Ground Control to Major Tom: In der neuesten Folge ihres Podcasts "Kaulitz Hills" berichten Bill und Tom Kaulitz vom qualvollen Leben in ihrem Tourbus. Nachvollziehbar, vereint so ein Tourbus doch die Nachteile einer Mitfahrgelegenheit mit den Nachteilen des öffentlichen Personennahverkehrs.

Christian Vock
Eine Satire
Diese Satire stellt die Sicht von Christian Vock dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

"Wir haben nicht viel geschlafen die letzten Tage", fällt Tom in der neuesten Ausgabe von "Kaulitz Hills" ein wenig mit der Tür ins Haus. In diesem Fall ist es die halbautomatische Tür eines Tourbusses, denn, wie Tom weiter erklärt: "Wir tingeln durch die Lande." Vom Schlafmangel abgesehen zeigt das Leben auf Tour aber noch andere Begleitsymptome: "Mein Siebgehirn ist noch siebiger", erklärt Bill, denn seine Tage seien "so, so, so voll". Auch Tom nimmt die Siebgehirnigkeit seines Bruders wahr und attestiert ihm eine gewisse Hilfsbedürftigkeit: "Du steigst nicht mal aus dem Auto ohne Hilfe."

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Das will Bill in dieser Form nicht auf sich sitzen lassen, rechtfertigt seine Ausstiegshilfe mit der Aufwendigkeit seiner Haare und seines Outfits und erklärt seine Derangiertheit wie folgt: "Ich habe sehr viel Dinge, an die ich denken muss." So einen vollen Kopf kennt jeder, aber woran könnte Bill nur denken müssen, dass er mental derart ermattet ist? "Ich brauche immer ein kleines Täschchen mit meinen ganzen Sachen drin. Dann braucht Alfia ihre eigenen Sachen natürlich", berichtet Bill über sich und seinen Hund auf Reisen.

Ja, manche haben es nicht leicht und man kann sich vorstellen, dass Bill heimlich davon träumt, andere, kleinere Probleme zu haben. Etwa die Probleme einer Pflegekraft, wenn sie die kommende Schicht wieder einmal alleine stemmen muss. Oder die Probleme einer alleinerziehenden Mutter, die sich fragt, wie sie in diesem Monat nur über die Runden kommen soll. Aber das Schicksal ist nun mal ungerecht. Doch zum Glück erlaubte Bills voller Kopf noch eine kleine Abwechslung, die ihm in Zukunft vielleicht sogar das Leben erleichtern könnte.

Bill Kaulitz: "Ich möchte jetzt einen Helikopter haben"

Die beiden Brüder haben nämlich einen Helikopterflug gemacht und weil Bill von diesem Flug derart begeistert ist, steht für ihn fest: "Ich möchte jetzt einen Helikopter haben." Tom steht der Idee wohlwollend gegenüber, würde dafür sogar einen Pilotenschein machen, das dauere gar nicht mal so lange. Bis es so weit ist, verkürzen sich die Brüder die Wartezeit mit ein paar grundsätzlichen wie praktischen Überlegungen zu Hubschraubern. "Können wir auf meinem Dach den Helikopter parken? Der Pilot meinte: ja", sagt Bill etwa. Ich kenne die Situation in Los Angeles nicht, aber wenn ich an die Parkplatzsuche in deutschen Innenstädten denke, erscheint mir das ein kluger Gedanke.

Tom denkt bei seiner Antwort allerdings zuerst an die Nachbarn und meint: "Das kommt, glaube ich, auf die Gegend an." Intuitiv hätte ich gesagt: Das kommt auf das Dach an. Und natürlich auf die Flugkünste von Tom. Bei einem Flachdach sehe ich zum Beispiel weniger Probleme als bei einem herkömmlichen Schrägdach. Da muss man schon ziemlich gut einparken können, damit der Hubschrauber gerade steht. Ich ärgere mich jedenfalls immer sehr, wenn ich in eine Parklücke nicht reinkomme, nur weil der Nebenmann so dusselig schief eingeparkt hat. Auf jeden Fall sollte Tom auf einem Schrägdach beim Parken die Handbremse anziehen.

