- Am Sonntag feiert "Die 100.000 Mark Show" ihr grosses Comeback.
- Wir haben mit der Moderatorin Ulla Kock am Brink vorab über die Neuauflage und das Thema "Quoten-Druck" gesprochen.
- Zudem erklärt die 61-Jährige, warum sie gegen Alters-Bashing ihre Stimme erhebt und weshalb sie viele Social-Media-Kommentare fassungslos machen.
Frau
Ulla Kock am Brink: Ja, das stimmt. Die D-Mark ist wieder da, der Euro ist Geschichte. Das ist natürlich die wahre Message dieser Sendung, die schon immer höchst währungspolitisch war (lacht). Spass beiseite: Es ist so, dass RTL tief in der Retrokiste gekramt und sich offensichtlich gedacht hat: Wenn es diesen Trend gibt, dann gehört die "100.000 Mark Show" auf jeden Fall dazu!
Das klingt mit Blick auf den derzeitigen Hype um TV-Klassiker wie "Wetten, dass..?" oder Gameshows à la "Der Preis ist heiss" und "Geh aufs Ganze!" einerseits logisch, birgt andererseits aber auch Risiken, nicht wahr?
Sicherlich. Zumal es bei der "100.000 Mark Show" ein Problem gibt: Sie ist sehr teuer. Immerhin hat man sich dann für die Originalbesetzung entschieden. Natürlich hat mich RTL aber auf Sendetauglichkeit abgecheckt.
Offenbar haben Sie bestanden…
So ist es! Einer der grossen Chefs setzte sich extra siebeneinhalb Stunden in den Zug nach Sylt, wo ich lebe und wo es an diesem Tag heftig stürmte. Zu dem Restaurant, in dem wir abends Essen gingen, führt eine Holztreppe hinauf. Ich bin die 30 bis 40 Stufen dermassen hochgetänzelt und habe damit bewiesen, dass ich bereit bin. Wir hatten dann einen wirklich schönen Abend und erörterten auch die Altersfrage.
Wie erörtert man bitteschön eine Altersfrage? Ihr Geburtsdatum dürfte ihm bereits vor der Anreise bekannt gewesen sein...
Darum habe ich ihm auch gesagt, dass sie mich schon so nehmen müssen, wie ich jetzt eben bin. Dem hat er auch sofort zugestimmt. Er ist noch ein relativ junger Mann – und die denken zum Glück anders darüber als die etwas älteren Herrschaften in den Sendersesseln.
Comebacks von Kultshows
Laufen die Sendeanstalten nicht Gefahr, es mit der Anzahl der Comebacks von Kultshows zu übertreiben?
Es wird sich ein bisschen kannibalisieren, keine Frage. Aber das ist doch der normale Gang der Dinge. Wenn etwas gewünscht wird, stürzen sich alle drauf. Irgendwann ist die Begeisterung dann wieder weg.
Ich zumindest sehe das sehr realistisch und entspannt. Für mich waren die Aufzeichnungen ein grosses Fest. Falls es eine zweite Staffel gibt, bin ich happy. Sollte das nicht der Fall sein, bin ich auch happy – weil ich diese vier Sendungen hatte.
Früher wurden alleine schon mit der Summe von 100.000 Mark TV-Zuschauer angelockt. Das reicht heute vermutlich nicht mehr aus. Womit kann die Neuauflage überzeugen?
Ich glaube nicht, dass der Verkaufseffekt der "100.000 Mark Show" auf den möglichen Gewinn von 100.000 Mark zurückzuführen ist. Es liegt an dem Konzept der Sendung und an dem Tempo, das die Show immer ausgezeichnet hat. Die Faszination besteht aus der sehr gelungenen Mischung aus Wissen, Intuition sowie körperlicher und mentaler Stärke.
Zudem sollten die teilnehmenden Paare Teamwork mitbringen. Sie müssen sich aufeinander verlassen und auch Niederlagen aushalten können. Ich sehe darin einen kleinen, unterhaltsamen Spiegel des Lebens. Diese zeitübergreifende Botschaft schwingt nach wie vor mit, wenn ich an die "100.000 Mark Show" denke.
Was ist neben dem Titel der Show alles erhalten geblieben und was ist neu?
Der heisse Draht, die Wassersäule, die Buchstabenwand und das Pentagonspiel mit den Gewichten: Das alles existiert auch bei der Neuauflage. Zudem gibt es die besten Spiele aus den 90ern sozusagen 2.0 zu erleben. Die gesamte Spieletechnik wurde also digitalisiert. Das war früher noch anders. Geblieben ist darüber hinaus die Moderatorin, mit leicht veränderten Faltentiefen an der einen oder anderen Stelle. Aber: So what!
"Leben ist, wenn man trotzdem lacht." So lautet der Untertitel Ihres Buches "Die Glücksritterin", das am 11. Oktober erscheint. Zieht sich diese Erkenntnis wie ein roter Faden durch Ihr Leben?
Ich habe schon als Kind von meinen Eltern gelernt, eher die leichter nachzuvollziehenden Aspekte in Konfliktsituationen zu entdecken und für mich zu nutzen. In dem Sinne, nicht alles zu ernst zu nehmen, Gras über die Sache wachsen zu lassen und manchmal – vielleicht auch aus reinem Selbstschutz – die Sache auszuhalten. Das heisst nicht, sie auszusitzen, sondern auf den richtigen Moment zur Klärung zu warten.
