Nach dem Finale der 18. "Bergdoktor"-Staffel ist Hans Sigl in einem internationalen Thriller zu sehen. "Flucht aus Lissabon" greift aktuell brisante Themen auf: Es geht unter anderem um Fake News und manipulierte Wahlen. Wir haben den Schauspieler gefragt, wie nah der Film an der Realität ist.
Im idyllischen Ellmau rettet
Im Interview mit unserer Redaktion spricht der 55-Jährige über die Gefahren der digitalen Welt, seine Stunt-Szenen in dem actionreichen Thriller und die Zukunft seiner "Bergdoktor"-Familie.
Herr Sigl, Sie sind als "Bergdoktor" bekannt und aktuell in einem neuen Thriller als Fluchthelfer im Einsatz. Ist der einzige gemeinsame Nenner, dass Sie einmal mehr versuchen, Menschen zu helfen?
Hans Sigl: Ja, das ist in etwa die einzige Gemeinsamkeit. Wir haben – wie der Titel schon verrät – in Lissabon gedreht. Es ist ein actionreicher Film, der sich nicht nur im Setting, sondern auch in der Tonalität, Optik und auch in der thematischen Aufstellung an sich nicht mit der Serie vergleichen lässt. Tom Fährmann ist ein getriebener, traumatisierter Mann, der für Gerechtigkeit, Wahrheit und das Leben gleich mehrerer Menschen kämpft.
Haben Sie bei den actionreichen Szenen auf ein Stunt-Double zurückgegriffen?
Ich versuche, actionreiche Szenen in der Regel selbst zu spielen. Doubles kommen dann zum Einsatz, wenn die Produktion beziehungsweise die Versicherung meint, dass es besser wäre, jemand anderes übernähme. Und ja, das war hier bei ein paar Sequenzen nötig. Das Besondere an dem Dreh war aber nicht die Action, sondern die Internationalität des Teams. Wir hatten vor und hinter der Kamera Kollegen aus Deutschland und Portugal, was schön war, weil man bei dieser täglichen Zusammenarbeit dann doch intensivere Gespräche führen kann und mehr über das Land erfährt, als wenn man nur für einen Urlaub da ist.
Es geht um Hacker-Organisationen, Fake News und weitere Gefahren, denen Menschen in unserem digitalen Zeitalter ausgesetzt sind. Wie nah ist der Film an der Realität?
Ich befürchte, sehr nah. Ich habe natürlich – schon bevor mir der Produzent und Autor Hans Koch das Drehbuch schickte – gewusst, dass heutzutage durch KI-Programme gezielt Fake News verbreitet werden, die kaum mehr als solche identifizierbar sind. Dadurch sind der Manipulation Tür und Tor geöffnet. Es ist ja bekannt, dass so auch Wahlen beeinflusst werden und damit die Demokratie schweren Schaden nimmt.
Das halte ich für eine grauenvolle Entwicklung und denke darum, dass man die Menschen gar nicht oft und intensiv genug darauf aufmerksamen machen kann. Glaubt nicht alles, was ihr im Internet lest – schon gar nicht, was euch der Algorithmus in eure Social-Media-Feeds spült! In dem Zusammenhang wäre auch über eine intensive Schulung unserer Kinder zu sprechen, die in Sachen Medienkompetenz in unseren Schulen leider noch nicht optimal aufgeklärt werden.
Was kann dieser Film zum Thema Migration beitragen? Und wie blicken Sie in dem Zusammenhang auf die viel diskutierte Migrationspolitik in Deutschland?
Das ist ein wirklich grosses Thema und nicht in ein, zwei Sätzen zu klären. Man muss "Migration", denke ich, sehr differenziert betrachten. Viele, viele Menschen kommen in unser Land, weil sie versuchen, sich und ihre Kinder vor Krieg und unendlicher Armut zu schützen. Das ist ein absolut legitimer Wunsch und es ist als Europäische Union unsere humanitäre Pflicht, diesen Menschen zu helfen. Wie wir das organisatorisch innerhalb der EU hinbekommen, ist die grosse Frage. Und ich denke, es dürfte sich kein einziges Land aus der Verantwortung stehlen dürfen. Dafür bedarf es dann aber auch schnellerer Verfahren, guter Integrationsstrategien und einer vernünftigen Verteilung dieser Menschen. Aktuell hapert es da ja an vielen Stellen. Gleichzeitig ist es schwer zu verstehen, dass Menschen, die als Schutzsuchende zu uns kommen und straffällig werden, nicht zügig Konsequenzen erleben.
"Tatsächlich bekomme ich leider selten Bösewicht-Rollen angeboten."
In "Flucht aus Lissabon" bringen Sie jemanden in ein "Safe House", in "Der Feind meines Feindes" befanden Sie sich im Zeugenschutzprogramm. Haben Sie eine gewisse Affinität zu Figuren entwickelt, die mit Kriminalämtern zu tun haben?