Bei der Frage, ob Bills Dach nun als Helikopterparkplatz geeignet ist, kommen die beiden nicht recht weiter; Tom ist sich aber sicher, dass dann "Leute von der Stadt" vorbeikämen, die gucken, ob das sicher genug sei. Ich finde es beruhigend, dass sich die beiden Brüder so viele Gedanken über die Sicherheit von Bills Helikopterabenteuer machen. Schliesslich gibt es genügend Ideen, die zu wenig durchdacht wurden. Man denke nur an die Erfindung des selbstgebauten Würgeroboters.

Fragen, die noch zu klären sind

Für mich kommen Bill und Toms Zukunftsvisionen dennoch ein bisschen zu früh, denn es gibt ein paar Fragen, die für mich auch nach dem Brainstorming der Brüder offenbleiben. Ich bin nämlich, daraus mache ich keinen Hehl, im Zeitalter des Automobils aufgewachsen, kenne mich daher in der Welt der Helikopter nicht besonders gut aus. Ich bin zwar ein aufgeschlossener Mensch, möchte dennoch auf lieb gewonnene Gewohnheiten aus der mir vertrauten Welt der Personenkraftwagen nicht verzichten. Ich frage mich zum Beispiel, ob man auch bei einem Helikopter ein Warndreieck und eine Warnweste mitführen muss. Ich denke, wenn ein Helikopter mal liegen bleibt, bekommt man das auch ohne Warndreieck und Warnweste mit.

Fragen, die mich ebenfalls umtreiben: Kann man mit seinem Helikopter gefahrlos Anhalter mitnehmen? Wie teuer ist das Pinkeln auf einem Hubschrauberrastplatz? Gibt es in der Luft Einbahnstrassen? Enden auch hier Radwege einfach so? Werde ich auch in öffentlichen Helikopterbussen vom Busfahrer angeschnauzt? Was kostet ein Hubschraubercabrio? Und: Gibt es für flugaffine Boomer-Männer auch schon Helikopter-SUVs? Das wäre mir wichtig, schliesslich soll in der Luft der gleiche Unsinn möglich sein wie am Boden. Ich mag es nämlich nicht, wenn Neues zu schnell kommt. Ich finde langsame Übergänge besser.

Ein bisschen Tradition muss sein

Deshalb beschäftigt mich auch die Frage: Wie weit ist denn die Industrie mit Elektrohubschraubern? Gibt es hier auch schon eine ausreichend grosse Gegenlobby? Ich möchte jedenfalls keinen E-Helikopter fliegen, wenn ich nicht weiss, ob auch genügend Populisten dagegen sind und am Verbrennerhubschrauber festhalten wollen. Das Gleiche gilt für Verkehrsminister. Wenn ich schon E-Helikopter fliege, dann will ich, dass vorher mindestens ein CSU-Verkehrsminister die E-Helikoptermaut verbockt hat und einer aus der FDP die Verkehrswende auch nicht hinbekommt.

Wenn wir wirklich in Bill und Toms Fussstapfen treten sollen, dann will ich, dass man an Stammtischen und bei Familienfesten über die vielen Nachteile von E-Helikoptern spricht und dabei seine Sätze anfängt mit "Ich würde ja, aber …". Diskussionen über ein Tempo-Limit für E-Helikopter sollen hingegen mit "Ich lass mir nicht vorschreiben …" beginnen. Da bin ich traditionsbewusst. Ohne ein paar vertraute Sprüche würde ich mich in einem E-Helikopter unwohl fühlen.

Ich möchte ausserdem, dass man in diesem Zusammenhang auf die Grünen schimpft, weil das ja bestimmt irgendwas mit Klimaschutz zu tun hat, und wenn nicht, sind die Grünen ohnehin gerade an allem schuld. Ich bitte auch darum, dass das Geschimpfe auch hier von breit angelegten Kampagnen der CSU und der "Bild" begleitet wird. Ich brauche einfach dieses Gefühl, dass sich nicht gleich alles ändert, nur weil ich E-Helikopter fliege.

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