Profi-Fussballer als "Querpasser", Armin Laschet und Markus Söder spielen Fettnäpfchen-Roulette um die Kanzlerkandidatur, Fakten-Selektion beim ARD-Magazin "Monitor" und die AfD liefert den Beweis, dass sie unwählbar ist - der satirische Wochenrückblick.
Heute möchte ich meinen Wochenrückblick mit einem Rätsel starten: Was ist das: Viele Menschen kommen aus allen Teilen der Republik zusammen, kaum jemand trägt Masken, es wirkt nicht so, als würden alle Hygienevorschriften eingehalten, es wird viel gepöbelt und die Polizei überwacht das Ganz auch noch wohlwollend? Genau: Fussball-Bundesliga, oder wie ich diese kleine Gruppe besonders privilegierter System-Umdribbler gerne nenne: Die Querpasser.
Aus der Welt des gepflegten Intelligenzdoppelpasses gibt es diese Woche spektakuläre News: Schalke 04 kann noch Spiele gewinnen! Wer in den vergangenen zwölf Monaten mal versehentlich beim Zappen das "aktuelle Sportstudio" erwischt hat, für den fällt diese Nachricht ungefähr in die Kategorie: "
War Sophia Thomalla mit elf Jahren schon Spielerfrau?
Schalke 04 sendet also ein Lebenszeichen. 1:0 gegen Augsburg. Gut, jetzt ist Augsburg nicht unbedingt ein Verein, bei dem es direkt zu grösseren Fanprotesten kommt, wenn man die Qualifikation zur Champions League verpasst. Aber analysiert man die Punkteausbeute der Schalker, hätten vor dem Spiel wohl deutlich mehr Menschen ihr Geld darauf verwettet, beim Stande von 0:5 in der 72. Minute würde Thomas Gottschalk via Paragliding-Schirm auf dem Mittelkreis landen, um sich dort von Jan Böhmermann eine Sascha-Lobo-Frisur schneiden und das ganze live auf Clubhouse von Sophia Thomalla kommentieren zu lassen, als dass die Knappen wirklich einen Sieg holen.
"Die Knappen" – so nennen sich die Schalker übrigens, seit sie im Jahr 2001 beinahe Deutscher Meister waren und wirklich nur ganz knapp in letzter Sekunde auf der Zielgeraden von Rollo Fuhrmann abgefangen wurden.
An jenem 19. Mai 2001 war
K-Frage der Union - steht das für "Keine Ahnung"?
Während Schalke seither mehr Trainer verschlissen hat als
Aktuell scheint es da auf einen Zweikampf zwischen Armin Laschet aus Nordrhein-Westfalen und Markus Söder aus Bayern hinauszulaufen.
Ob das
Nun könnte man natürlich verzweifeln und sich die Frage stellen, ob die Union nach 16 Jahren
ARD-Magazin "Monitor" als Scripted-Reality-Format für Agenda-Journalismus
Stichwort Kastration. Erinnern Sie sich noch, als der öffentlich-rechtliche Rundfunk als Aushängeschild des unabhängigen Journalismus galt? Finanziert von Gebühren und nicht von Konzernen konnte investigativ losrecherchiert werden, ohne die Angst, irgendein verärgerter Grosswerbekunde könnte spontan den Geldhahn zudrehen. Das Magazin "Monitor" etwa ist eine meiner ältesten Kindheitserinnerungen. In einem politisch sehr interessierten Elternhaus Pflichtprogramm. Diese Zeiten sind lange vorbei. Heute läuft "Monitor" an meinen Eltern vorbei. Das ehemalige Flaggschiff der politischen TV-Magazine ist mittlerweile zu einem Scripted-Reality-Format für Agenda-Journalismus verkommen. Quasi das "Sommerhaus der Stars" für Leute mit Twitter-Bubble.
Kein Wunder, dass sich "Monitor" seit Jahren im Quotensinkflug befindet und der Flugkapitän der "AAA" (ARD Agenda Airlines), Georg Restle, seinen Haltungs-Jet nur noch mit viel, sagen wir mal, Erfindungsreichtum (und unseren Gebührengeldern) vor dem Frontalabsturz in die Bedeutungslosigkeit bewahren kann. Wie man vom Appellhofplatz hört, ist auch intern bereits das eine oder andere Warnsignal zu hören, weshalb einige Beteiligte ihre Schwimmwesten und Sauerstoffmasken schon angelegt haben. Warum das so ist, konnte diese Woche im Netz in Echtzeit verfolgt werden. Reichweitenpolitisch zwar ein Coup, da "Monitor" sein Stammpublikum ja etwa auf die Grösse des Thilo Sarrazin Fanclubs in der SPD relotiusiert hat. Aus Reputationssicht dagegen ein Fiasko.
Aber mal der Reihe nach. Auf durchaus zweifelhaft recherchierte Beiträge erfuhr "Monitor" ein gleichsam lautstarkes wie, freundlich formuliert, durchwachsenes Echo. Vor allem im für relevante TV-Sender (und den WDR) immer wichtiger werdenden so genannten "Internet". Zahlreiche von "Monitor" unvollständig und einseitig präsentierte Sachverhalte wurden demaskiert und eine Stellungnahme gefordert. Die kam dann auch, allerdings anders als man es vom mittlerweile in Entschuldigungen recht routinierten WDR erwartet hätte. Nämlich nicht in Form einer zumindest ansatzweise als Einsicht deklarierbaren Erklärung, sondern als verzweifelter Twitter-Angriff auf die Intelligenz der Diskursteilnehmer.
