Seit 25 Jahren ist Richard Lugner (83) ein Garant dafür, dass der Wiener Opernball in nationalen und internationalen Medien präsent ist. Mit seinen - einmal mehr und einmal weniger – prominenten Ballgästen sind Aufreger vorprogrammiert wie der Walzer auf dem Parkett.

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Manche hassen ihn, manche lieben ihn – fast jeder kennt ihn: Wenn Richard Lugner jährlich den Trubel rund um seinen neuen Stargast für den Wiener Opernball inszeniert, beginnt das mediale Freudenfest. Von Wien, nach Zürich bis Berlin berichten nahezu alle Medien über die jeweils neue "Errungenschaft" des medienaffinen Unternehmers.

Doch was bedeutet die Marke Richard Lugner eigentlich für den Opernball? Und welche Rolle nimmt dabei seine Person ein? Ist es noch vorstellbar, dass der Reality-TV-Star ("Die Lugners"), Sänger (der Song "Ich bin der Lugner, olé, óle" erreichte zumindest die Charts), Ex-Baumeister (der Grundstein seiner finanziellen Erfolges), Kaufhausbesitzer (Lugner City) und Kinobesitzer eines Tages nicht mehr auf dem blank polierten Parkett erscheinen wird – was dann?

Rauschen im Boulevardblätterwald

Von offizieller Seite der Ballorganisation gäbe es ohne den 83-Jährigen wohl ein lachendes und ein weinendes Auge. Nicht nur einmal haben diverse Sternchen mit ihren Skandalen das Ansehen des - angeblich wichtigsten - österreichischen Festaktes beschädigt.

Auf der anderen Seite wäre der Opernball medial wohl kaum so beachtet, würden sich Fotografen und Journalisten nicht über kleine Hoppalas und Aufreger freuen dürfen. Ein Nippelblitzer wie von Elisabetta Canalis 2015 oder eine erregte Grace Jones anno 1996, die selbst in der Loge ihre Lust nicht zügeln konnte und ihren Freund hinter dem Logenvorhang vernaschte: Das sind Momente, die für die Boulevardblätter gefundene Aufmacher sind und dem traditionellen Fest eine Prise Pepp verleihen.

Nun werden an dieser Stelle manche protestieren und sagen, dass diese "panem et circenses"-Mentalität dem Ball nicht gerecht werde. Doch auch Logenbesitzer werden zugeben müssen, dass sich das Tanzbein neben einem Glitzersternchen aus der alten oder neuen Hollywoodwelt doch gleich unbeschwerter schwingt – ganz gleich ob mit kopfschüttelnder Ablehnung oder wohlwollendem Schmunzeln.

Wie alles begann

Angefangen hat alles 1991. Ganz harmlos. Damals wollte Lugner die italienische Filmlegende Gina Lollobrigida mitnehmen. Gegen einen kleinen Aufpreis für ihr Kleid wäre sie, mit dem damals noch aktiven Baumeister, die Treppen emporgestiegen. Doch der Golfkrieg kam dazwischen und die damalige Ballmutter Lotte Tobisch sagte das Ereignis ab. Immerhin 2013 kam Lollobrigida dann doch noch als Gast nach Wien.

Insofern gilt das Jahr 1992 als Beginn des Lugnerischen Zeitalters in der Geschichte des Opernballs. Das Skandälchen im Jahr 0: Stargast Harry Belafonte hatte eine Freundin in Wien und musste kurze Zeit nach Beginn des Balles ein "Unwohlsein" beklagen. Mit dem Auto vor der Oper und der Freundin im Schlepptau ging es ihm dann schnell besser – doch Lugner musste den restlichen Abend ohne Belafonte verbringen.

Die Rolle als professioneller Ehrengast-Organisator nahm "Mörtel" – ein Jahr später ein. Mit der amerikanischen Schauspielerin Joan Collins wurde alles anders. "Sie war sehr professionell und eiskalt", sagte Lugner einst über seinen ersten grossen Star-Import. Sonderwünsche waren da selbstverständlich: Weil sie fürchtete, jemand könne ihr etwas ins Getränk kippen, durften Mineralwasserflaschen nur verschlossen serviert werden. Autogramme gab sie nur, sofern der Autogrammjäger ihr Buch in Händen hielt, das man übrigens vor Ort kaufen konnte.

Als die Skandale begannen

Die man die Medien bedient, das weiss Lugner ganz genau. Sowohl als Unternehmer, aber auch als Reality-TV-Star nimmt er weder ein Blatt vor den Mund noch kümmert er sich um seine Privatsphäre. So macht er auch aus den Marotten seiner Stargäste keinen Hehl und lässt sich prickelnde Details entlocken. Ab 1996, als Sängerin Grace Jones ihre fleischliche Lust in der Loge stillte ("Das war akustisch klar wahrnembar", bestätigte Lugner damals), nahmen die Skandale ihren Lauf.

