Es sind ereignisreiche Tage in Deutschland. Friedrich Merz und Markus Söder haben sich auf einen Kanzlerkandidaten geeinigt. Auch Bill und Tom haben in der vergangenen Woche viel erlebt, und auch wenn sie es in der neuesten Ausgabe ihres Podcasts "Kaulitz Hills" so nicht erwähnen, hat das doch auch etwas mit der Kanzlerfrage zu tun. Denn Tom hat in München etwas Aufregendes entdeckt.

Christian Vock
Eine Satire
Diese Satire stellt die Sicht von Christian Vock dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Ein neuer Mittwoch bedeutet auch immer: eine neue Folge "Kaulitz Hills". Doch die neue Folge kommt Bill diesmal gar nicht so neu vor, ja fast schon gebraucht. Der Sänger fühle sich nämlich gerade ziemlich gerädert, denn heute sei so ein Tag. "Egal, welche Uhrzeit es ist, es bleibt morgens." Ein Blick auf die Uhr verrät Bill und Tom allerdings, dass es gar nicht morgens, sondern fast schon mittags ist. Das Gefühl eines nicht enden wollenden Morgens resultiere daraus, dass der Vortag länger gegangen sei als mit dem darauffolgenden Morgen vereinbart – auch aufgrund der Anwendung von Alkohol.

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Nun sitze man in einem Hotel in Bochum, aber offenbar in einem höherpreisigen, denn wo andernorts die Formschinkenscheiben Punkt 10 Uhr vom Frühstücksbüfett eingesammelt werden, sitzen die Kaulitz-Brüder in ihrer Suite neben einem Frühstückswagen und lassen es sich noch schmecken. Sogar das Obst habe man liebevoll dekoriert, was Bill zu der Frage führt: "Wie schnitzt man denn einen Schwan aus so einem Apfel?" Tom kann ihm dabei nicht weiterhelfen, und auch ich kann zu diesem Thema lediglich beitragen: lieber einen Schwan aus einem Apfel schnitzen als andersrum.

Was ist da los in München?

Zugegeben, eine Erkenntnis, die niemandem weiterhilft – ausser vielleicht Schwänen –, aber zum Glück bringt Tom alsbald ein anderes Thema zur Sprache. Er habe nämlich mit seiner Gattin einen Tag in München verbracht und für alle Münchener, die es im Alltagstrott nicht bemerkt haben: "Es ist wahnsinnig schön." Von "wahnsinnig schön" kommt Tom aber schnell zu "schön wahnsinnig", und der Wahnsinn beginnt damit, dass Tom durch einen Park gegangen sei und "auf einmal surfen die da alle!" Ja, es sind ganz schön wilde Zeiten, gerade in München, und Tom spekuliert nun, wie es dazu gekommen sein könnte. Doch damit fängt der wilde Wahnsinn in München erst an.

Denn die Eheleute Kaulitz seien weitergegangen, und "dann gehst du da lang, auf einmal eine Riesenwiese – alle nackt!", entdeckt Tom eine Nackt-Wiese mitten in der bayerischen Landeshauptstadt. "Fand ich progressiv", findet Tom die Münchener Nacktwiese progressiv, und auch ich frage mich: Was ist da los in München? Die beiden Brüder diskutieren die Legalität des Münchener Nacktseins, denn "Anziehen kann ja kein Gesetz eigentlich sein", wie Bill findet.

Da bin ich mir ehrlich gesagt nicht so sicher. Ich kann mir gut vorstellen, dass sich in Deutschland irgendein Paragraf findet, der besagt, dass man doch auf Kleidungsstücke zurückgreifen soll. Zumindest in der Regel, Ausnahmen kann ich mir durchaus vorstellen, zum Beispiel in der heimischen Badewanne. Ausserhalb fände ich ein entsprechendes Gesetz eigentlich ganz gut. Nennen Sie mich kleinkariert, aber ich bin beruhigter, wenn ich weiss, dass der Nebenmann im Bus mindestens eine Unterhose anhat. Das gibt mir irgendwie Sicherheit. Gerade in Bayern.

