Dolly Buster spricht mit unserer Redaktion über ihren offenen Umgang mit Depressionen, ihren Abschied von der Malerei und Reality-Stars, die niemand kennt.
Die Malerei war viele Jahre lang ihre grosse Leidenschaft, der sie gesundheitsbedingt aktuell nicht mehr nachgehen kann. An diesem Donnerstag stellt
Liebe Dolly Buster, Sie haben bereits vor einiger Zeit öffentlich gemacht, an Depressionen erkrankt zu sein. Wie geht es Ihnen aktuell?
Dolly Buster: An meiner Situation hat sich nicht viel verändert. Und leider wird sich daran wohl auch nie wieder etwas ändern – zumindest deuten die Prognosen darauf hin.
Umso mehr Hochachtung habe ich davor, dass Sie an diesem Donnerstag in Düsseldorf (Beginn: 18 Uhr) eine Vernissage auf die Beine stellen werden, die sicherlich bereits im Vorfeld viel Arbeit erfordert hat. Fühlen Sie sich bereit für dieses Event?
Gott sei Dank ist das für mich in dem Sinne keine Arbeit, weil ich einen tollen Galeristen und eine weitere Künstlerin an meiner Seite habe, die sich um die gesamte Organisation kümmern. Die Einladungen wurden verschickt und meine Bilder, die ausgestellt werden sollen, bei mir Zuhause abgeholt. Dass mir Aufgaben wie diese abgenommen worden sind, war sehr wichtig für mich, denn das hätte ich mir nicht unbedingt zugemutet. Ich weiss, dass alles in guten Händen ist – und darüber bin ich ausgesprochen froh.
Ihre "Ladies Art Vernissage" wird an einer Top-Adresse, nämlich in der KÖ Galerie, stattfinden. Was werden die Kunstliebhaber denn zu sehen bekommen?
Sie werden tatsächlich die Werke zu sehen bekommen, die ich bis vor wenigen Tagen noch an meinen eigenen Wänden hängen hatte. Die Menschen dürfen sich auf die letzten Bilder freuen, die ich gemalt habe. Davon ist leider auszugehen, denn im Moment male ich nicht mehr. Und ich glaube auch nicht, dass ich diese Arbeit in Zukunft noch einmal werde aufnehmen können. In den vergangenen drei, vier Jahren habe ich kein einziges Bild mehr angefasst. Zum Glück bin ich aber noch auf ein von mir angefangenes Bild gestossen, das meine Künstlerkollegin gerne in ihrem Atelier vollenden möchte, damit wir es für einen guten Zweck für Kinder versteigern können.
Haben Sie wirklich keinerlei Hoffnung, dass Sie Ihrer Passion eines Tages wieder nachgehen können?
Ich kann nur über die Situation sprechen, wie sie sich momentan darstellt. Die Hoffnung habe ich nicht aufgegeben, im Leben gibt es immer Überraschungen. Nur als Künstler braucht man eine gewisse Konzentration und Ausdauer. Früher habe ich ganze Nächte durchgemalt, weil ich wusste, dass ich in dieser Zeit meine Ruhe haben und mich niemand anrufen würde. Doch das geht heute nicht mehr, ich schaffe es einfach nicht.
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"Angststörungen können sich bei mir auch in Form von Klaustrophobie bemerkbar machen"
Was zeichnet Ihre Werke aus? In einem anderen Interview haben Sie einmal gesagt: "Ich kann gut Brüste malen."
Das stimmt, Brüste kann ich sehr gut malen – einen Popo aber mindestens genauso gut (lacht). Alles, was weiblich und rund ist, geht mir sozusagen gut von der Hand. Grundsätzlich liegt mein Fokus auf Detailaufnahmen. Ob Lippen oder Augen: An jeder Frau gibt es doch etwas Schönes zu bewundern. Zu 99 Prozent male ich Frauen – und zwar mit Kohle auf Leinwand, im Anschluss dann mit Acryl nachverarbeitet. Diese Methode habe ich mir mal in der Kunstakademie Düsseldorf angeeignet.
Das Malen ist das eine, das Präsentieren der Kunstwerke vor Menschen das andere. Wie schwer fällt es Ihnen mit Blick auf Ihre Krankheit, öffentliche Auftritte wahrzunehmen? Oder können Sie vielleicht sogar etwas Kraft aus Begegnungen dieser Art schöpfen?
Kraft gibt mir das tatsächlich leider nicht, weil ich natürlich auch häufig auf das Thema angesprochen werde. Es ist grundsätzlich nicht schön, über eine Krankheit zu sprechen. Daher mache ich das auch nicht so gerne. Hinzu kommt, dass sich Angststörungen, unter denen ich leide, auch in Form von Klaustrophobie bemerkbar machen können. In einem geschlossenen Raum mit vielen Menschen kann sich mein Zustand jederzeit verschlimmern. Das Schlimmste ist die Angst vor der Angst. Wenn man also Angst davor hat, dass man Angst bekommen könnte, sind Veranstaltungen mit vielen Menschen für mich immer mit einer grossen Herausforderung verbunden.
Sie gehen mit Ihrer Krankheit offen um. Haben Sie sich zu diesem Schritt entschlossen, um auch anderen Menschen helfen zu können, denen es ähnlich geht wie Ihnen?
