Der dritte Boxkampf ist der letzte: Stefan Raab und Regina Halmich treffen sich am 14. September zu einem "Final Fight" im Ring. Warum Raab eine Revanche will und was an diesem Abend sonst noch passiert? Das weiss niemand – nicht einmal Regina Halmich.
Das ist jetzt die heisse Phase. Noch vier Wochen bis zum Boxkampf gegen
Sie ist cool. "Jetzt ist es so weit. Vier Wochen sind ein Countdown." Was sie weiss: Am 14. September wird sie in Düsseldorf gegen Stefan Raab boxen, RTL überträgt den Kampf. Was sie nicht weiss: alles andere. "Selbst ich als Beteiligte weiss nicht, was an diesem Abend passiert", sagt Halmich im Gespräch mit unserer Redaktion.
Zweimal haben Raab und Halmich bereits gegeneinander geboxt, einmal 2001, da brach sie ihm die Nase. Dann nochmal 2007. Stefan Raab verlor beide Kämpfe.
Der letzte Showkampf ist auf sechs Runden à zwei Minuten angesetzt, nach zwölf Minuten ist alles vorbei. Klingt kurz, ist es aber gar nicht. Und hitzig wird es auf jeden Fall.
Frau Halmich, was brechen Sie Stefan Raab dieses Mal?
Regina Halmich: (lacht) Wenn man in den Ring steigt, handelt man immer situativ. Und man muss immer schauen: Was bietet der andere einem an? Ich weiss nicht, wie Stefan eingestellt ist, er wird auch einen Boxtrainer haben. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass es ums grosse Taktieren geht, die Leute wollen Konfrontation. Würde Stefan versuchen, sich dem Kampf zu entziehen, würde das die Leute nicht befriedigen. Aber das weiss er, er ist Vollprofi. Er wird versuchen, seine Körpergrösse und sein Gewicht auszuspielen.
Als der Kampf am 1. April verkündet wurde, dachten viele an einen Aprilscherz.
Das dachten viele! Als die Anfrage kam, habe ich auch gedacht, dass es sich um einen schlechten Scherz handelt. Aber wie sich herausstellte, ist es Stefan todernst. In den letzten fünf Monaten habe ich mich voll ins Training reingekniet, um fit zu sein.
Wie war das allererste Training?
Aufregend. Es hat was in mir herausgelöst, als ich das erste Mal nach 2007 wieder die Boxhandschuhe angezogen habe. Bei mir gibt's nur Extreme. Entweder ich boxe nicht oder ich bin voll dabei. Und ich hab' natürlich auch wieder total Feuer gefangen. Das hat auch mein alter Trainer Torsten Schmitz, den ich wieder engagiert habe, gemerkt. Er ist sehr stolz auf mich, dass ich das nochmal durchziehe, ist sich aber auch seiner Verantwortung bewusst. Er ist der Mann in meiner Ecke, der an mich glaubt. Das ist ein schönes Gefühl, dass ich nach meiner Boxkarriere nochmal mit meinem alten Trainer zusammenarbeite, es hat uns zusammengeschweisst.
Regina Halmich: Stefan Raab muss jetzt abliefern
Trainieren Sie gerade jeden Tag?
Nein, nicht jeden Tag. Ich bin immer noch fit, ich halte immer noch gut durch. Aber mit 47 brauchst du einen Tag Regeneration. Torsten Schmitz hat mich auch auf meine echten Weltmeisterschaften vorbereitet. Wir trainieren auf den Punkt, nicht zu wenig, nicht zu viel. Natürlich ist das eine absolut verrückte Sache, die mit meiner echten Karriere nichts mehr zu tun hat. Aber es wird sehr aufregend, nicht nur für mich, auch für Stefan. Er war neun oder zehn Jahre nicht mehr in der Öffentlichkeit und muss jetzt abliefern.
Ihr Trainer hat Sie auf die echten Weltmeisterschaften vorbereitet – ist das jetzt die inoffizielle Weltmeisterschaft?
Nee, das ist zu hoch gegriffen. Ich habe im Boxsport so viel geleistet, das ist eine andere Nummer, ein ganz anderes Niveau. Bei echten Weltmeisterschaften macht man sich ganz andere Gedanken über Technik und Taktik, schaut sich die Kämpfe der Gegnerin an.
Haben Sie sich die alten Boxkämpfe gegen Stefan nochmal angeschaut?
