Was tun, wenn’s brennt? Bill Kaulitz beantwortet diese Frage in der neuesten Folge des Podcasts "Kaulitz Hills" mit "keine Küchenrolle!" und bekommt die Zustimmung seines Bruders Tom. Die Frage "Was sind gute Manieren?" beantworten Bill und Tom aber ein wenig unterschiedlich. Viel zu viele Menschen übrigens auch.
Bill und
Wie der Sänger nämlich in der neuesten Folge "Kaulitz Hills" berichtet, habe er vom Sofa aus im Spiegel des gegenüberliegenden Fensters einen kleinen Brand in seinem Haus bemerkt. Er habe einen heissen Löffel auf ein Stück Küchenrolle gelegt, die daraufhin angefangen habe, zu brennen. Schlimmer noch: "Dann wusste ich nicht, wie ich's ausmache", berichtet Bill und schildert weiter: "Alles, was ich hatte, war noch mehr Küchenrolle und Handtücher." Allerdings war er so umsichtig, damit nicht den Brand zu löschen, denn "ich will's ja nicht noch anzünden, das Feuer".
Doch Tom gibt Entwarnung, denn Küchenrolle sei so entwickelt, "dass das ganz schnell verpufft. Das brennt dann kurz, dann ist es weg". Das wusste ich zum Beispiel nicht, aber ich finde, da haben die Küchenrollen-Ingenieure gute Arbeit geleistet, einen solchen Sicherheitsmechanismus einzubauen. Wär ich nicht draufgekommen, da bin ich ehrlich. Ich hätte mir gedacht: Das ist so wenig Papier, das wird jetzt nicht ewig brennen. Das geht von alleine aus. So eine Küchenrolle ist ja zum Wegwischen gedacht und nicht für ein Lagerfeuer. Sonst würden wir ja im Wald Küchenrollen fällen und zuhause das Verschüttete mit einem Holzscheit aufwischen. Macht ja niemand. Wir merken uns aber: Brennende Küchenrollen nicht mit Küchenrollen löschen!
Bill Kaulitz in "Kaulitz Hills": "Ich mag keine Schmatzgeräusche!"
Doch trotz dieses Schockerlebnisses findet Bill auch diese Woche wieder Zeit, zu reflektieren. Er habe "nämlich gerade eine Beschwerde bekommen, dass, wenn wir essen, das viele Leute abartig finden". Doch während Bruder Tom Schmatzgeräuschen nichts Negatives abgewinnen kann, findet Bill: "Ich mag keine Schmatzgeräusche!" An anderer Stelle zeigt sich Bill aber generöser: "Rülpsen find ich nicht so schlimm." Auf Toms Einwand, dass das nicht so recht mit seiner Geräuschempfindlichkeit zusammenpasse, antwortet Bill: "Wieso? Schmatzen und Rülpsen ist ja wohl was Anderes!"
Rein technisch gesehen mag Bill da Recht haben, in der Wirkung erkenne ich aber trotzdem eine Ähnlichkeit. Tom geht sogar noch einen Schritt weiter: "Das ist wie Furzen, Maus." Doch als Bill mit "Das ist nicht wie Furzen" protestiert, widerspricht sein Bruder. "Naja, im Prinzip ja. Das eine ist aus dem Arsch, das andere ist aus dem Mund", erklärt Tom unnötigerweise die Details seines Arguments. Bill aber bleibt dabei: "Ich finde nichts schlimmer als furzen", stellt er fest und setzt noch einen obendrauf: "Ich will auch nichts vom Kacken wissen", sagt Bill mit Blick auf Menschen, die gerne über ihre Verdauungstätigkeiten oder Konsistenzen ihres Stuhlgangs reden.
Interessanterweise sprechen die beiden Brüder wenig später darüber, dass Bill gerne morgens in die Dusche pinkelt. Aber das ist offenbar etwas Anderes, daher zurück zum Thema: Damit wir uns nicht falsch verstehen – ich bin auch kein Fan von entfesselnden Darmwinden, egal, an welcher Stelle sie freigesetzt werden. Auch die von Bill geschilderten Gespräche über Fäkalien meide ich. Selbst darüber zu schreiben ist mir unangenehm, darüber zu lesen Ihnen vielleicht auch. Aber jetzt ist es passiert, also können wir das Thema nun auch zu einem Ende bringen. Denn so schwarz und weiss ist die Sache, glaube ich, nicht. Lassen Sie uns also mal kurz über Manieren sprechen.
