"Mein deutsches Vokabular hat eine Menge mit Essen zu tun", sagt Chris Norman mit einem Augenzwinkern. Im April wird der 73-Jährige seine grosse Deutschland-Tournee starten, im Rahmen derer er neben den Songs aus seinem neuen, kürzlich veröffentlichten Album "Junction 55" Welthits wie "Midnight Lady" oder den Smokie-Evergreen "Living Next Door To Alice" zum Besten geben wird.

Ein Interview

Im Interview mit unserer Redaktion erklärt der britische Superstar, warum er kein Fan der "Who the fuck is Alice"-Version ist und warum Deutschland für ihn "immer eine ganz besondere Bedeutung" haben wird. Zudem verrät der auf der Isle of Man lebende Musiker, wie ihm Charles III. als König von Grossbritannien bisher gefällt.

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Herr Norman, in der vergangenen Woche ist Ihr neues Album "Junction 55" erschienen. Stimmt es, dass Sie eigentlich gar nicht geplant hatten, einen neuen Longplayer zu veröffentlichen?

Chris Norman: Ja, das ist richtig. Eigentlich hatte ich zunächst lediglich ein paar Songs geschrieben, von einem ganzen Album war zunächst gar nicht die Rede. Aus diesen paar Songs wurden aber immer mehr Lieder und schliesslich ein ganzes Album.

Wie kam es zu dem Titel "Junction 55"?

Der Titel steht dafür, dass ich seit nunmehr 55 Jahren als professioneller Musiker arbeiten und heute an einem neuen Punkt meiner Karriere stehen darf.

Sie haben viele der Songs auf dem Album selbst geschrieben, wurden aber auch von bekannten Songwritern unterstützt. Wer hat alles mitgewirkt?

So ist es. Sechs der insgesamt zwölf Titel stammen aus meiner Feder. Drei Tracks sind zusammen mit Pete Spencer, dem früheren Smokie-Schlagzeuger, entstanden. Ausserdem habe ich einige Songs zusammen mit Geoff Carline, dem Gitarristen meiner Band, sowie mit dem Produzenten Mike Chapman geschrieben. Mike hatte mich bereits vor vier Jahren im Entstehungsprozess eines Albums unterstützt. Damals ist in der Zusammenarbeit mit ihm der Song "Devil In Your Heart" entstanden, der es aber aus Zeitgründen nicht auf das Album geschafft hatte. Also haben wir ihn endlich fertiggestellt und ich freue mich, dass der Track nun endlich auf meinem neuen Album zu hören ist.

Deutschland wird immer eine ganz besondere Bedeutung haben, vor allem mit Blick auf unsere Zeit mit Smokie.

Im April werden Sie elf Konzerte in Deutschland spielen – welchen Stellenwert hat Deutschland für Sie und für die Band Smokie?

Deutschland wird immer eine ganz besondere Bedeutung haben, vor allem mit Blick auf unsere Zeit mit Smokie. In den 1970er-Jahren etwa gab es Songs, die in unserer Heimat England auf oberen Chartplätzen gelandet sind, während sie in Deutschland ein Nummer-eins-Hit wurden. Das war natürlich klasse und somit war der deutsche Musikmarkt immer von grosser Wichtigkeit für uns. Heute kehre ich immer noch sehr gerne zurück nach Deutschland, weil es sich hier familiär für mich anfühlt.

Chris Norman: " Ich bin wirklich kein typischer Biertrinker"

Die Deutschen sind ja bekannt für ihre Liebe zu Bratwurst und Bier. Was ist denn für Sie typisch Deutsch? Ich habe gehört, dass Sie kein Biertrinker sind …

Ja, das stimmt. Natürlich habe ich in meinem Leben schon einmal das eine oder andere Bier getrunken, aber wirklich geschmeckt hat es mir nie. Ich bin also wirklich kein typischer Biertrinker (lacht). Was ich in Deutschland aber gerne esse, sind Frankfurter Würstchen mit Senf in einem Brötchen.

Das Wort "Brötchen" haben Sie sogar auf Deutsch gesagt – kennen Sie noch weitere deutsche Begriffe?

Das Wort "Brötchen" habe ich im Lauf der Zeit in deutschen Hotels gelernt, damit ich mir morgens mein Frühstück bestellen konnte. Deswegen kenne ich auch die Sätze "Zwei Spiegeleier mit knusprigem Speck, bitte" oder "Zwei Spiegeleier ohne Schnittlauch, bitte". Mein deutsches Vokabular hat, wie man hört, also eine Menge mit Essen zu tun.

Kommen wir zurück zur Musik: Vor allem zwei Ihrer Hits sind in Deutschland nach wie vor sehr beliebt. "Midnight Lady" und natürlich "Living Next Door To Alice". Die Songs wurden ja weltweit gecovert, hierzulande von Roland Kaiser und Howard Carpendale. Kennen Sie die Sänger und ihre Versionen?

Ja, ich kenne die Songs. Als ich sie zum ersten Mal gehört habe, habe ich sie nicht verstanden, weil sie ja auf Deutsch gesungen wurden. Insofern haben beide Versionen für mich persönlich natürlich eine andere Bedeutung, als wären sie auf Englisch performt worden. Aber ich erinnere mich an die Lieder und daran, dass sie wirklich professionell produziert wurden – immerhin waren die Songs in Deutschland ja auch in den deutschen Charts vertreten, während wir mit dem englischsprachigen Original in den internationalen Charts waren. Insofern gab es nie einen unmittelbaren Wettbewerb zwischen unserem Song und den deutschsprachigen Versionen. Auch heute werden unsere Songs noch gecovert. Ein australischer Artist etwa hat "Stumblin In" gecovert und eine Dance-Version draus gemacht – mit grossem Erfolg, was mich natürlich freut.