Tatsächlich nicht. Ich hab' vor einigen Tagen mit meinem Trainer darüber gesprochen und gesagt: 'Du, ich muss mir eigentlich nochmal den letzten Kampf anschauen, damals in der Köln Arena'. Ich muss ja schon schmunzeln, wenn ich daran denke: Stefan ist mit Irokesenschnitt in einem Panzer einmarschiert! Das kannst du in der heutigen Zeit nicht mehr machen! Ich bin gespannt, was er sich diesmal einfallen lässt. Bei Stefan weiss man ja nie…
Wie laufen Sie ein?
Das ist in der Mache. Meine gute Freundin Doro Pesch wird mich musikalisch begleiten. Sie hat eine spezielle Hymne geschrieben, extra für mich, für diesen Kampfabend, da fühle ich mich sehr geehrt. Aber ich fokussiere mich auf das Sportliche. Das ganze Drumherum wird bei mir rein- und rausgehen.
Fliegt so ein Abend an einem vorbei?
Ja, du bist im Tunnel. Bei meinen echten Boxkämpfen war ich immer im Tunnel und das wird diesmal auch nicht anders sein.
Bekommt die Siegerin oder der Sieger etwas?
(lacht) Das weiss ich gar nicht. Wir kriegen auf jeden Fall eine gut verhandelte Gage.
Sie sehen Stefan Raab dann auch wirklich zum ersten Mal im Ring wieder, nach 17 Jahren?
Wirklich zum ersten Mal im Ring, ja! Bis dahin schottet Stefan sich komplett ab. Das ist die Besonderheit im Vergleich zu anderen Kämpfen, da wusste ich immer, mit wem ich es zu tun habe. Ich habe Stefan so lange nicht gesehen, habe keine Ahnung, was er vorhat. Auf diesen Aha-Effekt setzt er, auch bei mir. Das sind Psychospielchen. Der will es nochmal wissen, hat wahrscheinlich die zwei Niederlagen nicht so gut verkraftet. Da arbeitet was in ihm. Aber ich habe auch Respekt davor, dass er sich das auch nochmal antut. Für sein Comeback hat er einen schwierigen Weg gewählt, denn im Ring gibt es keinen Spass. Auch wenn wir uns mögen und respektieren: Da wird es kein Pardon geben, da zählt nur noch Mann gegen Frau.
Haben Sie eine Idee, warum er ausgerechnet jetzt, nach 17 Jahren, mit einem dritten Kampf ums Eck kommt?
Das ist das grosse Rätselraten. Ich glaube, er wünscht sich, gegen mich zu gewinnen. Denn das waren die einzigen zwei Niederlagen, die er je kassiert hat – und dann natürlich auch noch von einer Frau. Klar, eine Weltmeisterin, die aber halt auch 30 Kilo leichter ist als er. Das nagt schon an der Männlichkeit. Aber ich glaube, Stefan hat noch mehr vor, ich könnte mir vorstellen, dass er an dem Abend irgendwas verkündet. Natürlich sind auch diese Spekulationen gewollt, Stefan ist ein Meister der Inszenierung. Ich rechne mit viel. Mit allem.
"Showkampf heisst es, weil wir beide keine Profiboxer sind"
Sie haben nicht direkt zugesagt, als die Anfrage kam. Dann aber doch. Warum?
Es ist ein besonderer Kick, der mich natürlich triggert. Und als die Anfrage kam, hat mir das durchaus schlaflose Nächte bereitet: Kann ich das nochmal? Habe ich es noch drauf? Aber ich liebe das Risiko. Und ein bisschen Verrücktheit muss man auch mitbringen. Mein Part ist wahrscheinlich der schwerste: Ich muss im Ring stehen und habe eine körperliche Auseinandersetzung. Boxen ist eine Sportart, auch bei einem Showkampf. Wir haben nichts abgesprochen. Insofern kann immer was passieren: Ein blöder Schlag an die Schläfe, die Haut kann aufplatzen. Nach meiner Boxkarriere habe ich mir meine Nase operieren lassen, ich hoffe also, dass die nicht wieder gebrochen wird. Aber das ist halt Berufsrisiko.
Was heisst "Showkampf" eigentlich?
