Was für eine Woche für Fans des royalen Adels-Zirkusses. In Wimbledon erhebt sich das gesamte Stadion jubelnd für den ersten Auftritt der Prinzessin von Wales, seit sie ihre Krebs-Diagnose veröffentlichte. An ihrer Seite: Ihre Tochter, die 2015 geborene Charlotte of Wales. Der leicht unterschwellige Rollenklischee-Sexismus des Königshauses bleibt dabei unbemerkt.
Zeitgleich zum Wimbledon-Finale in London stehen nämlich die Three Lions, das englische Fussballnationalteam, in Berlin im EM-Finale. Dort hält derweil William,
Diese Woche bleibt dieser genderrelevante Fauxpas jedoch weitestgehend unkommentiert. Andere, positive Dinge dominieren das Sportwochenende. Mit der neunjährigen
Aber auch Charlottes kindlich royaler Charme kann nicht verhindern, dass Spanien dieses Wochenende in den Finalspielen abräumt. In Berlin siegt die "Rote Bestie" gegen England, in Wimbledon triumphiert Carlos Alcaraz. Europameister Spanier, Wimbledonsieger Spanier. Das gab es zuletzt 2008. Vor 16 Jahren gewann ebenfalls Spanien die EM,
Viva Espana
Womit wir beim nächsten Königshaus wären. Auf der Tribüne im Berliner Olympiastadion wohnt traditionell auch der spanische König
Für glamourösen weiblichen Nachwuchs ist somit auf royaler Ebne gesorgt. Welche Lieblingslieder Charlotte und Sofía haben, ist mir nicht bekannt. Eines von meinen war aber immer "Erste Schritte" von
Love Supreme, die Jazzdroge
Als ich Jahre später aus beruflichen Gründen eine Zweitwohnung in Berlin benötige und bei einer guten Freundin ein WG-Zimmer am Platz der Luftbrücke beziehe, wird die Bergmannstrasse für eine Weile zu meinem eigenen Kiez. Fast täglich flaniere ich dort zwischen In-Restaurants und Gentrifizierung hin und her. Max Herre, der inzwischen auch in Berlin leben soll, treffe ich dort nie. Ihn sehe ich erst, als ich 2022 nach Charlottenburg ziehe und regelmässig um den Lietzensee spaziere. Auf der Bergmannstrasse kaufe ich nie "Love Supreme", sondern lediglich unzählige Latte Macchiato mit Hafermilch und dutzende vegane Currywürste von "Curry 36" am Mehringdamm um die Ecke.
Das ist aber auch gut so, denn von einheimischen Alt-Kreuzbergern, die gerne von den besseren Zeiten an der Bergmannstrasse erzählen, als noch nicht alle Wohnungen saniert und nur noch bei AirBnB statt am hart umkämpften Wohnungsmarkt feilgeboten wurden, erfahre ich beim Smalltalk im Umami X-Berg, dass "Love Supreme" keineswegs eine in den 70er Jahren beliebte Marihuana-Version ist, sondern ein Kultalbum von John Coltrane. Im Prinzip ist Max Herre damit für eine der grössten Enttäuschungen meiner Suche nach Zugang zur Bergmannkiez-Kultur verantwortlich. Aber ich denke, das ist nur fair, denn gleichzeitig hat Max Herre mit zarten 15 Jahren in Westberlin lediglich nach Weltklasse Jazz gesucht und nicht nach einem Sinne raubenden Drogendelirium, wie ich es ihm so viele Jahre unterstellt hatte.
Keine Frage also, dass ich mir diese Woche die Chance nicht entgehen liess, mich bei Max Herre zu entschuldigen. Für etwas, das er nicht wusste und das ihm auch egal sein dürfte. Aber ich bin eine Turniermannschaft und Wettschulden sind Ehrenschulden. Mein Glück: Im Drive Volkswagen Forum an der legendären Prachtallee "Unter den Linden" fand diese Woche ein Revival der besonderen Art statt. Der "Iconic Music Talk" mit dem Thema "VIVA". Als "VIVA", also der TV-Sender, nicht das Kreuzfahrtschiff, 1993 an den Start geht, ist Charlotte von Wales noch lange nicht geplant. Selbst ihre Mutter Herzogin Kate ist erst elf Jahre alt. Die Ikonen des Popmusikfernsehens sind damals unbekannt, gehören heute aber - zumindest teilweise - noch immer zu den grössten Stars des Landes. Heike Makatsch etwa. Matthias Opdenhövel, Mola Adebisi, Aleksandra Bechtel, Nilz Bokelberg oder Stefan Raab.
Max Herre, es tut mir leid
Im Laufe der 25 Jahre, in denen "VIVA" existiert (eingestellt 2018), stossen mit Annemarie Carpendale,
Einige dieser alten "VIVA"-Kollegen findet sich diese Woche zum "Iconic Music Talk" zwischen Promi-Wirtshaus Borchardt und Nobel-Herberge Adlon ein. Hochkarätig besetzt, würde man als herkömmlicher Musik- und Medienjournalist jetzt wohl schreiben, so wie man als ordentlicher Sportmoderator vor jedem grossen Spiel "es ist angerichtet" zu sagen hat, als wären das Revierderby, das Pokalfinale oder der German Classico ein Kochduell.