Inklusive Protokollverfehlung von der Herzogin von York, Sarah Ferguson. Sie wollte 1997 partout von offizieller Seite der Stadt Wien Willkommen geheissen werden. Doch als geschiedenes Ex-Mitglied des englischen Königshauses stand ihr eine solche Begrüssung nicht zu. Auch ein gemeinsamer Auftritt mit dem damaligen Minister Werner Fasslabend auf der Feststiege war ausgeschlossen. Der englische Botschafter beschäftigte sich gleich gar nicht damit. Wie die österreichische Nachrichtenagentur APA berichtete, verabschiedete er sich "kurzerhand auf französisch in einen seit langen geplanten Skiurlaub".

Blau-Schwarz machte Lugner das Ball-Leben schwer

Im Jahr 2000 sah es düster aus für den begeisterten Opernballgeher. Nach der Angelobung der Mitte-Rechts-Regierung von ÖVP und FPÖ wollte kein Stargast mehr nach Wien kommen, um Lugner zu begleiten. Doch ein Soloauftritt wäre für ihn niemals in Frage gekommen. Letztlich ist es seiner Beharrlichkeit zu verdanken, dass gleich zwei Damen an seiner Seite standen: Jaqueline Bisset und Nadja Abdel Farraq.

Allerdings bekam der Blitzlichtverwöhnte in jenem Jahr ohnehin nicht viel Aufmerksamkeit. Diese stahl ihm Schauspieler Hubsi Kramar, der als Adolf Hitler verkleidet den Ball besuchte (aber rasch abgeführt wurde), um gegen die Beteiligung der rechtspopulistischen FPÖ an der Regierung zu protestieren.

Opernball goes Hollywood

So richtig amerikanisch wurde es dann ab 2003. Mit Pamela Anderson als Stargast war ihm jede mediale Aufmerksamkeit sicher – auch weil diese ihren damaligen Lover Kid Rock mitgebracht hatte, der nicht gerade für diplomatische Manieren bekannt ist.

Für ein kurzfristiges Chaos sorgte 2007 die Hotelerbin und Partykönigin Paris Hilton. Eine Polizeieskorte musste das IT-Girl zum Eingang der Oper bringen, sonst wäre sie in den Massen ihrer Fans wohl stecken geblieben. Auch ein Jahr später war Polizeischutz notwendig, die Bourlesquetänzerin Dita von Teese zum Ball nach Wien kam. Zunächst war alles paletti, doch schon bald wurde der Ex von Marilyn Manson der Trubel zu viel.

Nebenbei bemerkt: Der Opernball 2008 war der erste Opernball nach der Scheidung von Richard und Christina (Mausi) Lugner.

Als Richard Lugner seine Loge fast verlor

Ein weniger glückliches Händchen bewies Lugner 2011, als er das Callgirl Ruby Rubacuori (echter Name: Karima el-Mahroug) einlud. Die Marokkanerin sorgte international für Schlagzeilen, als sie ihre Affäre mit dem damaligen Premierminister Italiens, Silvio Berlusconi, aufdeckte. Ball-Chefin Desiree Treichl-Stürgkh sagte damals: "Ich finde, es ist die grösste Peinlichkeit, die der Opernball erlebt hat." Sogar eine Streichung seiner Loge stand im Raum.

In den vergangenen Jahren wurde es etwas ruhiger. Kim Kardashian hielt 2014 die Medien zwar auf Trab, verliess aber schon nach zwei Stunden wieder den Ball.

Auch wenn sein heuriger Gast Brooke Shields nicht mehr durch ihren Ruhm begeistern kann, entfachte sie zumindest eine mediale Diskussion über die Relevanz der Ehrengäste.

Offene Eitelkeit, geheime Gagen

So auskunftsfreudig sich der gebürtige Wiener bei allen Dingen gibt, so geheim bleiben die Gagen der Stars. Immer wieder darauf angesprochen, lässt er sich kaum Zahlen entlocken. Meistens folgt die lapidare Antwort, dass so eine berühmte Person eben Geld koste.

Wenn man nach dem "Warum" fragt und wissen möchte, was Richard Lugner auch noch im hohen Alter antreibt, permanent in den Medien präsent zu sein, so ist die Antwort ernüchternd einfach. In einem Interview mit der Zeitung "Die Welt" sagte er einmal: Menschen seien grundsätzlich alle eitel. Er gehöre nur zu jenen, die es zugeben.

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