Ich denke, dass es nicht verkehrt ist, wenn auch Personen des öffentlichen Lebens über ihre Krankheit sprechen. Am Ende muss es aber natürlich jeder für sich selbst entscheiden. Früher wurde es als Zeichen von Schwäche gesehen, wenn man gesagt hat, dass es einem schlecht geht. Insbesondere Depressionen galten lange als Tabuthema. Man schämte sich dafür – und noch schlimmer: Familienmitglieder schämten sich dafür. Das muss man sich mal vorstellen …
Haben Sie so etwas am eigenen Leib erfahren müssen?
Ja, ich nenne Ihnen ein Beispiel. Meine Mutter wusste natürlich von Beginn an von meiner Erkrankung. Sie fand es nicht gut, dass ich damit so öffentlich umgehe. Interessanterweise fand sie es überhaupt nicht schlimm, dass über meinen früheren Beruf als Pornodarstellerin berichtet wurde. Dass Depressionen und Tinnitus in Zusammenhang mit meiner Person genannt wurden, empfand sie jedenfalls als deutlich unangenehmer. Diese Denkweise habe ich nie verstanden, sie konnte es mir auch nicht erklären. Ich glaube aber, dass sie meinen öffentlichen Umgang mit meiner Krankheit bis heute nicht wirklich gutheisst.
Was meinen Sie: Woher kommt diese Denkweise?
Vielleicht geben sich gerade Eltern eine Mitschuld daran. Sie denken vermutlich, dass sie ihren Teil dazu beigetragen haben, wenn bei ihrem Kind im Leben nicht alles optimal gelaufen ist. Doch wer sagt denn, dass es bei mir nicht optimal gelaufen ist? Wir sprechen hier von einer Krankheit.
"Stefan Raab fehlt dem deutschen TV schon sehr"
Ich habe Ihnen eingangs die Frage "Wie geht es Ihnen?" gestellt, auf die vermutlich die meisten Menschen "Gut" antworten würden, auch wenn es Ihnen gar nicht gut geht. Steht das sinnbildlich für die Leistungsgesellschaft, in der wir leben?
Zunächst einmal akzeptiere ich persönlich diese Frage nur dann, wenn sie mir – wie in diesem Fall geschehen – von einem Journalisten oder einer Person, die ich kenne, gestellt wird. Wenn mir jedoch fremde Menschen diese Frage stellen, finde ich sie fast schon respektlos. Der Grund ist, dass sich die meisten Menschen doch gar nicht wirklich für die andere Person interessieren, der sie diese Frage gestellt haben. Wenn ich sie dann aber beantworten soll, dann sollte man sie meiner Meinung nach auch ehrlich beantworten. Auf Floskeln kann ich hingegen gut und gerne verzichten.
Als Person des öffentlichen Lebens kennen Sie viele verschiedene Menschen, darunter auch
Daran erinnere ich mich noch gerne zurück. Stefan Raab, der schon immer genial war, hatte die Idee, eine Vernissage bei ihm im TV-Studio zu machen. Ich habe ihn dann in der Sendung gemalt – mit Teufelshörnchen auf dem Kopf. Stefan gehört übrigens zu den wenigen Männern, die ich je gemalt habe. Seine Sendungen waren einfach Kult, er fehlt dem deutschen TV schon sehr.
Schauen Sie heute überhaupt noch Fernsehen?
Ich gucke so gut wie gar kein TV mehr. Wenn ich mal einschalte, sehe ich immer nur das Gleiche. In der Regel sind es Durchtätowierte, die am Pool liegen und sich beleidigen. Oder sie weinen, weil sie sich vor laufenden Kameras bewusst betrügen, obwohl sie genau wissen, dass es die Partnerin oder der Partner im Anschluss ohnehin zu sehen bekommt.
Sie scheinen kein Reality-Show-Fan zu sein ...
In den Reality-Formaten finden inzwischen nur noch Leute statt, die zuvor nie jemand gesehen hat. Die Berechtigung, warum diese unbekannten Menschen an einer Promi-Show teilnehmen, erschliesst sich mir nicht. Zudem können sich die meisten nicht einmal artikulieren. Warum soll ich mir so etwas anschauen? Früher hatten wir echte Stars, wie eben Stefan Raab oder Harald Schmidt.
Waren Reality-Shows früher interessanter? Sie haben 2004 am "Dschungelcamp" teilgenommen …
Ich bin "Dschungelcamp"-Fan von der ersten Sekunde an – und das nach wie vor. Vieles hängt allerdings davon ab, wer im Hintergrund den Schnitt macht, denn davon lebt die Sendung. Der Schnitt ist letztendlich auch Kunst. Als Fachfrau erkenne ich natürlich die Dramaturgie dahinter. Tatsächlich war ich damals weniger als 24 Stunden im Dschungel, es wurde halt nur auf zwei Folgen geschnitten. Für mich war dieser eine Tag im Camp so prägend und schlimm, dass ich bis heute nicht dazu imstande bin, mir die beiden Folgen anzusehen.
Ich schliesse daraus, dass Sie vermutlich nicht ein zweites Mal ins "Dschungelcamp" einziehen werden. Doch wird es vielleicht noch eine weitere Vernissage geben?
Ja, ich denke schon. Wir planen mit einer weiteren Vernissage, die im Februar in Hamburg stattfinden soll. Wir müssen es aber ein bisschen davon abhängig machen, ob zu diesem Zeitpunkt überhaupt noch genügend Bilder vorhanden sein werden. Ich gehe aber davon aus, dass es klappen wird.
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