Wenn wir mal ehrlich sind, ist die Fashion Week Berlin im Prinzip eine Mogelpackung. Eine Woche hat sieben Tage, das lernt man schon im Kindergarten. Aber die Berliner Fashion Week geht in dieser Saison vom 1. bis zum 4. Juli. Da braucht selbst Lothar Matthäus keinen Taschenrechner, um festzustellen: Das sind nur vier Tage.
Die Berliner Fashion "Week" ist somit Etikettenschwindel. Zum Glück nehmen es die ansonsten durchaus für mitunter anstrengende Pedanterie verschrienen Deutschen mit Wortwörtlichkeiten nicht immer übertrieben genau. In Kinderwurst sind keine Kinder, in Hundekuchen keine Hunde und in AfD keine Alternative für Deutschland.
Was viele nicht wissen:
Da kann kaum ein Protagonist der Fashion-Branche mithalten. Höchstens noch Elena Kilb. Die Kognitivitäts-Diagnostikerin, die 2016 bei "Germany's Next Topmodel", der Doku darüber, was man als Model alles erlernen muss, wenn man garantiert nie auf einer Pariser Modewoche gebucht werden möchte, immerhin um ein Haar das Finale erreicht hätte, sagte einst: "Nur weil man hübsch ist, heisst das nicht, dass man doof ist. Man kann auch beides sein!"
Das war eine echt legendäre Aussage gewesen, würde Plusquamperfekt-Testimonial
Gut, bei den international instruktiveren Fashion Weeks in Paris oder Mailand hat Klum traditionell auch keine Relevanz. Das liegt aber selbstredend nicht an ihren Fähigkeiten. Es ist nur leider so, dass sie mit dem üppigen Franz und dem ausladenden Hans chancenlos wäre, in die für Haute-Couture-Shows bereitstehenden Size-Zero-Sample-Kleider zu passen.
Hans und Franz, das nur als verständnisrelevanter Bezugsrahmen, sind nicht die Brüder von Heidi Klum, sondern die offiziellen Namen ihrer Brüste. Sie selbst hat diese Namen seinerzeit ausgesucht. Ob Hans und Franz jemals offiziell getauft wurden, ist unklar. Selbst
Fussballtalk mit Thomas Hayo
Thomas Hayo, der als Denglishman in New York zu unzweifelhaftem Weltruhm gelangte, während er an der Seite von besagter Heidi Klum jahrelang als GNTM-Juror für Attitude auf dem Modeldebütantinnenball sorgte, ist dieser Tage in Hektik. Donnerstagabend schnell den Style-Nachwuchs bei den Bunte New Faces Awards begutachten und dann aber ab ins Bett, denn am nächsten Tag geht es nach Stuttgart.
Dort wartet auf Thomas Hayo und seinen offiziellen Fashion-Branchen-Begleiter (und im Nebenberuf Neffen) Tim Hayo das grosse Viertelfinale von ENTM (Europe's Next Topmannschaft). Am Vorabend des EM-Showdowns Deutschland-Spanien, das von 80 Millionen Bundestrainern seit Tagen als "vorgezogenes Finale" hochgejazzt wird, tauschen Hayo und ich, die vermutlich grössten Fussballexperten der Nation, uns kurz über Details zum Spanienspiel aus. Hayo hält Deutschland für durchaus nicht chancenlos.
Einig sind wir uns dabei, dass
Übrigens, Julian Nagelsmann, falls du hier mitliest: Thomas Hayo und mich kann man kostengünstig als Beraterstab buchen. Das nur nebenbei, falls du später im Turnier mal ein Umstyling der Taktikfrisur für das Halbfinale benötigst.
Neben grossen Highlights, wie die konspirativen Red-Carpet-Zusammentreffen mit Thomas und Tim Hayo, gibt es während der Fashion Week allerdings leider auch immer betrübliche Momente.
Bei
Die Wahrheit ist natürlich: Rebecca Kunikowski ist eine herausragende Persönlichkeit. Falls ein Designer, Produzent, Regisseur oder Kunde die Gelegenheit bekommt, sie zu buchen: zugreifen!
Und Marcel Ostertag ist ohnehin über jeden Zweifel erhaben. Seine Show "Eden" zeigt erneut: Eine Berlin Fashion Week ohne Marcel Ostertag ist theoretisch denkbar (denn theoretisch denkbar ist so ziemlich alles, auch dass Oliver Pocher demnächst Kendall Jenner heiratet), aber nicht erstrebenswert.
