Für Chronistinnen wie mich sind Montage doppelt schwer. Ausgerechnet an dem Tag, der mit seiner gnadenlosen Aufforderung zum fleissigen Dienstgang jede Wochenend-Idylle jäh zerstört, müssen wir alle sieben Tage hochkonzentriert abwägen, welche Ereignisse der vergangenen Tage relevant genug waren, um Einzug in einen Rückblick zu halten.

Eine Kolumne
Diese Kolumne stellt die Sicht von Marie von den Benken dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Was war wichtig, was war interessant, was war von Gewicht - "Apokalypse und Filterkaffee" der kleinen Frau. Wenn Sie so wollen: "Unheil und braunes, erwärmtes Wasser". Diese Woche jedoch schreibt sich der Wochenrückblick ausnahmsweise beinahe von allein. Es ist die Woche der Gewinner im von spektakulären Wortmeldungen überschwemmten Mediendschungel der boulevardesken Glückseligkeit.

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Diese Woche tummeln sich mehr meinungsintensive Selektivdenker im öffentlichen Diskurs als Gegentore in der Veltins-Arena. In der nach einem aus Brackwasser bestehenden Erfrischungsgetränk benannten Sauna setzte es für den Bundesliga-Rückkehrer Schalke 04 eine historische 1:6 Klatsche gegen Union Berlin. Wenn man jetzt bedenkt, dass Borussia Dortmund die letzten drei Spiele gegen Eisern Union souverän gewonnen hat, muss man statistisch betrachtet auf Schalke inzwischen davon ausgehen, gegen den BVB im berühmten Ruhrpottderby zweistellig zu kassieren.

Warum stehst Du Söder rum?

Erster Gewinner dieser Woche ist eindeutig Markus Söder. Der unverhofft vom Rainer Brüderle der CSU – Horst Seehofer – zum Ministerpräsidenten hochdilettierte Chefbajuware adressierte seinen patriotischen Indianer-Appell gegen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk mittelmässig subtil in einem Tweet, der für landesweites Kopfschütteln sorgte.

Gut, wenn man einen Monat lang allen Aussagen von Markus Söder ungefiltert und vollständig ausgesetzt wäre, hätte man ein Schleudertrauma vom Kopfschütteln und könnte mit der freigesetzten Schüttelenergie drei durchschnittliche europäische Länder locker durch den Winter heizen. Dieses Mal das Empörungs-Kleinod der Woche: Winnetou.

Der einst von Karl May in seiner sächsischen Schreibstube erfundene Apache ist inzwischen zum Kampfsymbol der AfD-nahen Anti-Woke-Bewegung geworden, die Markus Söder offensichtlich als attraktive Bald-Wähler identifiziert hat. Anders ist nicht zu erklären, warum er sich wissentlich zu der Aussage hinreissen liess, Winnetou und Old Shatterhand seien "Idole ganzer Generationen gewesen" und daher "ist es falsch, dass Buchverlage und Sender aus Sorge vor Kritik einzelner Winnetou verbannen". Und weiter: "Bei allem Verständnis, nimmt das langsam absurde Züge an".

Mal abgesehen davon, dass man "Einzelner" in diesem Kontext grossschreiben müsste, nach "Verständnis" kein Komma folgt und ein deutscher Ministerpräsident nebst vielköpfigem PR-, Sprecher-, Redenschreiber- und Social-Media-Team das eigentlich wissen müsste, darf man diesen Tweet wohl als einkalkulierte, strategische Propagandalüge bezeichnen.

Mindestens ist er aber Zeugnis eines dann offenbar der sauberen 20-Sekunden-Recherche nicht mächtigen Landeschefs. Hintergrund: Der ARD wurde von journalismus-fernen Boulevard-Gazetten zuletzt vorgeworfen, dem gender- und LGBTQ-verseuchten Woke-Wahnsinn die Steigbügel zu halten und ohne Veranlassung, in einer Art überhysterischer Ad-hoc-Säuberungsaktion das eigene TV-Programm in einer Nacht-und-Nebelaktion winnetoufrei zu stellen.

Dass die Lizenzen für Winnetou-Filme bei der ARD bereits 2020 ausgelaufen waren und die Filmserie seither beim (übrigens ebenfalls zum ÖRR gehörenden) ZDF ausgestrahlt wird (am 3. Oktober beispielsweise der oscarverdächtige "Winnetou und das Halbblut Apanatschi"), hatte Söder sicherheitshalber verschwiegen. Stimmung gegen den ÖRR ist wichtig, wenn man nicht am Ende von Mathias Döpfner für einen Propaganda-Assistenten des neuen DDR-Obrigkeitsstaates gehalten werden möchte.

Da bleibt dann schon mal, ganz axelspringeresk, die Wahrheit auf der Timeline-Strecke. Erschwerend kommt hinzu, dass Söder von vielen Kommentatoren und Kommentatorinnen, darunter unzählige sehr prominente, auf diesen, naja, Fauxpas hingewiesen wurde, es aber dennoch nicht für nötig hielt, den Tweet zu löschen oder zu korrigieren. Die Option "War ein Versehen" wird dadurch nicht unbedingt glaubwürdiger.

