Ein beliebtes Stilmittel für Chronistinnen des Zeitgeschehens wie mich ist es, mit einem berühmten Zitat zu starten, das irgendwie eine Brücke schlagen kann aus einer glorreichen Vergangenheit ins Heute, oder wenigstens den Anschein erweckt, die Verfasserin des Rückblicks wäre wahnsinnig belesen. Das möchte ich heute auch mal probieren.
Bei der Auswahl des geeigneten Satzes für die Ewigkeit habe ich mich tagesaktuell für den grossen Alltagsphilosophen Rudi Assauer entschieden, der einst folgenden Satz sagte: "Wenn der Schnee schmilzt, sieht man, wo die Scheisse liegt". Okay, das ist nicht Einstein und auch nicht Oscar Wilde, aber es passt diese Woche einfach perfekt, denn was soll ich sagen: Ganz schön Tauwetter diese Saison auf Schalke.
Beim bislang intensivsten Streuvorgang beim Glatteis-Kandidaten aus Gelsenkirchen wurden gerade am Wochenende mehr Kandidaten aus der sportlichen Führungsetage entlassen, als sich Menschen mit AstraZeneca impfen lassen möchten. Inzwischen gehen in Herne-West die Notbremsen und Reissleinen aus, denn dieses Mal entschied man sich nach einer fulminanten 1:5-Klatsche bei Aufsteiger Stuttgart, einer kolportierten Spielerrevolte und einer nur noch theoretisch vorhandenen Chance auf den Klassenerhalt für den totalen Kahlschlag. Klar, direkt nach der Niederlage diktierte Trainer
Schalke 04: Mehr Trainer in dieser Saison als der Durchschnittsbürger Kontakte zu anderen Menschen
Eine schlaflose Nacht später ist rechnerisch immer noch alles möglich, nur nicht, dass Gross am kommenden Spieltag die Trümmertruppe aus der Veltins-Arena als Trainer betreut. Überhaupt, was soll das heissen "rechnerisch noch alles möglich". Rechnerisch ist es auch möglich, dass ich dieses Jahr im Finale von "Germany´s Next Topmodel" neben
Übrigens: Spielerrevolte? Wie wollen denn ausgerechnet die Spieler von Schalke 04 eine Revolution anzetteln? Historisch betrachtet liegt einer erfolgreichen Revolution ja stets zugrunde, dass eine erhebliche Anzahl von Menschen damit beginnt, aus ihren normalen Alltagsaufgaben auszubrechen und stattdessen für signifikante Änderungen auf höherer Ebene sorgen. Nun hat allerdings auf Schalke schon lange kein Spieler mehr auch nur annähernd seine normale Aufgabe vernünftig erledigt. Eine Revolution nur zur Ablenkung von eigenen Unzulänglichkeiten, das nennt man nicht Revolution, sondern Maut-Affäre im Verkehrsministerium.
Insgesamt darf man resümieren: Der noch nie als sonderlich ruhiges Biotop für langfristige sportliche Basisarbeit bekannte Ruhrpott-Club ist unterdessen auch für Sponsoring-Aktivitäten derartig toxisch, dass Veltins bereits darüber nachdenkt, das Schalker Stadion für den Rest der Laufzeit ihres Namens-Sponsorings in "Brinkhoffs-Nummer-1-Arena" umbenennen zu lassen. Kein Wunder also, dass die Bandenwerbung in der Brinkhoffs-Nummer-1-Arena derweil ziemlich ausschliesslich aus "NordStream 2"-Werbetafeln besteht. Und das, obwohl die einzige Pipeline, die für Schalke 04 relevant ist, direkt in die zweite Liga führt. Kein Wunder also, dass Schalke 04 in dieser noch lange nicht beendeten Saison schon jetzt mehr Trainer hatte als der Durchschnittsbürger während der Pandemie Kontakte zu Menschen, die nicht zu seinem Haushalt gehören.
So, jetzt aber genug über Schalke. Das ist ja hier eine Unterhaltungskolumne. Was war also los bei den Schönen und Reichen diese Woche?