Klar, die Menschen haben sich auch "Wetten, dass..?" mit Markus Lanz angesehen, als Thomas Gottschalk plötzlich weg war, aber jeder weiss, was aus dem Format geworden ist. Bei Ostertag laufen neben professionellen Models auch Freunde des Hauses über den Laufsteg. Im Gegensatz zu anderen Branchen macht das Einbeziehen von Amateuren eine Fashion-Show durchaus interessanter, ehrlicher, authentischer und nahbarer.
In der Musikbranche beispielsweise würde das weniger gut funktionieren: "Hallo Berlin! Toll, dass ihr zu unserem Konzert gekommen seid! Wir sind U2 und zusammen mit Bono wird heute Abend Hansjörg Schmidhuber die Songs singen. Hansjörg kommt aus Westerkappeln, ist Busfahrer und grosser U2-Fan. Er hat alle Alben seit 1988. Viel Spass!"
No Danny Reinke, No Ouffit
Aber ich wollte ja von den betrüblichen Momenten der Modewoche berichten. Meinen persönlichen "Bitte nicht"-Moment erlebe ich backstage bei Danny Reinke. Ich laufe dem Designer persönlich in die Arme und stelle fest, dass ich einige Tage vorher ein Fitting bei ihm gehabt habe. Im Atelier wurde vergeblich auf mich gewartet, abgesagt hatte ich nicht. Normalerweise nicht meine Art.
Mein Management hatte hier einen fehlerhaften Kalendereintrag fabriziert und der Termin stand einfach nicht auf meiner Agenda. Tragisch vor allem, weil ich die sehenswerte Show von Danny Reinke von der Front Row aus erleben durfte und dabei dann Danny Reinke hätte tragen können. Zum Glück ist Danny Reinke so etabliert und gut, dass im Februar die nächste Gelegenheit kommt.
Nach der Fashion Week ist vor der Fashion Week, das sagten schon Sepp Lagerfeld und Karl Herberger. Reinke wird im Februar noch da sein, der für Kalenderpflege zuständige Mitarbeiter meines Managements nicht.
Da ich jedoch harmoniebedürftig und konfliktscheu bin, überlasse ich solche Aufgaben gerne Philipp Jessen, meinem persönlichen Mentor, Ex-Stern-Chefredakteur und Storymachine-CEO.
Er beginnt solche Gespräche mit fehleranfälligen Mitarbeitern stets mit dem hoffnungsvollen Satz: "Wie lange arbeitest du eigentlich schon für Marie von den Benken, morgen mal nicht mitgezählt?" Na ja, hatte ich das mit dem Spass beiseite nicht eben schon mal ...? Ja, genau.
Rebecca Mir doch egal
Vor der Danny-Reinke-Show schleiche ich durch die Front Rows, um Prominente zu zählen. Wie immer zieht die Berlin Fashion Week allerlei Celebrity-Ikonen an und als Beifang jede Menge D-Promis, die im Prinzip nur hier sind, weil sie hoffen, mal wieder von einem Paparazzo fotografiert zu werden. Oder, wenn das nicht klappt, wenigstens so viele Snacks vom Flying Buffet zu schnorren, dass sich das Uber nach Hause amortisiert hat.
Mein Lieblings-Promi an Tag drei der Fashion Week ist vermutlich "Let's Dance"-Tanzmethusalem Massimo Sinato, der den ganzen Nachmittag brav die Handtasche seiner Frau (für alle, die nie Gala lesen: Rebecca Mir) durch die Locations schleppt. Ja, das ist auch eine Erkenntnis aus mittlerweile wohl so 30 Fashion-Week-Saisons: Egal, wie berühmt oder erfolgreich der Mann auch ist, er bleibt immer der Insta-Husband der Frau.
Und mit dieser philosophischen Sensationsweisheit entlasse ich Sie hiermit in die nun wieder sechs Monate lang Fashion-Week-Berlin-freie Vorweihnachtszeit. In meinem Supermarkt hat die offenbar bereits begonnen, denn dort stehen seit heute Schokoladendominosteine an der Kasse. Danke für nichts, Sommer 2024.
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