Als Valea Scalabrino zum ersten Mal als Sina die Schillerallee 10 am "Unter uns"-Set betrat, war sie 20 Jahre alt. Am 15. April feiert sie nun ihr 15-jähriges Serienjubiläum. Im Interview verrät Scalabrino, ob sie sich auch andere Engagements vorstellen könnte - zum Beispiel im australischen Regenwald.
Schauspielerin Valea Scalabrino feiert in diesem Jahr nicht nur ihren 35. Geburtstag - nach 15 Jahren im Haupt-Cast von "Unter uns" weiss sie: Die Arbeit an einer täglich ausgestrahlten Serie "ist ein Kommen und Gehen". Denkt man in diesem Zusammenhang also auch selbst daran, aus der Serie auszusteigen?
Darüber hinaus spricht Valea Scalabrino über eine Storyline, die sie sich für Sina wünschen würde und verrät, ob sie sich vorstellen könnte, in den RTL-Dschungel zu ziehen.
Frau Scalabrino, haben Sie mit Ihrem Start bei "Unter uns" im Jahr 2010 damit gerechnet, 15 Jahre später noch immer Teil des Haupt-Casts zu sein?
Valea Katharina Scalabrino: Niemals. Ich hätte alles andere eher geglaubt. Ehe ich zu "Unter uns" kam, war ich ein Jahr lang in der Serie "Rote Rosen" zu sehen. Natürlich war mir bewusst, dass ein Arrangement bei einer Serie, anders als bei Filmen, durchaus eine längerfristige Angelegenheit sein kann. Dennoch habe ich niemals mit dem Gedanken gespielt, 15 Jahre bei ein und derselben Serie mitzuwirken. Insofern war ich damals vielmehr darauf vorbereitet, für eine gewisse Weile bei "Unter uns" mitzumachen und dann weiterzuziehen. Und jetzt feiere ich 15-jähriges Jubiläum (lacht).
Der Cast hat sich in den vergangenen 15 Jahren natürlich verändert. Einige Kolleginnen und Kollegen sind nicht mehr mit dabei, dafür sind neue Rollen und Charaktere dazugekommen. Denken Sie manchmal etwas wehmütig an alte Zeiten am Set zurück?
Natürlich denke ich auch mal an vergangene Zeiten und Konstellationen mit Kolleginnen und Kollegen zurück, die wirklich lustig waren und Spass gemacht haben. Da aber mit jeder neuen Rolle neue Geschichten erzählt werden, die uns am Set immer wieder fordern, aber auch überraschen, bleibt kaum Zeit zum Vermissen. Die Arbeit an einer Serie wie "Unter uns" ist ein Kommen und Gehen: Wenn sich eine grossartige Sache dem Ende neigt, beginnt im nächsten Moment die nächste tolle Sache.
Sina hat jede Menge erlebt in den letzten Jahren: Gibt es eine Storyline, die Sie sich für sie wünschen würdest?
Ich mag deepe Figuren sehr gerne. Insofern würde es mich total reizen, Sina in einer psychisch instabilen Situation zu spielen.
"Ich finde, das mentale Gesundheit noch immer viel zu wenig thematisiert wird."
Valea Scalabrino
Klingt herausfordernd. Aber auch wichtig, um Awareness für mentale Gesundheit zu schaffen …
So ist es. Ich finde, das mentale Gesundheit noch immer viel zu wenig thematisiert wird. So viele Menschen da draussen haben mit ihren inneren Dämonen zu kämpfen, umso wichtiger ist es mir, diesbezüglich mehr Aufmerksamkeit zu schaffen. Ausserdem muss man wirklich mal ehrlich sein: Bei all den Entführungen, Morden und Schicksalsschlägen, die die einzelnen "Unter uns"-Figuren in ihrem Leben in der Schillerallee bereits erlebt haben, wäre eine Psychotherapie doch nur folgerichtig (lacht). Aber um es noch einmal mit allem Ernst zusammenzufassen: Ich glaube, dass sich viele Zuschauerinnen und Zuschauer mit einer Storyline um eine psychische Erkrankung identifizieren könnten.
Im aktuellen Handlungsstrang durchleben Sina und Bambi (gespielt von Benjamin Heinrich) nach Sinas Seitensprung eine schwere Ehekrise. War es herausfordernd, sich auf diese Story einzulassen?
