Jeden Mittwoch schreibt unser Kolumnist Christian Schommers eine Mail an einen Star. Heute wendet er sich an Lukas Podolski.

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Lieber Lukas,

mitten hinein in das "Warum-trennt-sich-Jogi Löw-nach-über-30-Jahren-von-seiner-Frau Daniela" platzt Du mit der Nachricht von Deinem Rücktritt aus der Nationalmannschaft. Selbst bei Deinem Abgang springst Du Deinem jetzt Ex-Nationaltrainer zur Seite und lenkst die Aufmerksamkeit auf Dich. Gut so!

Du warst all das, was man jetzt in wohlfeilen und wohl gefeilten Sätzen nachlesen kann: die unbekümmerte Spasskanone, der Weltmeister der Herzen, der kölsche Jung mit polnischen Wurzeln, der ewige Jeck, der Teamplayer, der Familienmensch, der "Ich-mach-dann-mal-eben-ein-Selfie-mit-der-Kanzlerin"-Typ, der Nationalspieler zum Anfassen, dä Prinz. Du warst der Kitt, der aus einem Kader eine Mannschaft machte, ein Teambuilder par excellence, einen, den man braucht, selbst wenn seine Leistung auf dem Platz nur noch für hoch gezogene Augenbrauen sorgte.

Jogi hat das gewusst und Dich, den Dauerbrenner, immer mitgenommen: 12 Jahre, 129 Länderspiele, 48 Tore und mit einem Haufen der besten Sprüche. Nach dem Taschenbillard-Skandälchen hast Du bei einer Pressekonferenz klar gestellt: "80 Prozent von euch und ich kraulen sich auch mal an den Eiern." Sowas konnte keiner ausser Dir, nicht Dein bester Nationalmannschaftskumpel Bastian Schweinsteiger, keiner Deiner Kickerkollegen. Das war ein echter Poldi – und Jogi hat sich dann auch entsprechend bedankt. Sein Kommentar zu Deinem Rücktritt: "Für seine Loyalität, seinen Einsatz, den Spass und die Freude, die er immer wieder in unseren Kreis gebracht hat, kann ich mich nur bedanken." Mit Deinem Abgang ist jetzt das Sommermärchen endgültig vorbei ...

Wir alle müssen uns bei Dir bedanken. Auch (und das wird gerne vergessen) für wunderbare Tore mit Deinem linken Fuss. In der "Süddeutschen Zeitung" hat Sebastian Fischer Deine Leistung so beschrieben: "Und wehe, es titscht ein Ball am Strafraumrand, so dass es einen Angreifer braucht, der nicht nachdenkt; einen Angreifer, der kurz zum Tor schaut, seinen Instinkten vertraut, einen Schritt macht, das rechte Bein durchdrückt, den Oberkörper nach vorn lehnt, das linke Bein schwingt, den Ball mit dem süssesten Punkt seines Spanns trifft, in den Torwinkel drischt. Und dann: grinst".

Auch das warst Du, ein Torjäger ohne Grübelfalten, einer, der jungen Spielern die Angst vor grossen Turnieren nahm, einer, der mit den Fans für gemeinsame Fotos posierte, einer, der das Leben dank seiner chronisch guten Laune für alle etwas leichter machte.

Nur einmal bist Du richtig ernst geworden, dünnhäutig. Als man nämlich medial mutmasste, dass Du nur als Maskottchen mit zur EM 2016 fährst. Das fändest Du "respektlos" und genau das war es auch. Sicher, vielleicht hättest Du nach dem 13. Juli 2014 den Hut nehmen sollen. Damals in Brasilien, als Du den Weltpokal in die Nachtluft des Maracanã-Stadions gerecht hast. Aber hätte, hätte – Fahrradkette. Scheiss wat drauf

Stilecht hast Du bei Facebook und Instagram Deinen Abschied verkündet: "Ich habe nach der Euro/Urlaub gespürt, dass sich mein Fokus verschoben hat. Alles hat seine Zeit – und meine Zeit beim DFB ist vorbei." Und mit einem Tränchen der Wehmut im Auge sage ich danke und "Tschö, Poldi".

Herzlichst
Dein Christian Schommers  © top.de

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