Ob früher mit "Lafer! Lichter! Lecker!" oder heute mit "Die Küchenschlacht": Johann Lafer ist aus dem deutschen Fernsehen nicht mehr wegzudenken. Am heutigen Mittwoch feiert der Österreicher seinen 66. Geburtstag.
Im Interview mit unserer Redaktion erklärt der Star-Koch unter anderem, warum er sich inzwischen nur noch zu "maximal zehn Prozent" von tierischen Produkten ernährt.
Herr
Johann Lafer: Vollumfänglich kann ich das leider nicht unterstreichen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass man diesem 66. Geburtstag keine grosse Bedeutung schenken würde, wenn es dieses Lied nicht gegeben hätte. Man muss auch so ehrlich sein, dass sich bestimmte Situationen im Leben ab einem bestimmten Alter etwas anders anfühlen. Zum Beispiel würde ich mir einen Marathonlauf heute nicht mehr zutrauen. Dennoch gibt es auch in höherem Alter vieles, was man noch erleben möchte – vor allem die Dinge, für die man vorher keine Zeit hatte.
Essen ist nicht nur Genuss, sondern auch Gesundheit
Inwiefern hat Ihr Alter Einfluss auf Ihre Ernährung und damit auch auf Ihre Arbeit als Koch? Bücher wie "Essen gegen Schmerzen" oder "Detox Cuisine" hätten Sie vor 20, 30 Jahren vermutlich eher nicht geschrieben …
Genau, wir sprechen hier von dem natürlichen Lauf des Lebens – wobei der Verschleiss letztlich vor allem die Konsequenz daraus ist, dass man sich nicht genug schonen wollte oder konnte. Ich habe mich früher um nichts geschert, weil für mich Essen einfach Essen war. Durch die eigenen Erfahrungen und die medizinische Betreuung habe ich mit der Zeit gemerkt, dass Ernährung nicht nur Nahrungsaufnahme und Genuss ist, sondern auch etwas, das dem Körper helfen kann. Dass ich diese Erkenntnisse heute weitergeben darf, werte ich als Glückssache.
Machen Sie regelmässig Detox-Kuren?
Ja, ich mache das schon seit längerem einmal pro Jahr, meistens zwei, drei Wochen am Stück. Dabei durfte ich immer wieder feststellen, dass mir der Verzicht auf diese grosse Bandbreite von Lebensmitteln und bestimmten Inhalten wahnsinnig guttut – auch mit Blick darauf, dass ich die einzelnen Nuancen der Produkte nach so einer Kur wieder viel besser schmecken konnte. Eine Detox-Kur war für mich lange Zeit eine Art Reset-Knopf, um danach wieder mit Elan weiterarbeiten zu können. Doch das ist nicht der richtige Weg, denn der Alltag holt einen schnell wieder ein. Wenn man nachhaltig etwas verändern möchte, ist eine gewisse Kontinuität nötig. Das habe ich daraus gelernt.
Schmeckt das "Essen gegen Schmerzen" denn auch oder muss man in Sachen Genuss gewisse Abstriche machen?
Das ist genau die Frage, die ich mir auch als Koch gestellt habe. Man muss keine Abstriche machen, die Zeiten sind vorbei. Wir sind heute wesentlich weiter, können auf eine grosse Bandbreite an Rezepten und entsprechende Gartechniken zurückgreifen. Allen voran aber verweise ich auf die riesige Gewürzvielfalt heutzutage. Jedes Essen, egal mit welchem Inhalt, kann sensationell schmecken.
Fleisch nur noch in Massen
Verzichten Sie inzwischen weitestgehend auf Fleisch?
Der Anteil von tierischen Produkten liegt bei meiner Ernährung inzwischen bei maximal zehn Prozent. Ich ernähre mich überwiegend vegetarisch und vegan, weil ich möchte, dass es mir gut geht. Welche anderen Perspektiven hätte ich denn? Ich könnte mein zweites Knie operieren lassen. Ich könnte in den nächsten Jahren regelmässig Schmerztabletten zu mir nehmen. Oder ich könnte eine dritte Variante finden. Ich habe mich dafür entschieden, dem Verschleiss mit gesunder Ernährung und Bewegung entgegenzuwirken.
Sie schaffen also die Voraussetzungen, um die nächsten Jahre bestmöglich geniessen zu können?