Und jetzt alle: "Schuuulz!"
Ich bin der Meinung: Manieren sind, richtig eingesetzt, etwas Grossartiges. Sie erleichtern uns gegenseitig das Leben ungemein. Wir sagen "bitte" und "danke", wir halten anderen die Türe auf, bieten älteren Menschen einen Platz im Bus an, essen mit Messer, Gabel und Löffel und ja, wir schmatzen, rülpsen und furzen auch nicht. Zumindest nicht im Beisein anderer. Im stillen Kämmerlein ist das was anderes – auch wenn dann das Kämmerlein streng genommen nicht mehr still ist, aber Sie verstehen, was ich meine.
Gutes Benehmen gilt für kleine Anlässe wie für grosse. Nehmen wir zum Beispiel mal Olaf Scholz und stellen uns vor, er würde während einer Rede im Bundestag rülpsen. Nicht leise oder in die Hand hinein, sondern laut und herzhaft. Stellen Sie sich vielleicht einfach eine Umkleidekabine vor, in der eine Fussballmannschaft ein paar Bier getrunken hat. In etwa diese Lautstärke. Wie sollen die Abgeordneten nun reagieren? Verstohlen zu Boden schauen? Solidarisch mitrülpsen? Laut "Schuuulz" rufen und dem letzten die flache Hand auf die Stirn klatschen? Alles keine Optionen.
Manieren sind das soziale Schmiermittel, sie sollen dafür sorgen, dass sich alle in einer Situation wohlfühlen, sie halten eine Gesellschaft respektvoll am Laufen. Damit meine ich nicht, dass man "Guten Tag" sagt, bevor man jemanden verkloppt, sondern dass man ihn überhaupt nicht verkloppt. Ich finde, das gehört sich nicht und im Laufe der Jahrhunderte haben wir ja immer mehr Wege gefunden, uns gegenseitig nicht zu verkloppen. Ich gehe sogar so weit, zu sagen: Ohne gutes Benehmen hätten wir es nicht bis ins 21. Jahrhundert geschafft. Ob wir es auch ins 22. Jahrhundert schaffen – daran habe ich allerdings so meine Zweifel und die haben auch mit gutem Benehmen zu tun.
Ein fairer Kompromiss
Denn im Alltag hat sich gutes Benehmen weitgehend etabliert, die meisten Menschen legen auf Manieren Wert. Sie grüssen sich, helfen einander über die Strasse oder werfen nicht nachts um eins ihre Heckenschere an. Das Merkwürdige ist aber: Dort, wo sie viel wichtiger wären, fehlen uns die Manieren. So würde ich einem Nazi vielleicht ein unbeabsichtigtes Aufstossen durchgehen lassen, nicht aber, dass er Menschen aus Deutschland deportieren will. Und bei einem Superreichen wäre es für mich okay, wenn er beim Austernschlürfen schmatzt, nicht aber, wenn er das bei einem Wochenendtrip in seinem Privatjet macht.
Leider gibt es bei manchen Leuten aber eine grosse Manieren-Unwucht. Im Kleinen benehmen wir uns, bei den grossen, wichtigen Fragen wie Rassismus oder Klimakrise leisten wir uns gehörige Aussetzer. Vielleicht einigen wir uns daher mal aussergerichtlich auf einen Vergleich. Nicht im Sinne von "Pupsen ist wie Furzen", sondern ein Vergleich im Sinne eines Kompromisses. Wir zeigen unser gutes Benehmen, indem wir keine Nazi-Grütze reden oder machen und indem wir nicht mit dem Privatjet umher fliegen. Die Erde ist schliesslich keine Küchenrolle, die von alleine ausgeht, wenn sie brennt.
Statt Nazi-Scheiss und Klimakrise machen wir lieber alles, damit sich auch unsere Kinder später noch wohlfühlen – und zwar alle Kinder. Zum Ausgleich dazu darf jeder einmal am Tag nach Herzenslust pupsen, rülpsen, schmatzen, die Suppe mit der Gabel essen oder die Zimmerlautstärke überschreiten. Ich denke, das wäre ein fairer Kompromiss.
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