Stellungskrieg der Welterklärer-Bubble
Stichwort Reality-TV: Ebenfalls heiss umkämpft diese Woche: Die Relevanz der Öffentlich-Rechtlichen Sender. Nachdem Teile der CDU immer lauter die Fusion von ARD und ZDF fordern, um viele Milliarden an von AfD und Boulevardmedien zu Propagandazwecken gerne als "Zwangsgebühr" deklarierten Rundfunkbeiträgen einzusparen, brannte ein Stellungskrieg der Welterklärer-Bubble gegen das konservative Establishment auf, gegen den die Attacken von Donald Trump gegen Joe Biden wie liebevolle Poesiealben-Gedichte anmuten.
Die einen sahen ihre Jobs oder wenigstens die Hoffnung darauf, eines Tages mal von Rundfunkgebühren abseits des normalen TV-Wettbewerbs, wo noch Quoten als Erfolgswährung gelten, sicher bis ans Lebensende alimentiert zu werden, schwinden. Die anderen beschworen den inneren Christian Lindner und erinnerten daran, dass normalerweise der Markt alles regelt. Auch, ob die Nation zwei opulente Sendeanstalten benötigt, mit deren jährlichem Gebührenbedarf man alternativ auch den Hunger in der Welt beenden könnte.
Insbesondere der offiziell zumeist unter Satiriker laufende
Woher diese Angst rühren könnte, bleibt unklar. Hauptberuflich widmet sich Bremens achtbekanntester Bremer nach Oberarzt-Postbote Gert Postel, Rentnerschreck Carsten Maschmeyer, Daily-Talk-Ikone Bärbel Schäfer, Boris-Becker-Double Ben Becker, "Coco Jambo"-Sängerin Judith Hinkelmann, Revolverheld Johannes Strate und Ninja Worrier Laura Wontorra ja schon lange dem Zerschneiden von Tischtüchern. Insbesondere seiner eigenen zu Deutschlands grössten Zeitungs-Verlagen wie der FAZ (Interview nicht veröffentlicht, zack: Offener Brief), Axel Springer ("Menschenfeinde!") oder der ZEIT ("Liberalismus ist das, woran es Ihnen leider mangelt, Herr Böhmermann"), was direkt anschliessend den zweiten Böhmermann-Shitstorm der Woche entfachte. Zwei zum Preis von einem, das kennt man ja sonst nur von Julia Klöckner, bei der man neben einer Ministerin immer gleich noch ein Nestlé-Testimonial mit dazu erhält.
CSU nennt Jan Böhmermann einen "durch Rundfunkgebühren finanzierter Clown"
Wenn es im Internet hoch hergeht, ist die digitale Neuland-Partei CSU erfahrungsgemäss nicht weit. Zuverlässig kategorisierte die Spasspartei aus Bayern Jan Böhmermann diese Woche dann pauschal als "durch Rundfunkgebühren finanzierter Clown". Was lustig ist für einen Laden, der sich einen durch Steuergelder finanzierten Clown als Ministerpräsidenten hält.
Ansonsten ist es relativ ruhig geblieben. Vielleicht, weil Jens Spahn erstmal eine Weile mit dem Sortieren seiner Immobilien beschäftigt ist und bei ProSieben jetzt die Revolution ihre Kinder frisst. Oder zumindest ihre eigenen Körper. Jedenfalls, wenn ich die Aufregung um Micky Beisenherz,
Was das Naschen an leckeren Snacks angeht, liegt ProSieben allerdings traditionell vor RTL. Dieser Tage hat zum Beispiel Joko Winterscheidt eine eigene Schokoladenserie gelauncht und das dazugehörige Unternehmen Schoko Winterscheidt GmbH genannt. Alleine dafür habe ich 500 Probierpakete bestellt, die ich jetzt sukzessive an Instagram-Profile verteile, die ein Bild posten, auf denen sie ein Schild mit "Lest Marie von den Benkens Wochenrückblick!" hochhalten. Bitte alles zur schnelleren Identifikation mit @Regendelfin sowie #SchokoMarie taggen und vielleicht schon bald eine wohlschmeckende Schokolade geniessen. Vielleicht mit einem schönen Klaas heissem Kakao. Viel Glück und bis nächsten Montag!
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