Ein deutscher Hüne trifft auf einen türkischen Schwaben. Ein Lehrerkind trifft auf ein Arbeiterkind. Ein Atheist trifft auf einen Moslem – und trotzdem haben Bastian Bielendorfer und Özcan Cosar einen gemeinsamen Nenner: die Menschlichkeit. Die beiden Comedians und ehemaligen "Let's Dance"-Teilnehmer bringen ihren erfolgreichen Podcast "Bratwurst & Baklava" als Serie ins Fernsehen. Die erste Folge wird an diesem Mittwoch (um 21.25 Uhr bei ProSieben und auf Joyn) ausgestrahlt – mit Evelyn Burdecki als prominentem Gast.
Im Culture-Clash-Interview mit unserer Redaktion liefern
Am 20. März startet "Bratwurst & Baklava – Die Show" im Fernsehen. Wie gross ist – zunächst rein auf das Kulinarische bezogen – gerade Ihr Appetit?
Özcan Cosar: Bratwurst, wenn sie nicht vom Schwein ist, esse auch ich gerne. Es gibt ja gute Alternativen, zum Beispiel Hähnchenbratwurst. Und ich liebe Baklava, das ist eine meiner Lieblingsspeisen.
Bastian Bielendorfer: Mein Appetit ist immer gross. Ich bin zwei Meter gross und Özcan Cosar sieht deshalb neben mir aus wie eine Handpuppe von Sascha Grammel. Meine Oma sagte immer: "Ein grosser Ofen braucht viel Kohle." Das beschreibt meinen Appetit wohl ganz gut.
Kulturunterschiede wie Pünktlichkeit und Gelassenheit
Herr Cosar, Sie sind als türkischer Schwabe bekannt und treffen nun nicht nur im Podcast, sondern auch im Fernsehen auf einen deutschen Hünen. Ist Bastian für Sie typisch deutsch?
Cosar: Ich glaube, dass man vor 30, 40 Jahren noch hätte sagen können, was typisch deutsch und was typisch türkisch ist. Mittlerweile ist alles miteinander verschmolzen. Ich würde sogar sagen, dass ich der "Deutschere" von uns beiden bin. Jeder kennt die klassischen deutschen Tugenden wie Ordentlichkeit und Pünktlichkeit. Diesbezüglich bin ich extrem strukturiert. Ich zähle zu diesen Typen, die sofort eine Beschwerde-E-Mail schreiben, wenn der Bus mal ein paar Minuten zu spät kommt (lacht). Basti ist in dieser Hinsicht gelassener.
Hat er recht? Sind Sie wirklich so ein gelassener Typ?
Bielendorfer: Er ist definitiv der "Deutschere" von uns beiden. Es wundert mich, dass er noch nicht mit dem Lastenrad zu seinem eigenen Schrebergarten fährt, aber das kommt sicher noch. Vielleicht verstehen wir uns auch deswegen so gut. Unsere Unterschiede sind riesig und trotzdem vereint uns die Anerkennung und der Humor.
Cosar: Ausserdem ist Basti sehr gastfreundlich und herzlich. Das kenne ich eigentlich eher von Südländern. Wenn ich ein Problem habe, dann ist es irgendwie auch sein Problem. Er fühlt da richtig mit. Aber natürlich gibt es auch Situationen, in denen ich vielleicht der Temperamentvollere bin. Es geht wirklich ineinander über – und das ist das Schöne bei uns beiden.
Herr Bielendorfer, wie sehen Sie das: In welchen Momenten ist Özcan typisch türkisch?
Bielendorfer: Er ist manchmal sagenhaft überhöflich. Jeder wird direkt zum "Bruder" erklärt und er fragt Security-Leute bei den Shows "Wie gehts der Familie?" – ohne überhaupt zu wissen, ob sie eine haben. Er ist sehr, sehr freundlich. Ich bin da deutsch. Ich bin der Typ, der bei der Familienfeier auf den Tisch klopft und "Ich bin dann mal weg!" sagt, um mich zu verabschieden.