Ich muss sagen, dass mir die Story zunächst überhaupt nicht gefallen hat. Als ich das Drehbuch gelesen habe, konnte ich mich zum ersten Mal in knapp 15 Jahren überhaupt nicht mit meiner Figur identifizieren. Denn mit dem Ehemann meiner verstorbenen besten Freundin zu schlafen, ist meiner Meinung nach ein moralisches No-Go und für mich weder vorstell- noch verhandelbar. So etwas würde mir als Valea definitiv niemals passieren. Ich brauchte also eine Motivation, um die Szenen überhaupt spielen zu können.
Welche Motivation war das?
Ungeachtet dessen, dass der Seitensprung völlig daneben war, wollen wir mit der Story zeigen, dass man Beziehungen auch reparieren kann. Insofern lautete unsere Message, eine zu brechen drohende Beziehung nicht sofort wegzuwerfen, sondern gewissermassen eine Bestandsaufnahme zu machen und zu hinterfragen, wie es trotz der Liebe zu dem Bruch kam. Wir leben in einer Wegwerfgesellschaft, das zeigt sich meiner Meinung nach auch häufig in der Art, wie Menschen ihre Beziehungen leben – und häufig auch beenden.
Sina ist sehr diszipliniert und kontrolliert – Sie haben also Ihre Rolle von einer ganz neuen Seite kennengelernt.
Absolut. Tobias (gespielt von Patrick Müller) ist, genau wie Sina, eine Figur, die sich sehr gut unter Kontrolle hat. Umso absurder ist es eigentlich, dass ausgerechnet diese beiden Charaktere im selben Moment eben diese Kontrolle verlieren. Natürlich habe ich mir viele Gedanken um die Umsetzung dieser Handlung gemacht. Am Set selbst sind all diese Gedanken aber irrelevant, weil der Fokus auf der Szene liegt. Nichtsdestotrotz habe ich mir aber auch Gedanken um die Zuschauerinnen und Zuschauer gemacht. Ich hatte wirklich Sorge, wegen Sinas Verhalten von ihnen abgelehnt zu werden. Aber ich muss sagen, dass die "Unter uns"-Community vor den Bildschirmen zwischen Fiktion und Realität unterscheiden kann, was mich sehr dankbar macht.
Ist es Ihnen in der Vergangenheit einmal passiert, dass die Zuschauerinnen und Zuschauer kritisch von Ihrer Rolle auf Sie geschlossen haben?
Bei "Unter uns" ist mir so etwas glücklicherweise noch nie passiert. Ich erinnere mich aber an eine Zeit bei "Rote Rosen": Wenn Fans einer Serie eine Antipathie gegen eine Rolle hegen, wird es schnell persönlich. Wird es persönlich, geht es im nächsten Schritt auch mal unter die Gürtellinie. Natürlich lässt man sich im Laufe der Jahre ein dickes Fell wachsen, dennoch gibt es immer mal Situationen, in denen man sich schlichtweg verletzt fühlt.
Damals wurde ich beispielsweise von einigen Hatern als "Hamsterfresse" tituliert. Die Menschen wissen teilweise gar nicht, was sie einem anderen Menschen mit solchen Beleidigungen antun können. Denn wenn der Selbstwert unter solchen Beschimpfungen leidet, können psychische Erkrankungen oder etwa ein gestörtes Essverhalten entstehen. Viele Menschen sind sich jedoch nicht bewusst, wie schwerwiegend die Schäden eines solchen Verhaltens sein können.
"Auf Hass und Hetze sollte definitiv ein Zeichen folgen."
Valea Scalabrino
Wie begegnen Sie Hass im Netz?
Natürlich lese auch ich die einen oder anderen Hate-Kommentare. Manchmal denke ich, dass einige Menschen solche Kommentare nur verfassen, um ihren eigenen Frust loszuwerden. Dann scheint es aber noch weitere Menschen zu geben, die mit ihren Kommentaren und Nachrichten einen Menschen wirklich böswillig verletzten wollen. Insofern unterscheide ich durchaus zwischen frustrierten und boshaften Nachrichten. Auf letztere sollte man meiner Meinung nach entsprechend reagieren und sie löschen oder auch zur Anzeige bringen. Auf Hass und Hetze sollte definitiv ein Zeichen folgen.
Sie sind seit 15 Jahren bei "Unter uns": Haben Sie in all diesen Jahren auch mal darüber nachgedacht, auszusteigen?