Alles ist endlich – und das ist die einzige Gerechtigkeit dieser Welt, in der wir nur zu Gast sind. Trotzdem hat man es ja ein Stück weit selber in der Hand. Ich habe in meinem Leben viel Erfolg gehabt, konnte aber auch einige Dinge nicht machen. Insofern habe ich das Ziel, mich für den Aufwand, den ich bisher betrieben habe, im Alter zu entlohnen. Also ja, ich versuche mir eine Ausgangslage zu schaffen, die es mir möglich macht, besondere Momente oder Reisen uneingeschränkt in vollen Zügen aufnehmen zu können.
Sie haben eine Entwicklung genommen, Ihre TV-Sendungen ebenso. Warum ist "Die Küchenschlacht" auch 15 Jahre nach ihrer ersten Ausgabe nach wie vor so beliebt?
Ich als Gründungsmitglied kann nur sagen, dass ich es spektakulär finde, was aus dieser Sendung geworden ist. Wir haben mittags 18 bis 19 Prozent Marktanteil. Warum ist das so? Weil sich die Zuschauer mit den Hobbyköchen identifizieren können. Der Köder muss dem Fisch und nicht dem Angler schmecken. Menschen kochen für Menschen, darum geht es. In der "Küchenschlacht" schlüpft der Profikoch in die Rolle des Moderators, der Tipps gibt, wie man es noch besser machen könnte. Genau diese Mischung übt den Reiz der Sendung aus. "Die Küchenschlacht" ist das Paradebeispiel, was Kochen bedeutet. Ich freue mich jetzt schon sehr, dass ich das Finale dieser Staffel im November moderieren darf.
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"Lafer! Lichter! Lecker!"
Können Sie sich als Profikoch von den Hobbyköchen noch etwas abgucken?
Es ist unfassbar, was die Kandidatinnen und Kandidaten können. Ich sage es jetzt mal hinter vorgehaltener Hand: Manchmal kommt es vor, dass ich "Küchenschlacht"-Rezepte aus dem Ordner herausnehme und umsetze. Kürzlich habe ich Allgäuer Käseknödel mit einer pikanten Aprikosenmarmelade nachgemacht. Die waren einfach nur Weltklasse. Punkt.
Wie stehen Sie zu Event-Kochshows à la "Grill den Henssler"?
Diese Kochshows sind eine Form von Unterhaltung, die zu einer Öffnung des Publikums als Interessenten beitragen können. Ich persönlich aber habe noch den Traum von einem TV-Format, in dem man ohne Wettkampf – und vielleicht sogar ohne letztendliche Beurteilung – in einer Küche einfach sehr ehrlich und gemeinschaftlich miteinander umgeht. Eine Sendung, in der der Laie vom Profi profitiert. Für ein solches Format würde ich zur Verfügung stehen. Es sollte um den Geschmack gehen, also um das, was das Leben ausmacht. Es gibt ein enormes Wissensdefizit, was die Zubereitung von Lebensmitteln angeht. Das rührt daher, dass sich die junge Generation nicht mehr so viel von den eigenen Eltern abguckt. Der Austausch ist nicht mehr so intensiv wie früher.
Der Laie sollte vom Profi profitieren. Das erinnert mich ein bisschen an das Erfolgsformat "Lafer! Lichter! Lecker!", das zehn Jahre lang im TV lief …
Ja, die Kontraste zwischen
Hat Sie Horst Lichter auch manchmal an Ihre Grenzen gebracht, etwa in dem Moment, als er einen weiblichen Gast als "nougatgefüllte Marzipanpraline auf zwei Beinen" bezeichnete?
Sicherlich gab es die eine oder andere Grenzüberschreitung. Diese Geschichte mit dem "Marzipan gefüllten Pralinchen" war so eine. Dafür haben wir dann auch zurecht die "Saure Gurke" bekommen (lacht). Natürlich macht man sich mit solchen Verbalattacken nicht nur Freunde. Horst hat mir aber gezeigt, dass Fernsehen eine Bühne ist, auf der man auch so sein darf, wie man ist. Dafür bin ich ihm bis heute dankbar. Durch ihn habe ich mich sehr geöffnet.
"Nachsalzen kann man immer, wegsalzen kann man nie"
Der legendäre Alfred Biolek hat in seiner Kochshow "alfredissimo!" früher Weisheiten geprägt, die in den Sprachgebrauch übergegangen sind. "Nachsalzen kann man immer, wegsalzen kann man nie", um nur ein Beispiel zu nennen. Was soll eines Tages von dem Koch Johann Lafer in Erinnerung bleiben?