Showkampf heisst es, weil wir beide keine Profiboxer sind. Wir sind nicht beim Bund Deutscher Profiboxer, das muss man normalerweise sein, wenn man einen Profikampf macht. Und ich bin auch keine Weltmeisterin mehr. Ich steige als Privatperson in den Ring. Das ist der Unterschied zu damals.
Sicher schauen auch viele Leute zu, die selten oder vielleicht auch noch nie einen Boxkampf gesehen haben. Was müssen die wissen?
Es ist nichts abgesprochen, auch wenn es ein Showkampf ist. Es gibt keine Vereinbarung. Jeder gibt das, was er kann. Boxen ist eine Vollkontaktsportart. Es wird nicht zurückgehalten, es wird durchgezogen. Und deshalb ist dieses Duell auch so brisant: Es kann auch irgendwas passieren. Das ist das Risiko, das wir beide nochmal eingehen.
Hat Stefan Raab eine Chance?
Wenn jemand 30 Kilo mehr wiegt, hat er immer eine Chance. Wäre Stefan ein Profiboxer, hätte ich gar keine Chance. Aber das wäre auch bei Mann gegen Mann so: Wenn jemand 30 Kilo mehr wiegt, ist das einfach eine zu grosse Nummer. Dann kommt noch die Grösse dazu, Stefan ist 1,85 Meter und ich bin 1,60. Er hat also auch noch einen Reichweitenvorteil und immer die Chance, mal blöd zu treffen. Aber er wird monatelang trainiert haben, so gut kenne ich Stefan. Er geht da nicht unvorbereitet rein, das geht aber auch gar nicht, weil du sonst keine sechs Runden schaffst. Stefan wird nicht wie ein totes Stück Fleisch vor mir stehen (lacht). Der wird mit einem Sixpack vor mir stehen.
Sind Sie nervös?
Na ja, ein bisschen Lampenfieber hat man schon, aber ich vertraue auch auf meine Stärken. Ich habe nie an mir gezweifelt in meiner Boxkarriere. Gezweifelt hat immer nur mein Umfeld. Aber ich habe allen gezeigt, dass ich das kann. Das ändert sich auch jetzt nicht, nach meiner Karriere, wenn ich diesen Showkampf mache.
Nach zwölf Minuten Showkampf ist dann alles vorbei?
Nach zwölf Minuten ist alles vorbei. Das ist aber trotzdem intensiv. Klingt im ersten Moment überschaubar. Aber geh' mal auf die Strasse und hab' zwölf Minuten einen Kampf! Das zieht sich. Wer mal zwei Minuten lang Boxhandschuhe anhatte, weiss, dass das eine der intensivsten Sportarten überhaupt ist. Boxen ist High Intensity, ich habe beim Sparring einen Puls von 170. Das muss man schon vertragen.
Regina Halmich, boxen Sie in 17 Jahren nochmal gegen Stefan Raab?
Hatten Sie in den letzten 17 Jahren mal Kontakt zu Stefan?
Nein. Nach diesem zweiten Kampf hat er sich ja komplett aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. Überraschung also (lacht)!
Sie haben aber richtig Bock?
Absolut! Aber ich kann gleich sagen, um Spekulationen vorzugreifen, dass es wirklich der letzte Kampf sein wird. Ich mache keinen echten Boxkampf mehr. Ich bin 47, gut in shape, aber alles hat seine Zeit. Und ich bin nicht irgendwer, ich bin Rekordweltmeisterin gewesen. Die zweite Deutsche neben Max Schmeling, die in die Hall of Fame aufgenommen worden ist. Das mache ich mir nicht kaputt.
Und nochmal gegen Stefan Raab? In 17 Jahren?
In der Seniorenklasse dann vielleicht. Dann brauchen wir keinen Mundschutz mehr, dann können wir einfach die dritten Zähne rausnehmen (lacht).
Das klingt nach einer grossen Show…
Nein, nein, es heisst "Der CLARK Final Fight" und wir haben uns schon was dabei gedacht.
Oder vielleicht mal gegen einen anderen Promi?
Na ja, ich werde jetzt nicht die Unterhaltungsbranche aufwühlen (lacht). Der ein oder andere hätte es vielleicht mal verdient… Aber nein, da habe ich gar keine Ambitionen.
Über die Gesprächspartnerin:
- Für den allerletzten Kampf gegen Stefan Raab sind 15.000 Tickets innerhalb von einer halben Stunde verkauft worden. Halmich war von 1995 bis 2007 ungeschlagene Weltmeisterin.
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