"Meine Lebensaufgabe ist Bayern"

Nehmen wir nämlich zum Beispiel Markus Söder, den CEO von Bayern. Der verkündete auf die Frage, ob er Kanzler werden wolle: "Ich stehe da nicht zur Verfügung." Ausserdem sagte Markus Söder: "Für mich ist das Thema erledigt. Das ist total erledigt." Er habe einmal ein Angebot gemacht, das mehrheitlich nicht angenommen worden sei, und stellte daher fest: "Meine Lebensaufgabe ist Bayern." Ja, gut, sagen Sie, das wissen wir doch längst, Friedrich Merz und Markus Söder haben sich doch diese Woche geeinigt, dass es Herr Merz mit der Kanzlerei probieren soll.

Ja, da haben Sie recht, nur stammen Söders Aussagen nicht aus dieser Woche, sondern aus dem vergangenen Jahr. Nachdem Söder 2021 bei der Kanzlerkandidatur gegen Armin Laschet den Kürzeren gezogen hatte, ging Söder Laschet über Wochen so lange an, bis die Union die Wahl verlor, und erklärte dann im Mai 2023 in obigen Worten bei Markus Lanz, dass eine Kanzlerkandidatur kein Thema mehr für ihn sei. Nun kann man sich natürlich vorstellen, wie sehr sich Friedrich Merz gewundert haben muss, als er sich mit Markus Söder nun in dieser Woche über etwas einigen sollte, über das ja eigentlich bereits seit eineinhalb Jahren Gewissheit hätte bestehen sollen.

Vielleicht war Friedrich Merz aber auch nicht überrascht, denn Markus Söder hatte seinen Verzicht damals vor der Landtagswahl in Bayern verkündet. Hätte ich mich damals in Bayern wählen lassen wollen, hätte ich vorher wahrscheinlich auch nicht gesagt: "Bitte wählt mich!* (*= Seid aber nicht sauer, wenn ich ein Jahr später lieber Bundeskanzler werden will, denn sind wir mal ehrlich: 'Markus Söder, Kanzler von Deutschland' klingt irgendwie cooler.)" Das kann Friedrich Merz nicht überrascht haben, schliesslich hat es bei ihm ja auch drei Anläufe und eine Politik-Auszeit als Aufsichtsrat und Wirtschaftslobbyist gebraucht, bis ihn seine Partei endlich als Vorsitzenden haben wollte.

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Fährt Markus Söder eigentlich Bus?

Friedrich Merz dürfte also Verständnis gehabt haben, sich mit Söder noch einmal über bereits Geeinigtes einigen wollen zu müssen. Bei Markus Söder hingegen glaube ich, dass er am Ende selbst nicht mehr wusste, was er eigentlich wollte. Denn noch vor wenigen Tagen war von "Ich stehe da nicht zur Verfügung" plötzlich keine Rede mehr. Stattdessen sagte Söder bei einer Rede über eine mögliche Kanzlerkandidatur: "Ich würde mich nicht drücken, Verantwortung für unser Land zu übernehmen." Politik kann so verwirrend sein. Gerade für Politiker.

Ich kann mir gut vorstellen, dass Markus Söder bei all dem Hin und Her selbst nicht mehr wusste, ob er nun Kanzler werden wollte oder nicht. Da muss er ziemlich erleichtert gewesen sein, als Friedrich Merz für ihn nun Klarheit geschaffen hat. Manchmal braucht man einfach gute Freunde. Gerade in der Politik. Ich persönlich bin bei Markus Söders Wankelmütigkeit nicht so gelassen wie Friedrich Merz. Wie erwähnt, brauche ich ein bisschen Zuverlässigkeit. Das ist in der Politik nicht anders als bei Bekleidungsgesetzen. Und wenn ich mich schon in der Politik nicht auf Markus Söder verlassen kann, möchte ich wenigstens sichergehen, dass er nicht plötzlich nackt neben mir im Bus steht.

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