Der Kardashian-Clan ist weltberühmt und hat mehrere hundert Millionen Follower im Social Web. Wir sprechen mit einem Experten über das Erfolgsgeheimnis der Familie und zeigen, welche grosse Macht ein einfacher Instagram-Account haben kann.
Am Anfang waren eigentlich nur eine Modekette und eine Reality-Show im amerikanischen Fernsehen. Und jetzt ist die Patchworkfamilie Kardashian-Jenner weltberühmt, allen voran Tochter
Gezielte Social-Media-Aktionen
Der Einblick in den Alltag der Kardashians, der in der Reality-Show "Keeping Up with the Kardashians" seinen Anfang nahm, wird im Netz konsequent weitergesponnen. Ihr Leben findet in der Öffentlichkeit statt, und jeder kann daran teilhaben.
Allein im Bilder-Netzwerk Instagram hat Kim Kardashian jetzt die Marke von 42 Millionen Followern geknackt. "In Instagram wird nicht allzuviel Text erwartet, sondern es reichen auffällige Fotos", erklärt Blogger und Social-Media-Experte Matthias Lange. "Und die schiesst Kim Kardashian überall von sich und postet eifrig ihre Selfies. Das ist eine bewusste Strategie. Sie gibt ihren Fans Nähe."
Das Fernsehen hat dem Clan also die anfängliche Popularität geliefert, weiss Lange. Aber der Rest war harte Arbeit. "Mit gezielten Aktionen wird der Hype am Köcheln gehalten", erklärt er.
Auch das bekannte Motto "Sex sells" funktioniert dabei noch immer: Kaum jemand kennt nicht das Foto von Kim Kardashians eingeölter, prominenter Kehrseite aus dem Paper-Magazine. "Immer wieder werden hüllenlose Bilder von der Dame gepostet", beobachtet der Social-Media-Experte. "Vor kurzem belohnte sie ihre Follower mit Busen-Selfies."
Das Know-How im Umgang mit den Medien kommt dabei nicht von irgendwo her. "Kim Kardashian kennt das Geschäft. Ihr Vater war als Prominentenanwalt stark mit O.J.Simpson verbunden. Dort hat sie gelernt, wie das Spiel mit den Medien funktioniert", erzählt Matthias Lange. "Und da die Dame als Unternehmerin erfolgreich sein will, nutzt ihre Popularität ihrer Modeboutique-Kette 'Dash' enorm."
Internetstars haben enormen Einfluss
Belächelt werden solche Social-Media-Stars schon lange nicht mehr – denn ihr Einfluss ist enorm. "Solche Influencer sind Meinungsführer in ihrem Gebiet, sei es Mode, Computer, Autos, Tourismus oder Medien. Sie werden auch als Social Hub bezeichnet, weil sie optimal vernetzt sind", erzählt Matthias Lange. "Wenn diese Wortfühhrer ein Produkt oder eine Meinung pushen, dann finden sie in ihrer Community Gehör." Marketingverantwortliche wissen das und versuchen, an gut vernetzte Multiplikatoren heranzukommen und sie mit Produkten zu versorgen – natürlich in der Hoffnung auf eine positive Berichterstattung. "Die haben richtig Macht", sagt Lange.
Aktuelles Beispiel: Allein dadurch, dass die Schwestern Kylie und Kendall Jenner einen knappen Badeanzug der Marke Agent Provocateur trugen, verhalfen sie dem Stückchen Stoff zu enormer Aufmerksamkeit in den sozialen Medien und sämtlichen Klatsch- und Modeblättern. Gewöhnliche Kampagnen können mit so einen Hype nur noch schwer mithalten, sagt der Experte. "Klassische Werbung ist Unterbrecherwerbung und stört. Ich will Fussball sehen, muss mir aber vorher Bierwerbung ansehen. Werbung über Influencer ist aber richtig effektiv."
Als weiteres Beispiel nennt Lange den deutschen YouTube-Star LeFloid. "Er hat mit seinen Beiträgen einen enormen Einfluss auf die Kinder- und Jugendzimmer", weiss der Blogger. "Das hat auch Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihr Pressemann Steffen Seibert erkannt und LeFloid zu einem Interview mit der Kanzlerin eingeladen. So kam Merkel mit ihren Themen zu einer jungen Generation."
Follower als politische Währung
Interessant werden solche Influencer dann, wenn es nicht mehr um Mode oder Lifestyle-Produkte geht, sondern um Politik. " Dass sich Schauspieler oder Musiker für eine politische Partei engagierten, ist in den USA keine Seltenheit - das reicht längst in das Web 2.0 und soziale Netzwerke herein", erzählt Matthias Lange. Follower gelten dann als äusserst wertvolle, politische Währung. Auch die Kardashians machten davon bereits Gebrauch: Bei einem Besuch in Armenien, wo die Familie ihre Wurzeln hat, erinnerten sie an das Schicksal ihres Volkes. "Das machte türkische Verantwortliche sichtlich nervös, da die Türken den Genozid an den Armeniern verdrängen, ja leugnen", sagt der Medienexperte.
Die unglaubliche Macht solcher Meinungsführer birgt natürlich auch Gefahren, angefangen bei Schleichwerbung bis hin zur gezielten politischen Stimmungsmache. "Popularität ist auch immer mit Macht verbunden. Gefährlich wird es dann, wenn diese Prominenz missbraucht wird", warnt Matthias Lange. "So ist der deutsche Ex-Rapper Denis Cuspert alias Deso Dogg ranghohes IS-Mitglied. Cuspert ruft radikalisierte Salafisten in Deutschland auf, sich der Terrororganisation anzuschliessen."
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