Könnte man fast glauben, verstehe. Aber nein, es geht mir bei der Auswahl einer Rolle nicht darum, dass auch eine Zusammenarbeit mit BKA oder LKA erzählt wird, sondern um die Thematik an sich, die gute Geschichte. Die lag hier vor, und wenn dann inhaltlich eine Einbindung dieser Ermittlungsbehörden zur Normalität gehört, dann ist es so.
Sie spielen nur selten Bösewichte. Weil man Sie so selten darum bittet oder weil Sie lieber den Guten spielen?
Tatsächlich bekomme ich leider selten Bösewicht-Rollen angeboten, dabei würde mich das durchaus mal wieder reizen. Ich entscheide mich aber nicht für oder gegen eine Rolle nach dem Gut-oder-Böse-Kriterium. Die Geschichte und das Drumherum müssen passen.
Ist Ellmau in Österreich, wo "Der Bergdoktor" spielt, eine Art "Safe Place" für Sie?
"Safe Place" ist vielleicht nicht das richtige Wort. Ellmau, die ganze Region am Wilden Kaiser in Tirol, ist eine zweite Heimat für mich geworden. Ich fühle mich dort sehr wohl und liebe die Arbeit mit unserem Team. Da gibt es Kolleginnen und Kollegen, die sind auch schon über 15 Jahre dabei. Wir verstehen uns privat und müssen uns bei der Arbeit nicht permanent erklären. Das macht es, neben der unglaublich schönen Kulisse, so besonders. Dazu kommt, dass wir jeden Tag aufs Neue am Set, aber auch über Social Media erfahren, wie sehr das Publikum mag, was wir produzieren. Es fühlt sich darum immer noch richtig und gut an, das Leben des Dr.
Kehrt nach dem linearen Staffelfinale (die letzte Folge lief am 06.03.) jetzt erst einmal Ruhe ein, was den "Bergdoktor" betrifft – auch mit Blick auf die mediale Aufmerksamkeit?
"Der Bergdoktor" begleitet mich fast das ganze Jahr. Aber ja, entweder sind wir auf Sendung oder wir drehen, und wenn beides nicht der Fall ist, höre ich auf der Strasse ein "Martin, mein einziger Freund". So ganz komme ich also nicht weg von der Rolle, aber das mag ich auch so. Wenn das nicht mehr wäre, müsste ich mir was anderes überlegen. Die mediale Ruhe gönne ich mir schon seit einiger Zeit immer zum Jahresanfang und auch mal in der Sommerpause. Da mache ich Digital Detox, schalte das Handy nur selten an und halte mich aus Social Media fern. Das tut gut und ist meine Empfehlung an alle!
"Man weiss nie, was die Dramaturgie einer Geschichte erfordert."
Wann beginnen die Dreharbeiten für die 19. Staffel? Lernen Sie schon fleissig Texte?
Noch mache ich Urlaub und noch habe ich auch keine Drehbücher vorliegen, bin aber schon sehr gespannt. Aber wir fangen ja erst Ende April mit den Dreharbeiten an, somit gedulde ich mich noch etwas.
In der ZDF-Mediathek gibt es Outtakes zur nun abgelaufenen Staffel zu sehen. Wie lange dauern die Lachanfälle in der Regel an, wenn zum Beispiel Ihr Kollege
Tja, das ist manchmal ein klitzekleines Problem … Es hat uns auch schon mal ein Regisseur aus dem Studio geschickt, damit wir uns wieder "sammeln" konnten. Gerade mit Mark gibt es immer was zu lachen, aber wir schaffen es normalerweise dann rasch wieder, uns zu konzentrieren. Manchmal dauert es aber auch einen Moment länger.
Ronja Forcher – sie spielt die Lilli Gruber – hat in einem Interview mit unserer Redaktion eine "unausgesprochene Abmachung" angedeutet. Ihre Kollegin geht davon aus, dass die "Bergdoktor"-Kernfamilie bis zum Schluss dabei bleiben wird. Wie schätzen Sie das ein?
Man weiss nie, was die Dramaturgie einer Geschichte erfordert, aber ja, wir starten jetzt in das 19. Jahr. Vom Hauptcast der ersten Staffel sind wir noch zu sechst (Ronja Forcher, Heiko Ruprecht, Monika Baumgartner, Nathalie O’Hara, Mark Keller und Hans Sigl; Anm. d. Red.). Und wenn nicht einer aus sehr persönlichen Gründen beschliesst, das Weite zu suchen, wüsste ich nicht, warum wir diese "Familie" auseinanderreissen sollten.
Über den Gesprächspartner
- Hans Sigl ist ein österreichischer Schauspieler und Fernsehmoderator. Seit 2008 verkörpert er den Dr. Martin Gruber in "Der Bergdoktor". Daneben ist Sigl regelmässig in TV-Thrillern zu sehen. Als Moderator führte er unter anderem mehrfach durch "Die grosse Silvester Show".