Sophia Loren eroberte von Italien aus Hollywood und die Welt. Heute wird die bekannte Schauspielerin 90 Jahre alt. So wurde sie zur Filmikone.
Diva, Ikone, Nationalheiligtum.
Dass Sophia Loren zu einem der schönsten Symbole italienischer Lebensart wurde, haben sie und das Land einem gewissenlosen Vater zu verdanken. Riccardo Scicolone (1907-1976) war ein italienischer Bauingenieur aus einer angesehenen Adelsfamilie. Er hatte sich in Rom in die Klavierlehrerin Romilda Villani (1914-1991) verliebt und mit ihr zwei Töchter gezeugt: Sofia und ihre jüngere Schwester Anna Maria. Scicolone weigerte sich jedoch hartnäckig, die Geliebte zu heiraten und liess es auch sonst an Unterstützung fehlen.
Mutter macht ihre Schönheit zu Geld
Romilda Villani zog mit den Kindern in einen kleinen Ort bei Neapel, die Mädchen wuchsen in einem ärmlichen Milieu auf. In ihrer Not versuchte die Mutter, die Einkünfte zu steigern und die Schönheit ihrer Tochter Sofia zu vermarkten. Das Mädchen nahm an Schönheitswettbewerben teil, posierte für Fotoromane, jobbte als Komparsin im römischen Filmstudio-Komplex Cinecittà. Bis ein Produzent sie entdeckte - und eine grosse Karriere begann.
Ob ihr Leben auch so verlaufen wäre, wenn ihre Mutter verheiratet und sie selbst kein uneheliches Kind gewesen wäre, daran hat die Loren nie so recht geglaubt. Immerhin hatte es Scicolone gestattet, dass die Kinder seinen Nachnamen tragen dürfen. In ihrer Autobiografie "Mein Leben" schreibt sie, dass sie sich Markgräfin Lucilla Scicolone nennen dürfe. Und dass eine Markgräfin an Misswahlen teilnimmt, das war im Italien der 1940er- und 1950er-Jahre noch undenkbar.
So aber war Sofia Villani Scicolone schon eine lokale Grosse, ein schönes Mädchen mit einem Gesicht, das perfekt dem klassischen Schönheitsideal entsprach. Da hiess sie in ihren Fotoromanen Sofia Lazaro, nach dem heiligen Lazarus, der in der Bibel von den Toten auferweckt wurde. Sofias Schönheit wurden auch solche Wunder zugeschrieben.
Das Filmwunder Sophia Loren
Sie war erst 16, als sie 1950 am "Miss Rom"-Wettbewerb teilnahm und Zweite wurde. Dabei lernte sie den 22 Jahre älteren (und 20 Zentimeter kleineren) Filmproduzenten Carlo Ponti (1912-2007) kennen. Der nahm sich der Karriere der jungen Frau an, förderte sie, kreierte ihren Künstlernamen Sophia Loren. Ponti sollte mit Filmen wie "La Strada", "Die Verachtung", "Doktor Schiwago" oder "Blow up" einer der bedeutendsten europäischen Produzenten werden. Vor allem aber schuf er das Filmwunder Sophia Loren.
Schon 1953 hatte sie in "Weisse Frau in Afrika" ihre erste Hauptrolle in einem Film. Ponti führte sie in Hollywood ein, und gleich in ihrem ersten Film in den USA stand sie in "Stolz und Leidenschaft" (1957) neben Cary Grant (1904-1986) und Frank Sinatra (1915-1998) vor der Kamera. Es folgte die Hollywoodkomödie "Hausboot", wiederum mit Cary Grant, dann die Filmromanze "Es begann in Neapel" mit Clark Gable (1901-1960). Schliesslich bekam sie die weibliche Hauptrolle im Monumentalfilm "El Cid" (1961) an der Seite von Charlton Heston (1923-2008).
Sophia Loren hat Hollywood mit ihrem italienischen Temperament im Sturm erobert. Sie spielte mit weltberühmten Kollegen wie John Wayne (1907-1979), Richard Burton (1925-1984), Anthony Quinn (1915-2001), Paul Newman (1925-2008), Gregory Peck (1916-2003) und Marlon Brando (1924-2004). Nach nur fünf Jahren hatte sie einen neuen Status: Weltstar.
Probleme mit der Hochzeit
Cary Grant, ein grosser Herzensbrecher, der Frauen wie Männer verführte, war auch privat verrückt nach ihr. Er wollte sie unbedingt heiraten. Doch Sophia gab ihm einen Korb, sie hatte bereits ihren Mann fürs Leben gefunden: Carlo Ponti. Im Rückblick sagte sie: "Ich habe mich für Carlo entschieden, weil er zu meiner Welt gehörte, zu meinen Leuten. Jemanden zu heiraten, der kein Italiener ist, nicht aus meiner Heimatstadt: Da wäre ich völlig verloren gewesen."
Allerdings war Ponti bereits verheiratet, und Scheidung war im streng katholischen Italien bis 1970 rechtlich nicht möglich. Also liessen sich Carlo Ponti und seine Frau Giuliana Fiastri in Mexiko scheiden. Am 13. September 1957 heiratete er Sophia Loren, der italienische Staat liess die Ehe für ungültig erklären, da er die Scheidung von Mexiko nicht anerkannt hatte.