Auch wenn die Unterschiede heutzutage nicht mehr so gross sind: In Ihrem Podcast konnten wir bereits lernen, dass es auf Türkisch heisst: "Ich lade dich ein." Während es auf Deutsch heisst: "Jeder zahlt getrennt."
Cosar: Das stimmt, genauso war es damals bei unserem ersten Treffen. Zuerst war ich verwundert, dass Basti beim Casting ein Klemmbrett dabei hatte, um sich Notizen zu machen. Als es dann später nach einem gemeinsamen Essen ums Zahlen ging, habe ich gesagt: "Ich mache das, ich lade dich ein." Basti war damit zunächst total überfordert und wollte mir später tatsächlich das Geld zurückgeben.
Bielendorfer: Özcan empfindet das fast als offene Kriegserklärung, wenn er nicht bezahlen darf. Ich habe ihn mal mit einem türkischen Kollegen von uns fast zehn Minuten diskutieren sehen, wer, wen jetzt einlädt. Für Deutsche unvorstellbar.
Cosar: Inzwischen hat Basti aber verstanden, dass man sich verbal darum schlagen muss, wer am Ende die Rechnung bezahlen darf. Bei uns Türken ist es eine Art Ritual – jeder möchte bezahlen.
Den Podcast "Bratwurst & Baklava im Fernsehen etablieren
Wie gross ist das Wagnis, einen erfolgreichen Podcast ins Fernsehen zu bringen?
Cosar: Zunächst einmal geht für uns natürlich ein Traum in Erfüllung, dass wir unsere Rumzickereien nun auf die Bildschirme der Menschen zu Hause bringen dürfen. Grundsätzlich ist es immer ein Wagnis und eine grosse Herausforderung, ein neues Format im Fernsehen zu etablieren. Wir haben in Deutschland und der Türkei gedreht, es ging teilweise schon etwas chaotisch zu. Das Schöne ist, dass uns der Sender und die Produktion so sein lassen, wie wir sind.
Herr Bielendorfer, Sie haben laut einer Pressemeldung zur TV-Sendung gesagt, dass "die Show nicht unbedingt den Gepflogenheiten des Fernsehens entspricht". Woran machen Sie das fest?
Bielendorfer: Fernsehen ist oft sehr strukturiert, sehr geplant und deshalb auch sehr gleichförmig. Wir wollen uns das Chaos, die Themensprünge, die Lockerheit bewahren, die "Bratwurst & Baklava" seit vielen Jahren so erfolgreich macht. Wir sind keine Moderationsmaschinen, sondern Comedians. Wenn mal eine Anmoderation schräg wird, dann ist das das Ziel und kein Makel.
Sie beide wirken in dem Podcast "Bratwurst & Baklava" sehr vertraut miteinander. Kannten Sie sich eigentlich schon vorher?
Cosar: Unseren gemeinsamen Podcast gibt es seit fast fünf Jahren. Zu Beginn haben wir uns überhaupt nicht gekannt. Wir wurden damals richtig gecastet. Insofern sind wir die Backstreet Boys des gesprochenen Wortes. Erst über den Podcast haben wir uns kennen- und als Freunde lieben gelernt. Das Interessante an dieser Konstellation ist: Die Geschichten, die wir uns erzählen, haben wir vorher noch gar nicht gekannt. Es läuft also ganz anders ab als bei Podcasts, in denen sich zwei alte Freunde über das austauschen, was sie privat schon zuvor zigmal durchgekaut haben. Mittlerweile ist die Gegenwart, also das, was uns alltäglich passiert, unsere Geschichte.
In welchen Bereichen ticken Sie ähnlich und in welchen Bereichen verfolgen Sie eher kontroverse Ansätze?
Bielendorfer: Wir haben einen sehr ähnlichen Humor und sind beide sehr fokussiert, wenn wir arbeiten. In unserem Job gibt es meist keine zweite Chance – ein Lacher, der nicht entsteht, kommt nicht zurück.
