Im Interview mit unserer Redaktion verraten Bernd und Karl-Heinz Ulrich, dass sie in ihrer über 50-jährigen Karriere nie den Drang verspürt haben, sich nach Auftritten an der Hotelbar "das Hoflicht auszuschiessen". Zudem sprechen die Brüder über den Kultstatus der Amigos und den grossen familiären Zusammenhalt untereinander.
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Bernd Ulrich: Schon die der Menschen, die Nachtstimmen hören. Es gibt viele Leute, die vor allem nachts von ihren Sorgen heimgesucht werden und nicht in den Schlaf finden. Der Albumtitel ist aber nicht negativ gemeint. Wir wollen unsere Fans auf andere Gedanken bringen und ihnen Mut machen, unter die Menschen zu gehen, sich nicht daheim zu vergraben.
Hören Sie etwa nie Nachtstimmen?
Bernd Ulrich: Selten. Musik habe ich allerdings immer im Ohr. Ich habe immer schon gesagt: Wenn ich Nachtstimmen höre, die mir Sorgen einreden möchten, dann haue ich ab ins Studio oder auf die Bühne (lacht). Als Liedtext gesungen verliert vieles an Schrecken.
Viele Musiker und Musikerinnen haben Probleme damit, nach Konzerten ins "einsame" Hotelzimmer zurückzukehren. Geht es Ihnen ähnlich?
Karl-Heinz Ulrich: Nein, das hat es bei uns nie gegeben. Am liebsten fahren wir nach den Konzerten direkt nach Hause. Und wenn wir doch mal im Hotel übernachten, dann gehen wir in der Regel sofort aufs Zimmer. Natürlich dauert es schon zwei, drei Stunden, bis du runterkommst. Schliesslich bist du nach einem Auftritt ja noch voller Adrenalin.
Bernd Ulrich: Wir verzichten tatsächlich nach wie vor darauf, uns nach Auftritten an die Hotelbar zu setzen – auch wenn wir von den Hotelmanagern häufig eingeladen werden. Diese Angebote haben wir nie wahrgenommen, weil wir am nächsten Morgen in der Regel wieder Hunderte von Kilometern bis zum nächsten Spielort zurücklegen müssen. Wir verspüren nicht den Drang, uns nach einem Konzert im Hotel feiern zu lassen und uns an der Bar das Hoflicht auszuschiessen.
"Null Alkohol!": Warum sich die Ulrich-Brüder bei der Arbeit strikt an dieses Gebot halten
Ist diese Disziplin massgeblich dafür verantwortlich, dass es Die Amigos mittlerweile seit über 50 Jahren gibt?
Bernd Ulrich: Mit Sicherheit. Wir haben einige Kollegen, die dem Alkohol sehr freundschaftlich begegnen. Für uns war das aber nie ein Thema. Wenn wir beruflich unterwegs sind, gilt für uns und das gesamte Team: Null Alkohol! Wir sind sehr dankbar dafür, dass wir so erfolgreich sein dürfen. Daher sind wir es den Menschen einfach schuldig, dass wir auf der Bühne immer 100 Prozent geben. Das wäre nicht möglich, wenn wir auf Tour jeden Abend an der Bar verbringen würden.
Die Amigos gelten als ein generationsübergreifendes Phänomen. Kommen mittlerweile mehr jüngere Menschen zu Ihren Konzerten als früher?
Karl-Heinz Ulrich: Auf jeden Fall. Vor allem seit dem Ende der Corona-Pandemie besuchen sehr viele junge Menschen mit Amigos-T-Shirts unsere Konzerte. Das fällt uns richtig auf. Häufig wird uns von den Fans gesagt, dass Die Amigos einfach Kult sind. Darüber freuen wir uns riesig. Denn unser anhaltender Erfolg ist auch ein klares Zeichen dafür, dass der Schlager lebt.
Bernd Ulrich: So ist es. Der Schlager wird seit vielen Jahren immer wieder totgesagt – und vom öffentlich-rechtlichen Hörfunk kaum noch gespielt. Der Begeisterung tut das aber keinen Abbruch. Die Stimmung bei den Konzerten ist nach wie vor gigantisch. Sogar die jungen Leute singen die Lieder von der ersten bis zur letzten Zeile mit.
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Haben die Leute recht: Sind Die Amigos Kult?
Bernd Ulrich: Es fühlt sich so an. Zum Beispiel sind wir beim Alpen Flair Festival in Südtirol aufgetreten, bei dem eigentlich nur knallharte Rockbands zugelassen sind. Wir hatten zunächst grosse Bedenken. Doch ab dem Moment, als wir die Bühne betreten haben, wurden wir von 15.000 Menschen sowas von abgefeiert. Ich habe heute noch Gänsehaut. Als wir dann das Gelände verlassen wollten, wurden wir von den Fans quasi belagert. Alle wollten ein Selfie mit den Amigos.
