- Behaarte Frauenkörper entsprechen auch im Jahr 2022 nicht dem kommerziellen Schönheitsideal.
- Umso mehr fallen prominente Frauen wie Paris Jackson oder Bella Thorne auf, die öffentlich ihre Achselbehaarung zeigen.
- Doch was steckt dahinter? Kalkül oder Feminismus?
Wir reisen ins Jahr 1999. Ein Foto von Schauspielerin
Wir sind zurück in den 2020er Jahren. Längst hat Julia Roberts erklärt, dass es sich an besagtem Tag bei der freizügigen Zurschaustellung ihrer Achselbehaarung weniger um einen Akt der feministischen Revolution als um ein Versehen gehandelt hatte. 2018 sagte sie in einem "Busy Tonight"-Interview mit Moderatorin Busy Philipps: "Ich hatte, was meine Ärmellänge und das Winken angeht, einfach nicht richtig kalkuliert und nicht darüber nachgedacht, wie diese zwei Dinge zusammen wirken und was sie über mich offenbaren würden. Es war also nicht wirklich ein Statement."
Ob gewollt oder nicht - Roberts setzte an diesem Tag ein Statement. Und auch wenn viele Menschen sie als Pionierin einer neuen Körperbewegung feierten, stiess das öffentliche Zeigen ihrer Achselbehaarung bei einigen Menschen auf Ablehnung.
Schönheitsideal aus vermeintlich vergangenen Zeiten
Die Debatte um die Körperbehaarung einer Frau ist alles andere als ein veraltetes Relikt, das wir im vergangenen Jahrtausend gelassen haben. Ganz im Gegenteil: Auch im Jahr 2022 besagt das Schönheitsideal, dass Frauenkörper glatt sein sollten. Ausser auf dem Kopf natürlich - da ist langes, voluminöses Haar gern gesehen und eine Kopfrasur wird direkt mit einem radikalen Akt verbunden. Als etwas ebenso Radikales wertet jenes normative Schönheitsempfinden Haare am weiblichen Körper. Denn viele Menschen empfinden Bein-, Scham- und Achselbehaarung als unästhetisch.
Vor allem, wenn prominente Frauen auf dem Weg zu einem Shooting oder dem roten Teppich den Rasierer in der Schublade gelassen haben, ist die Aufmerksamkeit der Kritiker geweckt. Einschlägige Frauenmagazine titeln dann mit Überschriften wie "Diese Promi-Frauen zeigen mutig ihre Achselbehaarung".
Was damit impliziert wird: Körperbehaarung sollte für das Auge der anderen im Normalfall nicht ersichtlich sein. Zeigen Frauen dann doch Haar, wird das als selbstbewusst, kontrovers, aber oft auch als "too much" empfunden. Schliesslich setzen sie sich damit über die von der Schönheitsindustrie propagierte Norm hinweg und reissen mit diesem Akt der Provokation die Aufmerksamkeit an sich. Skandal!
Behaarte Männer lösen doch auch keinen Shitstorm aus
Prominente Beispiele von Frauen aus dem Hier und Jetzt, die keine Scheu haben, sich mit unrasierten Achseln in der Öffentlichkeit zu zeigen, sind etwa Sängerin Miley Cyrus,
In ihrem Körperbewusstsein lassen sich die Frauen davon nicht beirren - vielmehr nutzen sie die Kontroverse rund um das Thema Körperbehaarung, um auf genderspezifische Stereotypen aufmerksam zu machen. Immerhin lösen behaarte Männerachseln keinen Shitstorm aus. Ist die Körperbehaarung von Lourdes, Bella, Miley oder Paris also Teil eines feministischen Akts?
Keine Frage, die hier genannten Celebrities sind Vertreterinnen der Generation Y, der sogenannten Millennials. Sie sind selbstbestimmt. Laut. Und polarisieren. Mal mit einem freizügigen Outfit, mal mit öffentlichen Statements bezüglich ihrer Sexualität, mal mit sichtbarer Achselbehaarung im Rahmen einer Werbekampagne für Modeschöpfer wie Calvin Klein. Letzteres kürzlich erst gesehen bei Madonnas Tochter Lourdes, die in der Vergangenheit immer wieder für grosse Modehäuser vor der Kamera stand - Achselbehaarung inklusive.
Und auch
Körperbehaarung: "Fishing for Likes" oder feministischer Akt?
Auf einen Kniefall vor dem Patriarchat wartet man bei den jungen, aufgeklärten Frauen, die hinterfragen, statt nur brav zu nicken, vergebens. Und genau das ist es, was sie zu Vorbildern macht. Denn sie plädieren für Selbstbestimmung und freie Entscheidungen. Ohne Norm, ohne eine Etikettierung durch die Schönheitsindustrie und ohne Regelwerk der Gesellschaft. Body Positivity und Selbstbestimmung stehen hier ganz klar im Fokus.
Selbstredend sind Miley Cyrus, Bella Throne und Co. in ihrem Business aber auch professionell genug, um zu wissen, dass kontroverse Themen wie Körperbehaarung Aufmerksamkeit erregen und vor allem bei Instagram und Co. für entsprechende Reichweite sorgen. Sind diese Frauen demnach also auch im Auftrag des "Fishing for Likes" unterwegs? Frei nach dem Motto: "Es gibt keine schlechte PR"?
Ein Akt der Selbstbestimmung
Für Kritiker mag das Auftreten dieser "jungen Wilden" eine gekonnte Mischung aus medienwirksamer Provokation und "feministischen Keule" sein. Für all die Frauen, die für Gleichberechtigung und Selbstakzeptanz einstehen - und damit sind längst nicht mehr ausschliesslich Promi-Ladies wie Miley Cyrus oder Bella Thorne gemeint - geht es aber um weit mehr als das. Denn für sie zeichnet all das einen Akt der Selbstbestimmung. Der Aufklärung. Und der Inspiration, das vermeintliche Ziel der Normschönheit endlich abzulegen. Ganz ohne kommerzielle Idealvorstellungen, Diskussionen und Verurteilungen, sondern vielmehr mit dem Bewusstsein, sich in der eigenen Haut wohlzufühlen - ob mit oder ohne rasierten Körperpartien.
Ob sie es damals, im Jahr 1999, bewusst wollte oder nicht: Mit ihrer Achselbehaarung löste Julia Roberts wilde Diskussionen aus. Und auch 23 Jahre später polarisieren kleine Härchen am Körper einer Frau noch immer - mit dem Unterschied, dass progressive Frauen ganz bewusst die vermeintliche Pflichtrasur hinterfragen und damit ein empowerndes Zeichen im Namen der Selbstliebe setzen.
Verwendete Quellen:
- Instagram-Post
Lourdes Leon vom 06.04.2022 - Instagram-Post Bella Thorne vom 08.12.2021
- Instagram-Post Bella Thorne vom 21.10.2021
- Instagram-Post Paris Jackson vom 21.09.2017
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