Cosar: Ich muss mein Eingangsstatement an dieser Stelle ein bisschen revidieren: In manchen Situationen merke ich schon, dass Basti ein Deutscher ist (lacht). Bei einem Werbetermin für unsere TV-Show sollten wir in einem Ape (ein dreirädriges Rollermobil, auch als "Vespacar" bekannt; Anm. d. Red.) ein paar Runden drehen. Ich bin das Ding, das maximal 20 km/h macht, gefahren. Basti sollte sich einfach nur hinten drauf stellen, doch er wollte zuerst die versicherungstechnischen Fragen abklären. Er ist schon sehr akribisch und sicherheitsbestimmt …
Bielendorfer: Ja, ich bin der Typ, der sich selbst beim Rangieren auf einem Parkplatz anschnallt. Ötze fährt auch mal 80 km/h im Parkhaus … teilweise auch rückwärts.
Cosar: Wichtig aber ist, dass wir mit Blick auf ethische und moralische Werte deckungsgleich sind. Wir setzen uns beide für Minderheiten und gegen Diskriminierung und Rassismus ein. Genau das macht es aus. Egal, wie sehr wir uns necken und fertigmachen: Es gibt immer dieses eine Thema, bei dem wir komplett übereinstimmen.
Mussten Sie das "Vespacar" eigentlich steuern, weil Basti, der "deutsche Hüne", nicht in den Fahrerraum hineinpasste?
Cosar: Ganz genau so war es. Zugegeben: Dieses Gefährt kommt aus Italien, da sind die Menschen nicht gerade riesig. Aber Basti ist einfach mal zwei Meter gross – und er hat keines seiner Körperteile unter Kontrolle (lacht).
Bielendorfer: Mit Ausnahme meines Mundes und meines Hirns bin ich nun mal ein kompletter Körperklaus.
Welches vorrangige Ziel verfolgen Sie mit Ihrem Kultur-Schlagabtausch – sowohl im Podcast als auch im TV?
Bielendorfer: Wir wollen die Kulturunterschiede zwischen uns auf die Schippe nehmen und die Leute zum Lachen bringen. Am Ende sind wir doch alle vor allem eins: Menschen.
Cosar: Basti ist Deutscher, ich bin Türke. Er ist ein Lehrerkind, ich bin ein Arbeiterkind. Er ist in einem Einfamilienhaus gross geworden, ich bin in einer Einzimmerwohnung mit fünf Personen gross geworden. Er ist Atheist, ich bin Moslem. Dass wir zwei komplett unterschiedliche Menschen sind, sagt ja schon der Titel "Bratwurst & Baklava" aus – ein türkisches Süssgebäck trifft auf eine deftige Schweinefleischwurst.
Und doch gibt es Gemeinsamkeiten …
Cosar: Richtig. Der gemeinsame Nenner von "Bratwurst & Baklava" ist, dass es sich jeweils um Lebensmittel handelt. Bastis und mein gemeinsamer Nenner wiederum ist, dass wir beide Menschen sind. Und so unterschiedlich wird auch sein mögen, haben wir trotzdem vieles gemeinsam und sind zu engen Freunden geworden. Ich rufe Basti häufiger an als meine Mama. Wir dürfen – insbesondere in unserer heutigen Zeit – nie vergessen, worum es eigentlich geht. Egal, wie verschieden wir mit Blick auf unsere Sexualität, Religion und Hautfarbe auch sind: Das, was uns alle verbindet, ist die Menschlichkeit.
Rückblick auf "Let's Dance"
Eine weitere Parallele zwischen Ihnen beiden ist "Let's Dance". Herr Bielendorfer, Sie haben 2022 als Sechster gut abgeschnitten. Wie ist Ihnen das gelungen, obwohl Sie doch angeblich "keines ihrer Körperteile unter Kontrolle haben"?
Bielendorfer: Durch pure Selbstironie und Kampfgeist: Ich war von Anfang bis Ende unfassbar erbärmlich, aber ich konnte über meine Unfähigkeit lachen. Und die Zuschauer haben gesehen und mir geglaubt, dass ich wirklich alles gebe, was ich zu bieten habe.