Olaf, dem Flipper ("Wir sagen danke schön") geht es ähnlich, sobald er zum Beispiel beim Parookaville-Festival die Bühne betritt. Spielen Sie in Sachen Kultstatus in derselben Liga?
Bernd Ulrich: Klar ist Olaf Kult! Wir kennen ihn schon lange und freuen uns füreinander, dass wir mit unseren deutschsprachigen Liedern so viele Menschen erreichen können. Heutzutage wird doch alles "verenglischt". Das ist schade, schliesslich haben wir eine super Sprache, mit der wir etwas erzählen und bewirken können.
Die Amigos sind nicht nur Kult, sondern Sie sind auch die "Discofox-Maestros". Könnt Ihr mit diesem Spitznamen leben?
Karl-Heinz Ulrich: Natürlich, wobei wir ja nicht nur die Discofox-Schiene bedienen. Viele unserer Lieder widmen sich Themen, mit denen sich die Menschen tagtäglich beschäftigen. Zum Beispiel geht es in dem Song "Und dann war sie verschwunden" um Mobbing. Nicht nur in den sozialen Netzwerken ist Mobbing ein ganz grosses Thema, sondern auch in der Schule oder im Beruf. Menschen werden in die Ecke gestellt und zum Opfer auserkoren. Während wir mit diesem Lied darauf hinweisen wollen, wie schrecklich es ist, wenn Menschen ausgegrenzt werden, geht es in "Nur Sieger steh'n im Licht" um Spielsucht, die Existenzen gefährdet und ganze Familien zugrunde richten kann. Dieses Thema ist unglaublich weit verbreitet und geht durch alle Gesellschaftsschichten.
Bernd Ulrich: Wir wollen nichts verschweigen. Von uns wird zu Recht erwartet, dass wir als Künstler mit unseren Stimmen auch gesellschaftliche Themen ansprechen – sei es Demenz, sei es Kindesmissbrauch. Wir sind Botschafter des "Weissen Rings", weil uns das Schicksal von missbrauchten Kindern sehr am Herzen liegt. Wer so etwas tut, gehört einfach weggesperrt und hat unserer Meinung nach sein Recht auf ein Leben inmitten unserer Gesellschaft verwirkt.
Der Titel "Die Tür zum Elternhaus" widmet sich der Kraft der Familie. Wie familiär geht es im Hause Ulrich zu?
Karl-Heinz Ulrich: Wir sind absolute Familienmenschen und froh, dass sich unsere Kinder im näheren Umfeld angesiedelt haben. Jeder hat von dem jeweils anderen einen Haustürschlüssel. Grundsätzlich wollen wir mit dem Lied zum Ausdruck bringen, dass die Tür zum Elternhaus nie verschlossen sein wird. Du kannst immer wieder zurückkommen – egal, was passiert. Die Familie fängt dich immer wieder auf. So sollte es zumindest sein.
Bernd, kündigen Sie Ihre Besuche bei Ihrer Tochter
Bernd Ulrich: Natürlich klingel ich erstmal an der Haustür. Wenn niemand aufmacht, dann gehe ich rein. Bei Daniela ist es ganz genauso.
Karl-Heinz Ulrich: Stimmt. Einmal habe ich auf dem Weg zu einem Auftritt festgestellt, dass ich meine Gitarre vergessen habe. Bernd hat dann seinen Enkel angerufen und ihn gebeten, die Gitarre bei mir daheim abzuholen und zu uns zu bringen.
Auch in schwierigen Phasen geben Sie sich einander Halt. Sind Sie nach dem Tod von Karl-Heinz' Frau Doris alle noch enger zusammengewachsen?
Bernd Ulrich: Ja, ich glaube, das kann man schon so sagen. Für uns alle war es ein riesiger Schock, zumal Doris zwischenzeitlich auf einem guten Weg war. Der Krebs hatte bei ihr zwar gestreut, aber eigentlich schien man das alles weitestgehend im Griff zu haben. In dieser Zeit hat mein Bruder für seine Frau den Song "Stark für dich" aufgenommen. Leider hat die Geschichte kein gutes Ende gefunden.
Karl-Heinz Ulrich: Ich habe den Titel für Doris gesungen, um ihr Kraft zu geben und um Danke zu sagen. Das war im vergangenen Sommer, da waren wir noch voller Hoffnung. Dieses Lied werde ich wohl nie live singen, aber es gehört aufs Album!
Über die Gesprächspartner
- Die Amigos sind eine deutschsprachige Musikgruppe aus Mittelhessen, die aus den Brüdern Bernd und Karl-Heinz Ulrich besteht. Gegründet im Jahr 1970, trat das Schlager-Duo in seinen Anfangsjahren vor allem mit Coversongs in Erscheinung. Mittlerweile geniessen die Chartstürmer (15 Nummer-1-Alben) Kultstatus. Auch die Tochter von Bernd Ulrich, Daniela Alfinito, gehört zu den aktuellen erfolgreichsten Schlagerkünstlerinnen.
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