Bei mir kann man es nicht an Salz und Pfeffer festmachen, sondern vielmehr an der Vision, die ich in mir trage. Vielleicht sagt man eines Tages über mich: Wenn ich an den Lafer denke, dann denke ich an jemanden, der immer für ein gutes, nachhaltiges und regionales Produkt gekämpft hat – und dafür, dass man möglichst wenig wegschmeisst. Ich habe zudem immer versucht, klassische Dinge zu modernisieren. Wenn das in Erinnerung bleibt, kann ich mich sehr glücklich schätzen.
Manch einer wird Sie vermutlich auch als "Hansdampf in allen Gassen" in Erinnerung behalten. Würden Sie das unterschreiben?
Das kann man auch als Wortspiel verstehen, schliesslich dampft es in der Küche ja ordentlich (lacht). Es ist schon so, dass ich recht umtriebig bin, weil ich aufgrund eines Ist-Zustands immer wieder etwas Neues entdecke. Seit einer gewissen Zeit entwickele ich Küchenprodukte. Gewisse Dinge haben mich immer geärgert, zum Beispiel der klassische Schneebesen, dessen Drähte keinerlei Widerstand haben. Bis ich damit etwas aufschlage, vergeht viel Zeit. Bei meinem Schneebesen haben wir die Drähte einfach platt geklopft. Damit dauert es halb so lang und das Ergebnis ist luftiger und cremiger. Ich möchte anderen Menschen das Kochen ein bisschen erleichtern und ich möchte sie motivieren, es zu tun.
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Gutes Essen muss nicht teuer sein
Sie sind zudem ein passionierter Helikopterpilot. Bieten Sie noch Ihre Gourmetmenüs in Verbindung mit Flügen über das Rheintal an?
Das biete ich so eigentlich nicht mehr an. Heute betreibe ich das Hubschrauberfliegen nur noch als mein persönliches Freizeitvergnügen. Es hat aber nicht mehr diesen Stellenwert, den es vor zehn Jahren noch hatte.
Apropos Gourmets: Muss gutes Essen heute teuer sein und wie schwierig ist dieser Spagat?
Grundsätzlich ist es richtig, dass der Erzeuger eines Produkts angemessen entlohnt wird. Dementsprechend muss der Verkaufspreis etwas höher sein. Aber: Eine Familie mit zwei, drei Kindern muss natürlich erst einmal schauen, dass sie allen anderen finanziellen Verpflichtungen nachkommen kann. Häufig wird dann bei den Lebensmitteln eingespart. Mich stimmt die aktuelle Situation in Deutschland sehr nachdenklich, denn sie trägt weiter zur Spaltung der Gesellschaft teil. Jeder hat das Recht, gut zu essen.
Wie lautet Ihr Vorschlag, damit sich etwas ändern?
Auch ich habe nicht die allumfängliche Antwort zu diesem Problem. Aber vielleicht kann man doch versuchen, Prioritäten zu setzen und sich stärker ins Bewusstsein zu rufen, dass die Basis unseres Seins die Ernährung ist. Eventuell ist es hier und da doch möglich, an anderer Stelle zu sparen. Allerdings muss man fair bleiben: Es wird Gründe geben, warum der Marktanteil der Discounter bei 75 Prozent liegt.
Alfons Schuhbecks Haftstrafe
Ihr Kollege Alfons Schuhbeck hat inzwischen seine Haftstrafe angetreten. Trauen Sie ihm zu, dass er diese schwierige Zeit meistern wird?
Wir sind bis heute wirklich gute Kollegen und Freunde, hatten nie persönliche Differenzen. Ich bedauere das sehr für ihn als Menschen, bin aber inhaltlich auch nur ein Aussenstehender. Das muss man mit sich selbst im Einklang vereinbaren und verantworten. Ich kann nur hoffen, dass er die Zeit gesundheitlich und menschlich gut meistert. Ich drücke ihm alle Daumen dafür und hoffe nur das Beste.
Planen Sie, ihn im Gefängnis in Landsberg am Lech zu besuchen?
Aktuell ist das eher nicht geplant. Sollte sich irgendwann eine Möglichkeit ergeben, werde ich das gerne machen. Ich glaube, man muss ihm aber erst einmal ein bisschen Zeit geben, die neue Situation zu verarbeiten. Irgendwann wird der Moment kommen, um die zwischenmenschlichen Dinge wieder aufleben zu lassen – und dazu wird sicherlich auch ein Besuch gehören.
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