Natürlich. Ich finde, man sollte sich selbst immer wieder updaten und sich kritisch hinterfragen, ob man das, was man tut, noch weiter tun möchte. Indem ich mich also in den vergangenen Jahren immer wieder selbst ehrlich hinterfragt habe, konnte ich die Entscheidung treffen, dass mein Weg der richtige für mich ist. Es ist wirklich schwer, als Berufsschauspieler Geld zu verdienen. Die meisten Schauspielerinnen und Schauspieler, die auf einer Schauspielschule waren, leben ihre Leidenschaft häufig im Theater. Ob und wie gut sie davon leben können, steht jedoch auf einem anderen Blatt Papier. Von dem, was ich meinen Beruf nennen darf, kann ich leben. Ausserdem wird es am Set einer täglich ausgestrahlten Serie niemals langweilig – insofern bin ich glücklich, diesen Beruf ausüben zu dürfen und freue mich über jedes weitere Jahr, das ich noch in der Schillerallee verbringen darf.
Viele Ihrer Kolleginnen und Kollegen nehmen alle Jahre wieder an Formaten wie "Let's Dance" oder "Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!" teil. Könnten Sie sich vorstellen, die Tanzschuhe zu schnüren oder den Rucksack für den Dschungel zu packen?
Im vergangenen Jahr habe ich an der "Wok-WM" und zusammen mit Ben (Heinrich; Anm. d. Red.) am "RTL Turmspringen" teilgenommen. Beide Teilnahmen waren auf ihre Weise extrem und haben mich viel Überwindung gekostet. Bei "Let's Dance" würde ich sofort mitmachen. Leider hat aus dem "Unter uns"-Kosmos bislang nur Miloš (Vuković; Anm. d. Red.) an dem Format teilgenommen. Häufig schwingen bei "Let's Dance" Schauspielerinnen und Schauspieler von GZSZ oder "Alles was zählt" das Tanzbein – insofern bin ich aus dem "Unter uns"-Cast nicht die Einzige, die grosse Lust auf die Show hätte. Auch zu einer Teilnahme bei "Ich bin ein Star – Holt mich hier aus!" würde ich nicht nein sagen – ich bin für alle Schandtaten bereit (lacht).
Auf Ihrem Instagram-Kanal posten Sie Momentaufnahmen, halten sich aber mit persönlichen Einblicken in Ihr Leben bedeckt. Welche Rolle spielt die Wahrung des Privaten für Sie?
Das ist eine schöne Frage, weil ich den Schutz meines Privatlebens völlig unbewusst für mich definiert habe. Bis vor einigen Jahren war ich noch sehr aktiv bei Instagram. Es gab dann eine sehr schwere Phase in meinem Leben, in der sich das unbefangene Posten lustiger Bilder und Stories nicht richtig angefühlt hat. In dieser Zeit habe ich mich von Social Media zurückgezogen und gemerkt, dass andere Dinge im Leben wichtig sind. Social Media ist nicht real – es gibt Menschen, die unrealistischen Wunschvorstellungen hinterherjagen. Mitunter gibt es auch Frauen, die Massstäbe in die Welt setzen, denen sie selbst nicht gerecht werden können.
Können Sie ein konkretes Beispiel nennen?
Ich denke da etwa an die Kardashians. Ehe ein Foto von ihnen gepostet wird, wird es mit Photoshop und diversen Filtern bearbeitet. Trotzdem eifern unzählige junge Frauen diesem propagierten Schönheitsideal hinterher. Am Ende stelle ich mir die Frage, was man davon hat, öffentlich so viel von sich preiszugeben und sein ganzes Leben transparent bei Social Media zu leben. Denn meiner Meinung nach wird diese Transparenz nicht immer wertgeschätzt. Denn für das Aussen ist das, was man tut, häufig nicht gut genug. Deswegen halte ich das, was ich liebe und was mir wichtig ist, privat.
Über die Gesprächspartnerin
- Valea Katharina Scalabrino ist eine deutsche Schauspielerin. Im Alter von sechs Jahren stand sie erstmals in einer Episode der ZDF-Reihe "Das Traumschiff" vor der Kamera. Seitdem war sie in einem Film der Rosamunde-Pilcher-Reihe sowie in der Serie "Rote Rosen" zu sehen. Seit 2010 gehört sie als Dr. Sina Hirschberger zum Hauptcast der RTL-Serie "Unter uns".