Der pompööse Designer Harald Glööckler wird 50: Im grossen Geburtstags-Interview verrät der Paradiesvogel, warum er sich in der Öffentlichkeit eigentlich nicht wohl fühlt, was er wirklich von der deutschen Schickimicki-Gesellschaft hält und warum er sich selbst mit einem "Gemälde in einem Museum" vergleicht.
Herr
Harald Glöckler: Mit sechs oder sieben Jahren habe ich mich dazu entschieden, jede Frau zu einer Prinzessin zu machen. Ich hatte eine etwas schwierige Kindheit und habe auch miterlebt, dass meine Mutter viel gelitten hat unter den Attacken und Launen meines Vaters. Da habe ich beschlossen, den Frauen das Leben schön zu machen, ein Modeprinz zu werden.
Haben Sie ein Beispiel, was Sie heute anders machen würden?
Gar nichts. Ich würde alle Fehler noch mal machen. Nur eben ein bisschen früher, damit ich mehr davon habe. Was wir als Fehler benennen, sind Lehrmassnahmen. Was wir als Fehler und schwere Zeiten betrachten, bringt einen am meisten nach vorne.
Künftig wollen Sie auf Botox verzichten, haben Sie vor wenigen Monaten gesagt. Ist das so ein Fehler, aus dem Sie gelernt haben?
Nein, zu dem Zeitpunkt, als ich es gemacht habe, war es richtig. Und zum jetzigen Zeitpunkt ist es auch richtig. Es hat alles seine Zeit, aber jetzt ist es gut.
Wie feiern Sie Ihren 50. Geburtstag - mit grossem Tamtam oder eher zurückgezogen zu Hause?
Ich wollte eigentlich gar nicht feiern, weil ich Geburtstage nicht per se als Grund zum Feiern ansehe. Ich bin niemand, der Dinge gerne macht, weil man sie macht. Nun ist der 50. aber sehr interessant für Freunde und Familie. Dann habe ich gesagt: Gut, ich feiere doch, aber nur im kleineren, familiäreren Kreis. Unter Ausschluss der Öffentlichkeit.
Das passt gar nicht zu Ihrem Lebensstil, den Sie sonst öffentlich präsentieren …
Das passt genauso zusammen, wie die Queen, die morgens aus der Tupperdose ihr Frühstück isst und abends eine Krone auf dem Kopf hat. Bodenständigkeit ist etwas Wichtiges im Leben. Wir leben in einer Dualität. Im selben Masse wie ich extravagant und exzentrisch bin, bin ich auch bodenständig, loyal und seriös.
Also Harald Glööckler läuft privat auch gerne mal mit Jogginghose rum?
Nein, nicht unbedingt. Ich laufe oft nackt herum oder in der Unterhose. Jogginghose eher nicht. Zu Hause also ganz leger.
Bei Ihnen kann man aber nicht in die Wohnung schauen, oder?
Nein, bei uns sind die Jalousien immer runtergelassen. Wir haben auch einen Wintergarten mit getönten Scheiben und sind fast über den Dächern von Berlin.
Gerade weil Sie so schrill auftreten, werden Sie oft veräppelt. Nagt so etwas an Ihnen?
Nein, indem man jemanden veräppelt, veräppelt man sich meistens auch selbst. Wenn Sie sich über jemanden lustig machen, machen Sie sich nicht unbedingt besser. Damit macht man sich keine Freunde. Im Grunde genommen bin ich wie ein Gemälde im Museum. Der eine findet’s gut, der andere nicht. Und das ist auch in Ordnung.
Gefällt es Ihnen, so zu polarisieren?
Es bleibt mir nichts anderes übrig. Ob es einem gefällt oder nicht, ist gar nicht das Thema. Es ist einfach so. Dass manche auch unter die Gürtellinie gehen, ist eine Frage von gutem oder schlechtem Stil. Aber das braucht einen ja nicht zu interessieren.
Inzwischen sind Sie Kritik gewohnt. Aber wie war das, als Sie noch ganz frisch im Rampenlicht standen. Das kann doch nicht spurlos an einem vorbeigehen?
So ganz erhaben war ich damals noch nicht darüber. Das hat auch nichts mit Bekanntheit zu tun. Wenn man anders ist, sich optisch anders gibt, dann stösst man immer auf Menschen, die es gut finden. Oder auf Menschen, die es nicht gut finden und entsprechende Äusserungen machen. Das habe ich schon mein ganzes Leben erlebt. Das hat mich aber nicht gehindert, so weiterzuleben, wie ich es will. Natürlich war ich ab und zu davon betroffen, für mich war das aber kein Grund, etwas daran zu ändern.
Vor zwei Jahren haben Sie sich bewusst etwas aus der Öffentlichkeit zurückgezogen und gesagt: "Ich habe genug gezeigt. Das ist auf Dauer nicht meine Welt." Was hat Sie hier am meisten belastet?
Was mich stört, ist, dass die sogenannte Welt der Reichen und Schönen sehr aufgesetzt ist. Und die Hälfte davon ist nicht reich und die andere Hälfte ist nicht besonders schön. Insofern ist das ein grosser Fake. Es ist nicht meine Welt, ich bin ein harter Arbeiter. Und wenn ich mich der Öffentlichkeit zeige, dann weil ich etwas zu promoten habe. Aber nicht um auf irgendeinem roten Teppich herumzulaufen. Schliesslich habe ich ein Zuhause. Dort sitze ich gern mit Freunden und der Familie, dass bringt mir mehr. Das andere bin ich eben nicht.
Aber Ihre Kollektion heisst "Pompöös", ist schrill und schreit geradezu nach Aufmerksamkeit. Ist das nicht ein Widerspruch?
Das eine ist mein Business, das andere mein Privatleben. Das muss man doch auseinanderhalten können. "Pompöös" hat nichts damit zu tun, dass ich mich privat ein wenig zurücknehme. Nur weil einer Totengräber ist, muss er sich ja nicht ständig zwischen Särge legen.
Harald Glööckler, vielen Dank für das Gespräch.
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