- Der Schauspieler Eric Stehfest löste bereits mit seiner Serie "Eric gegen Stehfest" grosse Begeisterung bei seinem Publikum aus.
- Nun ist er auch Teil des RTL-Formats "Unbreakable".
- Im Interview berichtet Stehfest von seinen grössten Herausforderungen und schönsten Erlebnissen im neuen Fernsehformat.
Herr
Eric Stehfest: Ich habe diese Therapieserie gemacht und dafür viele positive Rückmeldungen erhalten. Bei den Menschen ist ein Ventil aufgegangen, das hatte ich nicht erwartet. Ein weiterer Grund ist auch die Coronakrise, die das Thema Mental Health in den Fokus gerückt hat. "Unbreakable" war die Steigerung zu "Eric gegen Stehfest". Dort bin ich nicht alleine, sondern werde auch mit anderen Geschichten konfrontiert. Zudem kommt der körperliche Teil hinzu, um die Themen zu bearbeiten. Bei den meisten Heilungsprozessen ist es so, dass Körper und Geist gleichermassen vorangetrieben werden müssen.
"Es war eine krasse Herausforderung"
Was war bei "Unbreakable" die grösste Herausforderung?
Am meisten gefordert hat es mich, immer offen und im Moment zu bleiben. Mich dem hinzugeben, was passiert, dabei die Kameras zu vergessen. Und Sachen auszusprechen, die ich so das erste Mal in der Öffentlichkeit ausspreche. Normalerweise geht man in ein Fernsehformat und hat eine Art Standardsätze parat. Bei "Unbreakable" wurden Dinge gesagt, die so vorher noch nie zu hören waren. Es war eine krasse Herausforderung, dies zuzulassen und sich nicht dafür zu schämen. Aber alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben die Chance genutzt, ihre Dinge zu platzieren. Dazu gehört viel Mut, weil man sich angreifbar macht.
Was war das schönste Erlebnis bei diesem Format?
Das schönste Erlebnis für mich war die Achtsamkeit der Prominenten untereinander. Jede Geschichte ist wertvoll. Natürlich könnte man denken, die eine Geschichte ist krasser, als die andere, aber so war es nicht. Für uns als Gruppe war jedes Schicksal so schlimm, wie es sich für die- oder denjenigen anfühlt. Dadurch, dass es keinen Wettbewerb gab, sind wir als Team vorangeschritten und wollten niemanden mit seinen Problemen zurücklassen. Dabei ist eine Dynamik entstanden, wie ich sie selten in meinem Leben erlebt habe, weil der Wettbewerb sonst überall ist.
"Es hat dazu geführt, dass ich loslassen und weinen konnte"
Sie sind bekannt als "Wettbewerbsmensch". Wie sehr hat es Ihnen geholfen den Leistungsgedanken wegschieben zu können?
Es hat dazu geführt, dass ich loslassen und weinen konnte. Gefühle, die ich, selbst alleine in einem Zimmer, nur sehr schwer rauslassen kann. Es war, als würde mir jemand die Bürde abnehmen, dass ich immer gewinnen muss. Das ist weggefallen und plötzlich bin ich auf ganz neue Verhaltensweisen bei mir gestossen. Anfangs dachte ich, dass es mir schwerfallen wird, mich zu integrieren. Denn damit habe ich meine Probleme, aber das hat sich relativ schnell aufgelöst.
Bei "Eric gegen Stehfest" sprachen Sie von einer Intensitätssucht, die Sie brauchen. Haben Sie diese auch bei "Unbreakable" gespürt?
Ich habe versucht, einen Gang runterzuschalten und nicht immer 150 Prozent zu geben. Ich habe mich während der Aufzeichnung auch verletzt und konnte daher gewisse Dinge nicht mehr machen. Dadurch musste ich eine andere Haltung einnehmen und anfangen, achtsamer mit mir und meinem Körper umzugehen.
"Jetzt habe ich eine neue Haltung gefunden"
Inwieweit hat die Bewältigung von "alten Problemen" bei Unbreakable geholfen?
Der Satz: 'In der Ruhe liegt die Kraft', hat mir bei Unbreakable als Werkzeug geholfen. Natürlich habe ich bereits diverse Krisen erlebt, diese bewältigt und auch davon berichtet. Dennoch war ich immer ein Flummi, ganz hibbelig. Ruhige Momente konnte ich nie geniessen. Jetzt habe ich eine neue Haltung gefunden und weiss, dass ich auch wertvoll und kraftvoll bin, wenn ich nicht immer als erster im Raum gehört werde. Ich habe gelernt, ein bisschen ruhiger und gelassener an meine Aufgaben heranzugehen.
Zeitnah nach der Aufzeichnung bin ich mit meiner Frau vor Gericht gezogen. Nach einer Haltung für diesen Moment habe ich bei "Unbreakable" gesucht. Wie begegne ich dem Vergewaltiger meiner Frau, stellvertretend für alle anderen Täter da draussen? Diese Haltung habe ich gefunden. Das ist was ganz Neues für mich.
Wie sehr haben Ihnen Struktur und Ordnung, die bei "Unbreakable" gefordert werden, innerhalb des Formats bei der Bewältigung geholfen?
Das hat mich an meine Langzeittherapie aufgrund meines Drogenkonsums erinnert. Damals gab es zwar nicht so heftige körperliche Herausforderungen, die Struktur war aber sehr wichtig, denn im Alltag kann es immer wieder Erschütterungen durch unvorhersehbare Ereignisse geben. Die Struktur hilft dabei, dass man trotzdem in der Spur bleibt. Man öffnet Schubladen, schliesst diese aber auch wieder nach einer gewissen Zeit, um nicht im Chaos zu enden.
"In diesem Lebensabschnitt durfte aber ich selbst ein Zuhause finden"
Rückblickend, was haben Sie aus dem Format mitgenommen?
Es war definitiv eine wertvolle Erfahrung, weil ich die Haltung gefunden habe, nach der ich gesucht hatte. Aber ich habe auch gemerkt, dass ich als Eric Stehfest eine Kraft habe und wertvoll bin. In den Tiefen meiner Seele bin ich Schauspieler und liebe es, in andere Biografien zu schlüpfen. In diesem Lebensabschnitt durfte aber ich selbst ein Zuhause finden. Ein Körper und ein Eric, der wertvoll ist, den ich liebe. Dabei hat mir "Unbreakable" geholfen. Von dieser Position aus kann ich jetzt anfangen, gesund, vielleicht zum ersten Mal in meinem Leben, wieder als Schauspieler zu arbeiten. Ein Stück weit war das Format aber auch eine Liebeserklärung an meine Frau und an mich selbst. Ich wollte zeigen, dass sich niemand einsam fühlen muss, der Missbrauch erlebt hat. Auch, wenn man sich oft sehr einsam fühlt.
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