Aber Politstrategen wie Söder geht es ja traditionell weniger um Glaubwürdigkeit, sondern primär um Popularität bei potenziellen Wählern. Und da ist die Gruppe von schaumbemundeten Wutbürgern aktuell natürlich am attraktivsten. Dort ist man momentan nämlich noch unentschlossen, ob man NPD, AfD oder CSU wählen sollte.

Ob ein ÖRR-Diss von Wahrheit gedeckt ist, spielt in diesem bildungsfernen Pöbel-Milieu ebenfalls keine Rolle. Wer glaubt, Asylbewerbern würde von der Bundesregierung als Willkommensgeschenk erst mal ein iPhone mit unlimitierten Freiminuten überreicht werden sowie ein Freifahrtschein für Ladendiebstahl, weil er das in einer hochseriösen Telegram-Gruppe gelesen hat, den kann man auch mit Winnetou-Entzug zur kommentarintensiven Tastaturschnappatmung bringen.

Da Sanna dabei, das ist priiiiiiiiiiimaaaaaaaaa

Vizegewinnerin des wöchentlich verliehenen 'Goldenen Kopf-Tisch-Awards' wird in KW 34 die Sensations-Kolumnistin Anna Claus Strunz. Äh, nein sorry. Korrektur: Anna Clauss. Diese unsägliche Autokorrektur! Jetzt aber: Die als Deutschlands Star-Autorin Nummer 1 international bekannte Vollblut-Feministin und Gründerin der "Women Support Women"-Bewegung teilte der Nation diese Woche im Auftrag der einstmals als Politmagazin gehandelten Clickbait-Rummelgazette "Der Spiegel" in einer mit "Heul leise, Party-Sanna!" titulierten, naja, Kolumne mit, die emotionale Entschuldigung der finnischen Ministerpräsidentin Sanna Marin für ihr Tänzchen auf einer privaten Party wäre falsch gewesen.

In ihrem grenzenlosen Engagement, andere Frauen zwar nicht zu unterstützen, aber ihnen dann wenigstens nicht mit grotesk konstruierten Vorwürfen in den Rücken zu fallen, attestierte sie Sanna Marin unter anderem, echte Männer würden nicht heulen und also echte Frauen auch nicht. Sonst bräuchte man sich als Karrieremensch ohne Y-Chromosom auch nicht zu wundern, wenn Frauen als zu weich für echte Jobs gehalten würden.

Ja, so habe ich auch geguckt. Nächste Woche dann offener Brief gegen gutaussehende, junge Frauen in politischen Top-Positionen und anschliessend Talkshow-Tour durch alle Facetten des False-Balance-Imperiums von Markus Lanz. Anschliessend eigene Talkshow auf "Bild TV" mit Co-Moderator Claus Strunz. Titel: "Claus und Clauss". Erstes Thema: "Echte Männer weinen nicht. Ausser, sie sollen gendern". Kommende Woche dann: "Warum Karl Lauterbach noch dooferer ist als der ÖRR!"

Mal was Anderes: Hat irgendwer in den letzten 25 Jahren ernsthaft irgendwen "Heul leise" sagen hören, der älter als sechs Jahre alt ist? Egal, Kinderreporter sind ja gross in Mode, seit Klaas Heufer-Umlauf kurz vor der Bundestagswahl Armin Laschet von einem Duo aus zwei Achtjährigen hat begraben lassen. Stichwort Klaas Heufer-Umlauf: Seit ich den Podcast "Baywatch Berlin" aus Zeitgründen stets auf Geschwindigkeit 1,5 höre, habe ich schon acht Mal den Notarzt gerufen, wenn ich Klaas live im TV in Originalspeed habe reden hören, weil ich dann immer glaube, er hat einen Schlaganfall.

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Wer ist Alex Diekmann?

Es gab natürlich auch positive Highlights diese Woche. Samstagabend beispielsweise habe ich persönlich in einer Bar in Berlin der ÖRR-Marionette Dunja Hayali ein BVB-Trikot überreicht, sie unter falschem Vorwand einen Mitgliedsantrag bei Borussia Dortmund unterschreiben lassen, ihr eine Woke-o-Hila Frisur verpasst (hinten lang und vorne gegendert) und ihr gemeinsam mit Diana zur Löwen, Igor Levit und dem zurecht komplett unbekannten Alex Diekmann die Hymne "Rosenkohl, You Are Always On My Mind" auf den Staatsfunk-Leib geschrieben.

Evidenzbasiertes Beweismaterial dazu finden Sie jederzeit in den Story-Highlights auf meinem Instagram-Kanal. Dunja Hayali im schwarzgelben Kult-Trikot. Alleine dafür lohnt sich der Rundfunkbeitrag. Meine Meinung. Bis nächsten Montag!

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