Als ich also am Abend des "Iconic Music Talk" gegenüber einem meiner Berliner Lieblingsplätze, dem legendären, vegetarisch-veganen Sternerestaurant Cookies & Cream, über den Roten Teppich stolziere und mich mit Smalltalk bei den Fotografen einschleime ("Milka Loff Fernandes war ein paar Jahre vor mir auf meinem Gymnasium in Hamburg!", als würde ein Hauch ihres Erfolges damit auf mich quasi abfärben) hoffe ich, meine wirklich fesselnde "Love Supreme" Story endlich auch Max Herre erzählen zu können. Wird nichts, denn Max Herre ist den Abend über schwer beschäftigt. Erst philosophiert er mit Markus Kavka und Denyo (Ahn mal: von den Beginnern) über die gute alte Zeit, anschliessend singt er mit Joy Denalane ein paar alte Klassiker wie "1ste Liebe" oder "Esperanto".
Die von Volkswagen kuratierte "Iconic" Ausstellung übrigens ist noch bis Ende des Jahres kostenfrei im Drive Volkswagen Forum zu sehen. Falls Ihr also mal in Berlin seid und die Geschichte genau dort spüren wollt, wo ich beinahe Max Herre meine Drogenverschwörungstheorie gebeichtet hätte: Viel Spass!
Jeder Hotzo seine Momente
Der grösste Aufreger der Woche, der nicht positiv konnotiert werden kann, ist vermutlich das vermeintliche Attentat auf Donald Trump. Kaum per Streifschuss am Ohr getroffen, ranken sich die wildesten Gerüchte um den wohl am stärksten polarisierenden, naja, Politiker des aktuellen Zeitgeschehens. Vermutlich aus panischer Angst, die noch immer wie keine andere Nation an Heldenepen glaubenden Amerikaner würden
Kaum war Trump in Sicherheit, wurden Flugbahnen analysiert, fehlendes Blut auf seinem blütenweissen Hemd angemahnt und in Frage gestellt, warum ein Schütze mit einem Gewehr auf ein Dach steigen und auf einen Ex-Präsidenten schiessen konnte, während hunderte mit modernster Überwachungstechnik bestückte Sicherheitsbeamte für dessen Wohlergehen sorgen sollten. Ein interessantes Phänomen. Statt Grösse zu zeigen, Donald Trump schnelle Genesung zu wünschen und daran zu erinnern, dass Gewalt auf keinen Fall ein Mittel der Meinungsfreiheit ist, eilte man an die Tastaturen und zeigte sich wenig versöhnlich mit Donald Trump, der dieses Mal sehr wahrscheinlich tatsächlich mal das Opfer war.
Kann es sein, dass die Bubble, die Trump verachtet, letztendlich mit denselben Reflexen reagiert, wie die hart rechte Idiotencombo, die bei jedem Amoklauf in Deutschland inständig hofft, der Täter möge bitte Mohammed heissen und bloss nicht Klaus? Ist es nicht genau das Verhalten, das man der so genannten anderen Seite vorwirft, wenn man nach einer Extremsituation umgehend damit beginnt, Opfer zu verhöhnen oder Täter zu verharmlosen? Klar, Trump hatte bei Attentaten wie etwa auf den Mann seiner demokratischen Widersacherin Nancy Pelosi selbst kein Mitgefühl gezeigt. Aber wenn wir jetzt plötzlich wieder bei Auge um Auge sind, dann können wir ja auch gleich die Todesstrafe wieder einführen.
Beide Richtungen, also die Trump-Fans und die Trump-Hater, haben sich nicht mit Ruhm bekleckert, wie der Volksmund so schön sagt. Als plakatives Beispiel mag der offiziell als Satiriker firmierende "
Nun kann man zu "El Hotzos" Humorqualität unterschiedlicher Meinung sein. Ich selbst kann mir kein Urteil erlauben, da er mich auf Twitter schon seit Jahren blockiert hat und ich daher nichts von ihm mitbekomme. Andere Zugänge zum Werk von "El Hotzo" habe ich nicht. Ich kann also weder behaupten, ich hätte schon immer gesagt, er wäre gar nicht so lustig, wie ihn wokedurchtränkte Dauerstudenten finden, noch das Gegenteil. Vielleicht ist seine Comedy grandios, vielleicht intellektueller Brechdurchfall. Ich kann es nicht sagen. Seine Tweets zu Donald Trump jedenfalls waren nur so mittelgrandios. Das scheint er auch selbst erkannt zu haben - und löschte eilig seine Unmutsbekundung darüber, dass Trump noch lebt.
Ob es die Debattenkultur auf ein besseres Niveau hebt, ihn dafür nun übel zu beschimpfen, kann ich nicht wissenschaftlich bewerten. Die Wahrscheinlichkeit, dass Verbalentgleisungen wie "der Fettsack sieht aus wie eine 70-Jährige adipöse, lesbische Zahnarzthelferin" oder "El Kotzo" dazu führen, dass wir uns zukünftig auf einem intellektuell hochwertigeren Diskursniveau bewegen, tendiert allerdings gegen Null. Ganz im Gegenteil zu dieser Kolumne, die früher oder später vermutlich für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen wird.
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