Cosar: Na ja, "Let's Dance" ist ja keine Tanzshow, sondern eine Entertainmentshow. Es geht ums Gesamtpaket. Und da muss ich zugeben: Basti hat einfach riesig abgeliefert, er war wirklich sensationell.
Woran hat es bei Ihnen 2019 gehapert? Immerhin betreiben Sie seit Ihrer Kindheit Breakdance.
Cosar: Ich habe bei "Let's Dance" auch einen super Titel errungen, schliesslich wurde ich Zweiter – allerdings von hinten (lacht). Breakdance ist natürlich etwas ganz anderes als Standardtanz oder lateinamerikanische Tänze. Hinzu kommt, dass ich vor 2019 noch kaum TV-Präsenz hatte. Im Vergleich zu den anderen Kandidaten war ich eher unbekannt. Ich war in der Show damals zwar zurückhaltend, hatte aber riesigen Spass. Die Produktion ist sensationell und meine Tanzpartnerin (Marta Arndt) war fantastisch.
Über TV-Total und Raab Nachfolger Pufpaff
Weniger TV-Präsenz? Sie hatten schon vor gut zehn Jahren einen Auftritt bei "TV total" …
Cosar: Ja, das ist richtig. Ich war in dieser Sendung allerdings nur ein Comedy-Spot. Fünf Minuten – und das war's. Ich erinnere mich aber noch gut daran: Nie zuvor und nie mehr danach war ich so aufgeregt. Letztendlich ging alles gut – und von Stefan Raab war ich besonders begeistert, weil er zwei Shows hintereinander aufzeichnete. Helge Schneider war übrigens auch in der Show zu Gast, für mich ein weiterer Magic Moment.
Wie gefällt Ihnen zum einen Sebastian Pufpaff als Raab-Nachfolger und zum anderen die "TV total"-Rubrik "Dönerman"?
Cosar: Sebastian Pufpaff ist es aus meiner Sicht gelungen, Stefan Raabs Fussstapfen auszufüllen. Und wir sprechen hier über den meiner Meinung nach grössten Entertainer, den Deutschland je hatte. Sebastian hat seine eigene Farbe, seinen eigenen Style reingebracht. Und der "Dönerman" ist natürlich ein türkischer Superheld.
Im Rahmen von "Bratwurst & Baklava" haben Sie der Jagd- und Hundemesse einen Besuch abgestattet. Beiträge wie diese finden auch bei "TV total" statt. Wie haben Sie dieses Erlebnis in Erinnerung behalten?
Cosar: Ich bin in eine Welt eingetaucht, in der ich normalerweise überhaupt nicht zu Hause bin. Während ich Basti nach Istanbul mitgenommen habe, hat er mich zu dieser Messe geschleppt. Ich liebe Tiere, hatte aber noch nie einen Hund. Es ging schon ziemlich traditionell und speziell zu. Von Jagdhütten bis hin zu einem Blasorchester gab es praktisch nichts, was es nicht gab. Aber nur wenn man sich auf etwas einlässt, kann man auch etwas mitnehmen. Zum Beispiel habe ich erfahren, wie Rettungshunde ausgebildet werden. Das war für mich wirklich eine interessante Erkenntnis.
Herr Bielendorfer, wo hat es Ihnen in Istanbul besser gefallen: beim Öl-Ringen oder bei der Beschneidungsfeier?
Bielendorfer: Letzteres. Die Türken sind einfach unfassbar freundlich und die Leute auf den Strassen haben mir zugejubelt, als ich da in meinem weissen Zauberergewand, das ein bisschen nach Siegfried und Roy in den 90ern aussah, durch die Strassen gefahren worden bin.
Bitte beschreiben Sie Özcan Cosar abschliessend mit drei Worten!
Bielendorfer: Lustig. Herzlich. Anstrengend.
Die letzten drei Worte haben Sie, Herr Cosar: Bitte beschreiben Sie Bastian Bielendorfer!
Cosar: Herzlich. Lispelnd. Und nervig. Bastian ist die deutsche Version von süsssauer.
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