Der Verantwortliche Restle entschied sich, den Vorwurf selektiver Darstellung über eine eigene Wortmeldung auf Twitter zu entkräften. Darin versuchte er, die Weglassung entscheidender Fakten per Screenshot eines Tweets von einem Kritiker zu widerlegen, in dem er (Achtung!) entscheidende Fakten des Tweets wegliess. Das kann man sich wirklich nicht ausdenken. Das ist in etwa so, als würde Til Schweiger in einem "BUNTE"-Interview sagen: "Jeder kann gerne AfD wählen, aber dann wählt er halt Rechtsradikale" – und Georg Restle bringt dann einen "Monitor"-Exklusiv-Bericht, in dem er Til Schweiger wie folgt zitiert: "Jeder kann gerne AfD wählen!"
Schlammschlacht-Material für berufsempörte Kommentarspalten-Nazis
Wäre es nicht ein trauriges Sittengemälde des perniziösen Absturzes journalistischer Sorgfalt und Integrität, hätte es grosses Comedy-Potenzial. Fast scheint es, als wolle "Monitor" mit seiner ausgeprägten Liebe zur einseitigen Beleuchtung komplexer Themenbereiche die Restakzeptanz der öffentlich-rechtlichen Sender im Alleingang pulverisieren. Das Tragische daran ist, dass dem wirklich wichtigen Thema, das "Monitor" in die Öffentlichkeit rücken wollte, die Kraft geraubt und das Potenzial zur Einleitung heilender Prozesse genommen wird, wenn die Grundlage nicht schonungslose Ehrlichkeit, sondern bestmögliches Storytelling ist
Statt möglichst viele Menschen zu motivieren, sich Gedanken über die dargestellten Missstände zu machen und die Motivation zu entfachen, an einer Veränderung mitarbeiten zu wollen, bietet man die grösstmögliche Angriffsfläche für das Eröffnen zahlreicher Nebenkriegsschauplätze. Man liefert tausenden berufsempörter Kommentarspalten-Nazis quasi das Material für ihre Schlammschlacht gleich frei Haus mit, durch das der wesentliche und wichtige Kern des Beitrags mühelos in den Hintergrund diskutiert werden kann.
Raus, raus, raus - die AfD offenbart erneut die Absenz von Vernunft und Menschlichkeit
Apropos Diskussion: die AfD hat diese Woche in ein Programm für den Bundestagswahlkampf beschlossen, welches unter anderem vorsieht, Menschen, die nicht über ein Vermögen von mindestens fünf Millionen Euro verfügen, nicht mehr nach Deutschland einwandern zu lassen. Die Sehnsucht nach russischen Millionären hat in der höckegeschwängerten AfD-Basis inzwischen den moralischen Kompass komplett ersetzt. Kurz nachdem das Programm mehrheitlich verabschiedet war, haben sich ein paar AfD-Koryphäen dann den ungewöhnlichen Spass erlaubt, ihr eigenes Programm einfach auch mal selber durchzulesen. Dabei fiel dann auf, dass mit einer solchen Marschroute beispielsweise auch der dringend notwendige Zuzug von Facharbeitern ausgeschlossen wäre. Deutschland ist aber nicht Monaco. Das sah sogar Beatrix von Storch ein, obschon sie als innerhalb der AfD für das Verklagen der Sonne zuständige Galionsfigur sonst durchaus auch mal auf Flüchtlinge an der Grenze schiessen lassen wollte.
Insgesamt liest sich das AfD-Programm auch nach Korrektur dieses Fünf-Millionen-Fauxpas noch immer eindeutig. Die selbsternannte Alternative für Deutschland will raus aus der EU, raus aus dem Euro, raus aus der Klimadiskussion, raus aus Gleichberechtigung von Homosexuellen, raus aus den Corona-Lockdowns, raus aus dem Gendergaga und raus aus vielem mehr – eigentlich aus so ziemlich allem, was unsere Zukunft sicher und lebenswert für alle machen könnte. Falls irgendjemand wirklich noch einen Hinweis benötigt, warum die AfD unwählbar ist: Voilá. Oder anders gesagt: Wer nach dieser erneuten Offenbarung der absoluten Unvereinbarkeit von AfD, Vernunft und Menschlichkeit immer noch sein Kreuz bei der AfD machen möchte, der kann zumindest hinterher nicht mehr sagen: Also DAS habe ich jetzt natürlich so nicht kommen sehen. Doch, hast du. Sorry.
Falls Sie nach der Lektüre dieses Wochenrückblicks jetzt denken, da hat diese komische Influencerin, die aus unerfindlichen Gründen hier ihre Murkstexte veröffentlichen darf, aber ganz schön dick aufgetragen, möchte ich Ihnen versichern: Das ist alles von der Kunstfreiheit gedeckt. Und falls doch nicht, verklage ich Danger Dan. Bis nächste Woche!
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