Ulla Kock am Brink verspürt keinen Quoten-Druck
Mit welchen Ambitionen gehen Sie in die Neuauflage: Steht der Spass im Vordergrund oder beginnt für Sie direkt der Quoten-Druck – zumal ausgerechnet am 4. September zu derselben Uhrzeit auch der "Tatort" in der ARD aus der Sommerpause zurückkehrt?
Wenn wir mit der Sendung die Herzen berühren in dieser aufgewühlten und emotional nicht erfüllten Gesellschaft, dann ist doch ein kleiner Beitrag geschafft. Ein paar Stunden Eskapismus tut jedem gut. Von dem Thema "Quoten-Druck" habe ich mich wiederum komplett verabschiedet.
Der Grund ist, dass ich mir in meinem Leben einiges erarbeitet habe. Ich mache die Show mit Leidenschaft und bereite mich bestmöglich darauf vor. Was danach passiert, liegt nicht in meiner Hand.
Die Quote ist die eine Unbekannte, die Reaktionen in den sozialen Medien die andere. Letzteres gab es in der Glanzzeit der "100.000 Mark Show" noch nicht. Macht Ihnen das Angst?
Was soll da kommen? Die dummen Sprüche wie "Was will die Alte da? Stellt da mal 'ne Jüngere hin!" kennt man ja. Ich für meinen Teil werde in dieser Beziehung echt arrogant und habe einen "Vorkoster", der diese Kommentare liest und filtert. Ich muss mich vor diesem Wahnsinn schützen. Denn ich bin nicht so abgebrüht, dass ich sagen könnte: Es geht mir am Popo vorbei. Das ist nicht der Fall.
Was geht in Ihnen vor, wenn Sie diese und noch schlimmere Kommentare über Menschen lesen?
Ich bin immer wieder entsetzt über diese Dummheit, diese Häme und diesen Hass. Es macht mich fassungslos, was dort alles zum Vorschein tritt. Und ich habe keine Lust, mich mit so einem Mist zu befassen.
Trotz eines funktionierenden Community-Managements: Kann man das heutzutage gänzlich von sich fernhalten? Einige Medien greifen angebliche Social-Media-Shitstorms gerne auf…
Ich weiss aber nicht, worauf diese Kritik abzielen sollte. Höchstens auf mein Alter, auf meine Professionalität auf keinen Fall. Man kann mir alles Mögliche vorwerfen, aber moderieren kann ich. Wenn, dann geht es vielleicht um das Outfit, um die Figur oder die Falten. Dieses Alters-Bashing ist die billigste Art und Weise, um seinen eigenen Frust abzuladen.
Haben Sie sich über das Thema "Alter" Gedanken gemacht, als die Anfrage kam?
Ja, ich habe mir Gedanken darüber gemacht, wie ich mit meinem Alter umgehe. Und ich habe mich vor den Spiegel gestellt und gesagt: "Alte, du bist wirklich 'ne coole Alte – also geh' raus!" (lacht) Es gibt so viele Menschen, die altersdiskriminiert werden. Wenn ich zeigen kann, dass jemand im reiferen Alter so eine Show stemmt, sowohl von der Energie als auch von der Eloquenz, dann ist das vielleicht mein Beitrag gegen diese ständigen Kategorisierungen.
Diversity und Female Empowerment durch Soziale Medien
Social Media führt auch positive Dinge zutage, es tut sich einiges in Sachen Diversity und Female Empowerment. Sie galten schon immer als taffe Frau. Gefällt Ihnen diese Entwicklung?
Bereits seit meiner Kindheit geht es mir auf die Nerven, dass Rollenbilder so verteilt werden, wie es gerade passt. Die unterschiedlichen Herangehensweisen, was Frauen und Männer angeht, verstehe ich überhaupt nicht. Und die sind immer noch in vielen Köpfen verankert.
Warum dürfen Männer altern ohne Ende und Frauen nicht? Ich bin dagegen. Punkt. Ausrufezeichen. BH weg (lacht). Aber Sie haben recht: Durch die sozialen Medien tut sich da einiges.
Auch in Ihrer beruflichen Welt, dem TV?
Da fehlt es mir noch an der Sichtbarkeit älterer Frauen beziehungsweise Frauen allgemein. Eine Barbara Schöneberger kann ja nicht alle Shows abdecken, so grossartig ich sie finde. Ich hoffe, dass demnächst mehr auf Weiblichkeit gesetzt wird, weil der Druck von Aussen gross genug geworden ist.
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Auch ganz ohne Druck könnte ich Sie mir als Gottschalk-Nachfolgerin bei "Wetten, dass..?" vorstellen, sollte uns die Show erhalten bleiben. Sie sind über zehn Jahre jünger und mindestens genauso schlagfertig. Hätten Sie Interesse?
Nein. Ich fand es damals schon schwierig, einen Nachfolger zu finden, weil jeder Manschetten vor Gottschalks Fussstapfen hatte. Es ist so gut wie unmöglich, eine Wertschätzung über ein Format zu generieren, das so eng mit einem Moderator verknüpft ist.
Zudem stellt sich auch nicht die Frage, ob ich es moderieren könnte, sondern vielmehr die Frage, was ich mit den Will Smiths dieser Welt auf der Couch anfangen sollte. Dieses "Fan-Herz" hatte ich noch nie.
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