Routine gilt als Lust-Killer Nummer eins. Besonders bemerkbar macht sie sich in Langzeitbeziehungen, selbst wenn diese wunderbar funktionieren. Beide Partner haben sich aufeinander eingespielt, verstehen sich blendend und würden unabhängig voneinander sagen, den anderen aus tiefstem Herzen zu lieben. Und doch hat sich irgendwann eine Flaute im Bett eingeschlichen, welche entweder für gar keinen oder schlechten 5-Minuten-Sex sorgt, der sich nur noch nach Abarbeiten und Orgasmus-Jagd anfühlt.
Um genau dieses Problem, welches laut Statistiken mehr als 65 Prozent aller Menschen kennen, ging es in der neusten Folge der Aufklärungs-Serie "Make Love", die gestern Abend im ZDF ausgestrahlt worden ist.
Wie Routine Paaren Spass im Bett verdirbt
Sebastian und Marcel sind seit zehn Jahren zusammen, davon acht verheiratet. Auch bei ihnen hat sich die Langeweile im Bett eingeschlichen. An der eigentlichen Lust am Sex kann es nicht liegen, an mangelnder Liebe sowieso nicht. Was ist es also, das beide daran hindert, ihre Beziehung genussvoll auszuleben? Paartherapeutin, Psychologin und Sexologin Ann-Marlene Henning möchte zusammen mit ihnen dem Problem auf den Grund gehen.
Durch gezieltes Fragen findet sie in Einzelgesprächen heraus, dass dem sensibleren Sebastian die ganzheitliche Erfahrung beim Liebesspiel fehlt. Ihm geht es nicht nur um Druck ablassen, sondern auch um die intensive Begegnung mit dem Partner auf allen erdenklichen Ebenen. Marcel dagegen ist innerlich viel zu blockiert und überfordert, um sich auf Sebastian einzulassen. Beide erkennen, dass zum Teil schlechte Erfahrungen aus alten Beziehungen dafür sorgen, dass Marcel beim Sex Kopf, Herz und Körper voneinander trennt, während sich Sebastian nach der totalen Vereinigung sehnt.
Den Teufelskreis erkennen und Durchbrechen
Wie den meisten Paaren fällt es auch Sebastian und Marcel schwer, offen miteinander darüber zu reden. Bis Ann-Marlene Hennig beide auf eine wichtige Sache hinweist, die sie im Laufe ihrer Beziehung aufgeben haben: sich beim miteinander Schlafen in die Augen schauen. Wer den Blick voneinander abwendet, kappt die Verbindung zwischen sich und dem anderen, muss aber auch nicht mit ansehen, wie unerfüllt der andere gerade ist.
Als Marcel und Sebastian mit Hilfe der Sexologin verstanden haben, dass beide unterschiedliche "Liebessprachen" sprechen, wird ihnen plötzlich klar, wo sich der Knackpunkt befindet: Marcel fühlt sich von Sebastian zu wenig anerkannt, was bei ihm Zurückweisung auslöst, was wiederum dazu führt, dass Marcel sich nicht genügend anerkannt fühlt und so weiter und so fort. Erst als sie mit Offenheit, Achtsamkeit und frischer Neugier füreinander den Kreislauf durchbrechen, entfacht sich wie automatisch eine neue Leidenschaft füreinander.
Was die aktuelle Folge von „Make Love“ wirklich sagen will
Das Beispiel von Marcel und Sebastian verdeutlicht anschaulich ein Problem mit dem viele eigentlich sehr glückliche Paare zu kämpfen haben, die schon seit vielen Jahren zusammen sind. Ob homo oder hetero tut da eigentlich nichts zur Sache. Im Grunde ist es nämlich gar nicht Routine, die dem erfüllten Liebesleben in die Quere kommt, sondern die schleichende Entkoppelung des Emotionalen von dem Körperlichen.
Ohne es zu wollen oder auch genau zu verstehen, fällt es plötzlich schwer, sich dem anderen auf ganzer Linie hinzugeben. Um diesem Unbehagen zu entgehen, wird lieber nach dem daraus befreienden Orgasmus gejagt, bis man es schliesslich ganz bleiben lässt. Das Tückische an dieser Sex-Flaute ist nämlich, dass sie keine Langeweile ist, sondern sich nur als solche tarnt. Das macht sie so schwer zu entlarven. Aufmerksame Zuschauer haben das vielleicht erkannt, doch kam diese wichtige Erkenntnis am Ende der Sendung doch ein wenig zu kurz. (zym)
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