Die britische Sängerin Adele ("Someone like you“) galt als Vorbild vieler kurviger Frauen, wurde als Ikone der Body-Positivity-Bewegung gefeiert. Bis sie sich entschied, abzuspecken. Die aktuellen Kritiken an ihrer Figur offenbaren jedoch so manchen Makel.

Anja Delastik
Eine Kolumne
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Anlässlich ihres 32.Geburtstages postete Adele Adkins ein Foto auf Instagram. Darauf strahlt sie in einem kurzen, schwarzen Kleid – und ist kaum wiederzuerkennen. Die Sängerin hat etliche Kilos abgenommen und löst damit eine hitzige Debatte aus. Während die einen den Weltstar zu seinem neuen schlanken Look beglückwünschen, ("Für immer schön mit jeder Figur und in jeder Grösse“), kommentieren andere enttäuscht: "Es ist traurig... Sorry...“, "Du hast meinen Respekt verloren!“ oder "Du bist nicht die Adele, die wir kannten, du siehst ihr noch nicht einmal mehr ähnlich!“

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Seit der Veröffentlichung ihres Debütalbums im Jahr 2008 waren Adeles Körpermasse immer wieder öffentliches Thema. Sogenannte Fat Shamer trollten und beleidigten sie wegen ihrer fülligen Figur. Die Body-Positivity-Bewegung (Körperakzeptanz-Bewegung) feierten die Britin, weil sie keinem unrealistischen Schönheitsideal entsprach.

Inspiration und Vorbild für kurvige Frauen

Adele galt als Inspiration und Vorbild für kurvige Frauen auf der ganzen Welt. Sie war eine von ihnen. Und schaffte es dennoch auf Titelseiten von Magazinen, die oft nur dünnen Stars und Models vorbehalten sind: VOGUE, Glamour, ELLE, Grazia, Cosmopolitan... Sie selbst wehrte sich in Interviews immer wieder dagegen, auf ihre Körpermasse reduziert zu werden. "Mein Gewicht hat nichts mit meiner Karriere zu tun“, sagte sie 2012 in People.

Nun wenden sich einige Anhänger der Körperakzeptanz -Bewegung von ihr ab – und das offenbart einen hässlichen Makel. Es sei schon komisch, so bemerkte ein scharfsinniger Fan der Sängerin, dass die lautesten Beschimpfungen ausgerechnet von denjenigen kommen, die sich eigentlich gegen Diskriminierung aufgrund des Aussehens und für Solidarität unter Frauen aussprechen. Sie hätten einen männlichen Star wohl kaum wegen so etwas kritisiert.

Body Positivity: Liebe dich selbst!

Body Positivity bedeutet: Sich in seinem Körper wohlfühlen und seine körperlichen Eigenheiten akzeptieren. Ziele der Bewegung sind die Stärkung des Selbstwertgefühls des Einzelnen ("Liebe dich selbst!“) sowie das Bekämpfen von Gesellschaft, Mode und Medien diktierter Körperbilder und unrealistischer Schönheitsideale.

Dabei wird ein jedoch neues Ideal erschaffen. Eines, das von fülligen Frauen erwartet, glücklich und zufrieden mit ihrem Körper zu sein. Eines, das Diäten verteufelt und den Wunsch, schlanker und fitter sein zu wollen als gesellschaftliches Diktat interpretiert. Dabei sieht die Realität manchmal ganz anders aus. Denn natürlich gibt es Menschen, die sich mit ihrem Übergewicht unwohl fühlen. Sei es nun aus gesundheitlichen Gründen – oder weil sie sich selbst so nicht gefallen. In jedem Fall gilt: Es geht niemanden etwas an.

Zum Abnehmen gezwungen

Viele Follower der Sängerin spekulieren dennoch über die Gründe ihres Gewichtsverlustes: Vor gut einem Jahr wurde die Scheidung von ihrem Mann Simon Konecki bekannt. Einige sehen deshalb Trennungsschmerz als Ursache und wünschen ihr, sie möge doch bald wieder ganz die Alte sein und ihr Glück wiederfinden. Das ist herabsetzend, denn es setzt die Annahme voraus, Adele sei aktuell unglücklich – und allein deshalb schlank.

Für die meisten liegt jedoch auf der Hand: Die Musikindustrie ist Schuld und hat sie zum Abnehmen gezwungen. Da muss man schon kurz innehalten und feststellen: Die "runde“ Adele verkaufte wahnwitzige 120 Millionen Platten, gewann einen Golden Globe, einen Oscar, 15 Grammys, 18 Billboard Awards – und gehört damit zu den erfolgreichsten Sängerinnen des 21.Jahrhunderts.

Kritiker mit Doppel-Moral

Zuletzt meldete sich ihr ehemaliger Personal Trainer zu Wort. Adele habe bereits 2015 mit dem Training und der Ernährungsumstellung begonnen ­ um gesünder zu werden, sich selbst und dem heute siebenjährigen Sohn zuliebe. Tatsächlich kursierten in den vergangenen Jahren immer mal wieder Fotos der Musikerin, auf denen zu erkennen war, dass sie an Gewicht verloren hatte. Darunter auch Schnappschüsse des Stars‘ auf dem Weg ins Fitness-Studio.

Dennoch unterstellen ihr viele eingebildete Ernährungs-, Fitness- oder Gesundheits-Experten eine ungesunde Crash-Diät, kritisieren, sie habe "in viel zu kurzer Zeit viel zu viel abgenommen.“ Manche gehen sogar soweit und unterstellen ihr, dass sie an einer Essstörung leidet. Kurven machen happy, schlank ist in jedem Fall krank.

Ein solches Körperbild offenbart die Doppel-Moral einiger vermeintlicher Body-Positivity -Advokaten. Die machen nämlich genau das, wogegen sie angeblich kämpfen: ihr eigenes Selbstwertgefühl stärken, indem sie andere Menschen für ihre Figur kritisieren.

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