Stimmt es, dass Sie die "Who the fuck is Alice"-Version nicht mögen?

Wenn ich mich richtig erinnere, ist die Version Mitte der 1990er-jahren entstanden, nachdem die niederländische Band Gompie die Adaption erstmals veröffentlicht hatte. Daraus ist dann die weitere Smokie-Version entstanden. Mit mir und dem Original-Song hatte dieses "Who the fuck is Alice"-Ding jedoch nie etwas zu tun und es war auch nie meine Entscheidung. Die damals verbliebenen Smokie-Mitglieder Alan Silson und Terry Uttley hatten sich dazu entschieden, die Version aufzunehmen. Meiner Meinung nach war diese Version nicht notwendig, immerhin gab es ja eine erfolgreiche Original-Version.

"Heute gibt es eine Gruppe namens Smokie, zu der niemand der Original-Besetzung gehört"

Es war also keine typische Smokie-Version?

Nein. Für mich war Smokie die Band, die aus mir, Alan, Terry und Pete (Pete Spencer, Anm. d. Red.) bestand. Zu diesem Zeitpunkt waren aber nur noch Alan und Terry als Gründungsmitglieder ein Teil der Band, während heute keiner von uns mehr Teil von Smokie ist. Heute gibt es eine Gruppe namens Smokie, zu der aber niemand der Original-Besetzung gehört.

Welche Rolle spielt Musik in Ihrem Leben?

Musik war immer wichtig in meinem Leben und wird es auch immer sein. Schon meine Eltern waren in der Musikbranche tätig, ich bin also bereits im Kindesalter mit Musik in Berührung gekommen. Musiker wie Elvis Presley, Buddy Holly oder The Beatles haben mich als Kind ungemein beeinflusst, während in meiner Jugend Bands wie The Rolling Stones hinzukamen und mich dazu inspirierten, in einer Band zu spielen. Noch heute ist es so: Wenn ich keine Musik machen kann, weiss ich nicht, was ich tun soll.

Werden Sie auch weiterhin Alben aufnehmen und auf Tour gehen?

Solange ich Songs schreiben kann und weiterhin neue Ideen und Inspirationen habe, werde ich definitiv mit der Musik weitermachen. Und solange ich mich fit genug fühle und die Menschen mich weiterhin auf einer Bühne sehen wollen, werde ich auch auf Tour gehen. Vermutlich werde ich das Ganze also noch so lange machen, bis ich eines Tages von der Bühne falle (lacht).

Apropos Ideen und Inspirationen: Sind die Songs auf "Junction 55" zeitlos oder spielt auch der aktuelle Blick auf die Ereignisse in der Welt eine Rolle beim Songwriting?

Auf dem Album gibt es definitiv ein paar Songs, die mit den Geschehnissen in der Welt zu tun haben und eine entsprechende Botschaft transportieren. Ich denke da etwa an den Song "Crazy", in dem es um den Wahnsinn in unserer Welt geht. Auch der Track "Tears Will Fall" richtet den Blick auf jene Dinge, die in unserer Welt verkehrt laufen. Aber die meisten meiner Songs haben nicht immer zwingend etwas mit dem Hier und Jetzt in unserer Welt zu tun.

Wie lebt Chris Norman, wenn er nicht auf der Bühne steht?

Ich denke, ich lebe so, wie die meisten Menschen auch. Ich versuche, mich fit zu halten, treffe mich mit Freunden und schaue gerne Filme. Vor allem alte Schwarz-Weiss-Filme haben es mir angetan. Typische Hobbys, wie etwa Golfspielen, habe ich aber nicht. Dafür interessiere ich mich aber sehr für Fussball. Und natürlich verbringe ich sehr viel Zeit damit, Songs zu schreiben und aufzunehmen.

Chris Norman über König Charles: "Ich wünsche ihm nur das Beste"

Aus aktuellem Anlass: Der britische König Charles ist an Krebs erkrankt. Wie haben Sie diese Nachricht aufgenommen?

Ich war natürlich erschrocken über diese Mitteilung. Wobei "erschrocken" es nicht wirklich trifft, weil man hierbei nicht vergessen darf, dass der König ein 75 Jahre alter Mann ist und Erkrankungen wie Krebs in diesem Alter vermehrt auftreten können. Jeder Mensch kann erkranken. Dennoch tut mir die Diagnose natürlich sehr leid und ich wünsche ihm nur das Beste.

Wie gefällt Ihnen Charles bisher in seiner Rolle als König?

Ich mag ihn. Ich habe ihn immer gemocht und ich glaube, er macht seine Sache gut. Es ist eine riesige Verantwortung, König von England zu sein, ich wollte diesen Job nicht machen (lacht).

Über den Gesprächspartner

  • Christopher Ward "Chris" Norman ist ein britischer Sänger und Songwriter. Von 1975 bis 1986 war er Leadsänger und Gitarrist der britischen Pop-/Rockgruppe Smokie


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