerweile etwas ruhiger geworden?
Wir sind nach wie vor viel unterwegs, lediglich die Orte, an denen wir auftreten, haben sich ein bisschen verlagert. Wir konzentrieren uns aktuell stark auf Kreuzfahrten. Zum Beispiel werden wir vom 23. bis 30. April mit der AIDA die Route Hamburg-Norwegen-Hamburg zurücklegen. Das Schöne daran ist, dass ich in meiner Heimatstadt einchecken und eine Woche später wieder auschecken kann. Das ist schon eine grosse Sache, schliesslich werden
Sind Sie auch privat ein Kreuzfahrt-Fan?
Mittlerweile schon. Früher konntest du mich jedoch mit Kreuzfahrten jagen. Wenn man sich aber einmal darauf eingelassen hat, wird man nahezu süchtig danach. Und aus Künstlersicht sind die technischen Voraussetzungen auf diesen Luxusdampfern natürlich optimal. Ich bin sehr froh darüber, dass ich das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden darf.
Viel Zeit zur Erholung werden Sie nach Ihrer Kreuzfahrt nicht haben, da Klaus und Klaus zum Line-up der "U104 Schlagerreise" Anfang Mai auf Mallorca gehört.
Stimmt, nach unserer Rückkehr nach Hamburg brauchen wir unsere Koffer gar nicht erst auspacken, da es für uns nur einen Tag später schon wieder weitergeht. Wir werden vom 1. bis 8. Mai auf Mallorca sein. Unser alter Klaus-und-Klaus-Slogan "Wir bereisen die Welt von Sylt bis Singapur und von Papenburg bis Peking" ist in leicht abgewandelter Form insofern heute noch aktuell.
Sie spielen auf die legendären "Grünkohl & Pinkel-Partys" von Klaus und Klaus in Asien an, richtig?
Ganz genau. Mit diesen "Grünkohl-Partys" waren wir früher regelmässig in Singapur und China. Hauptsächlich haben natürlich Deutsche, die dort gearbeitet haben, mit uns gefeiert. Aber auch Einheimische haben sich immer wieder darunter gemischt. Es hatte schon etwas Völkerverbindendes, als wir den chinesischen Partybesuchern dabei zusehen konnten, wie sie Grünkohl und Bregenwurst mit Stäbchen assen. Diese schönen Bilder werde ich nie vergessen.
Klaus Baumgart schrieb den Song "Es gibt nur ein' Rudi Völler"
Gegensätze ziehen sich eben an. Traf das damals auch auf das Zusammenspiel zwischen dem "kleinen Klaus" und dem "grossen Klaus" zu?
Was unsere fussballerischen Vereinszugehörigkeiten angeht, definitiv nicht (lacht). Aber: Zu den Anfangszeiten des "Nordseeküste"-Songs war das Derby zwischen Werder Bremen und dem Hamburger SV noch ein Bundesliga-Duell. Einmal spielten wir unseren Hit im Stadion – ich im HSV-Trikot und der "kleine Klaus" im Werder-Trikot. Der damalige ZDF-Reporter Rolf Töpperwien stellte später in der Zusammenfassung des Spiels im "Aktuellen Sportstudio" fest: "Bei Länderspielen der Nationalmannschaft spielt man die deutsche Nationalhymne, beim Nordschlager zwischen Bremen und Hamburg spielt man die norddeutsche Nationalhymne." Im Anschluss lief der Titel in jedem Fussballstadion rauf und runter – zum Teil bis heute. Dem Fussball bin ich treu geblieben – nicht zuletzt mit dem Song "Es gibt nur ein' Rudi Völler", den ich ja geschrieben habe.
Für die einen waren Sie der "grosse Klaus", für die anderen der "dicke Klaus". Konnten Sie mit diesem Spitznamen gut leben?
Für mich war das in Ordnung. Ein Stück weit trugen unsere Spitznamen ja auch zur Markenbildung bei. Manche zogen den "Dick & Doof"-Vergleich heran, wobei ich uns eher als Pat & Patachon gesehen habe.
Der erste "kleine Klaus" war Klaus Büchner, der Mitte der 90er ausgestiegen ist. Was ist damals vorgefallen?
Zunächst einmal müssen wir festhalten, dass heute kein Mensch mehr nach Klaus Büchner fragt. Mich wundert das ein bisschen, schliesslich hat er mal eine wichtige Rolle gespielt. Auf der Bühne lief es zwischen uns beiden perfekt. Das Problem war allerdings, dass Klaus Büchner eigentlich keinen Bock auf Klaus und Klaus hatte. Lediglich der Blick auf seinen Kontostand motivierte ihn hin und wieder. Letztendlich hat er sich dann für Torfrock entschieden. Ich kann das nachvollziehen, weil diese Band sein Baby war.
Sind die Wogen inzwischen geglättet?
Zwischen Klaus Büchner und mir gibt es überhaupt keinen Stress. Nur hätten wir aus dem Projekt "Klaus und Klaus" gemeinsam noch viel mehr machen können – auch mit Blick auf die Comedy-Einlagen, die von ihm ausgegangen waren. Sketche mit Musik zu verbinden: In dieser Hinsicht waren wir mit die Ersten. Daher sage ich heute: Wenn Büchner mehr Ehrgeiz gehabt hätte, dann wären wir da ganz weit vorne gewesen. So wurden später Die Doofen (Wigald Boning und Olli Dittrich; Anm. d. Red.) zu Vorreitern auf diesem Gebiet. Aber es ist alles gut so, wie es ist. Ich fühle mich an der Seite von Claas Vogt, der ein Vollblutmusiker sowie ein begnadeter Sänger und Gitarrist ist, sehr wohl. Er ist mittlerweile 27 Jahre lang dabei, Klaus Büchner war "nur" 15 Jahre Mitglied von Klaus und Klaus – ohne ihm seine Verdienste absprechen zu wollen.
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