1966 wurden Carlo Ponti, Giuliana Fiastri und Sophia Loren französische Staatsbürger. Er liess sich nach französischem Recht scheiden und heiratete die Loren erneut. Diesmal wurde die Ehe anerkannt. Sie wurde sehr glücklich und hielt bis zu Pontis Tod 2007.
Zwei Söhne für den Filmstar
Auch ihre Rolle als Mutter war nicht die einfachste. Zur "Süddeutschen Zeitung" sagte sie: "Ich hatte mir Kinder gewünscht, seit ich 16 war und bekam mein erstes Kind erst mit 34, Eduardo dann mit 38. Sie können sich vorstellen, wie lange ich gelitten habe."
Nach zwei Fehlgeburten sagte ihr Hausarzt, sie könne keine Kinder mehr bekommen, ein Schweizer Mediziner in Bern war gegensätzlicher Ansicht. Tatsächlich wurde die Loren noch zwei Mal schwanger und verbrachte jeweils acht Monate ihrer Schwangerschaften liegend. 1968 wurde Carlo Ponti jr. geboren, 1973 sein Bruder Edoardo, der ältere ist heute in den USA ein erfolgreicher Dirigent, Edoardo ist als Regisseur und Drehbuchautor tätig, der auch schon mit der Mama gearbeitet hat.
Über 100 Filme hat Sophia Loren gedreht und künstlerisch den Spagat als erfolgreiche Komödiantin und Sexsymbol einerseits und ausdrucksstarke Charakterdarstellerin spielend geschafft. Mit Marcello Mastroianni (1924-1996) bildete sie ein italienisches Traumpaar. In 13 Filmen, meist Komödien wie "Gestern, heute und morgen", "Hochzeit auf Italienisch" oder "Prêt-à-Porter", haben die beiden zusammengespielt.
Massenhaft Ehrungen für Sophia Loren
Ihren Film "Ein besonderer Tag" (1977), in dem Mastroianni einen Schwulen spielt, der deportiert werden soll und in den sich die Ehefrau (Loren) eines römischen Faschisten verliebt, bezeichnete die Loren als ihren besten. "Ein besonderer Tag" wurde für den Oscar als bester fremdsprachiger Film nominiert. Diese höchste Filmauszeichnung hatte Sophia Loren bereits 1962 für ihre Hauptrolle im Filmdrama "Und dennoch leben sie" erhalten. 1991 erhielt sie einen Ehren-Oscar für ihr Lebenswerk.
Ehrungen wurden ihr massenweise verliehen: Oscars, Golden Globes, Bambis etc. Sorrent, Pozzuoli, Florenz und Neapel haben ihr die Ehrenbürgerwürde verliehen, obwohl sie gebürtige Römerin ist und seit über 30 Jahren am Genfer See in der Schweiz lebt. Sie habe "den Körper, das Herz und den Kopf von Neapel" - sagte der Bürgermeister der süditalienischen Stadt.
Der italienische Staat ist bei allem Stolz auf Sophia Loren nicht immer zimperlich mir ihr umgegangen. Nach der jahrelangen Scheidungs-Heiratsgeschichte verstrickten sie die Behörden in eine Steuerhinterziehungsaffäre, bei der die Loren sogar für 17 Tage hinter Gitter musste. Sie tat das 1982 mit der üblichen Grandezza, letztendlich wurde der Steuerstreit nach über 30 Jahren zu ihren Gunsten entschieden.
Sie lebt heute in der Schweiz
Nach wie vor verkörpert sie italienische Lebensart, hat Kochbücher herausgegeben und wiederholt seit Jahrzehnten ihren berühmten Spruch über die naturgemässe Beziehung ihrer Figur zur italienischen Küche: "Alles, was Sie sehen, verdanke ich Spaghetti."
Mit ihrem Sexappeal ist sie grosszügig umgegangen - aber nie verschwenderisch. Noch als 70-Jährige zeigte sie in "Wetten, dass..?" ihr atemberaubendes Dekolleté, doch sie hat sich nie im Film oder für den "Playboy" ausgezogen, was sie selbstironisch so kommentierte: "Ich bin nicht gerade winzig. Wenn Sophia Loren nackt ist, dann ist das eine ganze Menge Nacktheit."
2007 kündigte sie an, im Falle eines Aufstiegs des Fussballclubs SSC Neapel endlich mal nackt in der Öffentlichkeit aufzutreten. Der Klub schaffte tatsächlich in derselben Saison den Aufstieg, die Loren löste ihre Ankündigung aber nicht ein. Augenzwinkernd bezeichnete sie das Versprechen in einer Fernsehsendung als Scherz.
Mittlerweile lebt sie zurückgezogen in ihrer Schweizer Villa, vor einem Jahr war sie in ihrem Haus gestürzt, hatte sich Brüche an der Hüfte zugezogen, musste operiert werden. Ihren 90. Geburtstag wird sie mit der Familie verbringen und wie eine 110-prozentige Italienerin feiern, mit "viel Liebe, viel Gelächter, Musik und gutem Essen". (ln/spot) © spot on news
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